Die Löwen als Film: „Es gibt kein Happy End!“
1860-Edelfan Götz Otto, der Bösewicht bei James Bond, zerlegt seine Löwen. Er vergleicht sie mit einem „erfolglosen Würstchenverkäufer“. Das Interview.
Als Götz Otto einstaus Hessen nach München zog, wohnte er in Untergiesing - und lernte da die Löwen lieben. Der Schauspieler wurde international bekannt mit der Rolle als Bösewicht im James Bond "Der Morgen stirbt nie" (1997).
AZ: Herr Otto, Sie sind Schauspieler und Fan eines Vereins, der für Drama und Theater steht. Gibt es eine Figur aus einem Ihrer Filme, die wie auf die Löwen zugeschnitten ist?
GÖTZ OTTO: Hm. Es müsste in jedem Fall ein Antiheld sein. Ein tragischer Antiheld, aber auch eine sympathische Figur... (überlegt)... In „Ossi's Eleven“ spiele ich eine Figur, die etwas von den Löwen hat. Das ist ein Ex-Leistungssportler, der mittlerweile als erfolgloser Würstchenverkäufer arbeitet. Zusammen mit einigen Leuten versucht er, eine Eisengießerei zu überfallen, was am Ende nicht gelingt.
Wie kommen Sie auf den Vergleich?
Wie erwähnt, hat das Dasein als Löwen-Fan oft mehr tragische oder tragikomische Momente als Augenblicke des Triumphes. Aber trotzdem kann man ja auch im Scheitern sympathisch sein.
Lässt sich der Verein denn auch mit einem Genre in Verbindung bringen?
Die Löwen haben das Potenzial für alle Genres. Wir hatten schon Satire, Komödien, aber auch viel Drama. Ganz sicher wäre das aber keine heitere Komödie. Es wäre eine Komödie der derberen Art. Es gibt kein Happy End.
Trotzdem sind Sie Löwen-Fan. Welche überraschenden Wendungen, welche Höhepunkte liefert dieser Verein?
Es gibt eine Sache, die mich an die Löwen schweißt. Bei einem Derby in der Saison 1996/1997 hatte mich die Casterin des James-Bond-Films auf dem Handy angerufen. Weil das Spiel lief und ich im Stadion war, habe ich zu ihr gesagt: „Debbie, ich muss dieses Derby weiterschauen.“ Später habe ich sie dann zurückgerufen und erst erfahren, um was es eigentlich ging. Hätte ich das schon während des Spiels gewusst, wäre ich vielleicht doch kurz rausgegangen.
Die Rolle haben Sie dann ja noch bekommen. Gibt es außerdem einschneidende Ereignisse, die Sie mit den Löwen verbinden?
Sonst darf man sicherlich den Einstieg von Hasan Ismaik als eine Zäsur bezeichnen. Da gibt es schon eine merkwürdige Informationspolitik im Verein. Man fragt sich: Warum gerade er? Was er vorhat ist komisch, er investiert ja nur spärliches Geld im Vergleich zu anderen Investoren. Aber immerhin hat er uns den Hals gerettet. Ob das alles aber zu der Identität eines Arbeitervereins passt, weiß ich auch nicht. So ein Investor aus dem Morgenland. Klar ist, man muss das anders kommunizieren. Da fehlt es an der Transparenz.
Wie kam es eigentlich, dass Sie Fan der Löwen wurden?
Ich habe selbst Fußball gespielt, war Torwart, hatte auch mal ein Probetraining bei den Kickers aus Offenbach. Als ich dann nach München kam, bin ich nach Untergiesing gezogen, hatte in der Hans-Mielich-Straße eine Autoren-Firma und habe immer wieder die Stimmung im Stadion gehört. Also bin ich mal hin und fand das großartig. Einmal Löwe, immer Löwe. Ich bleibe bei der tragischen Figur 1860.
Was nicht immer einfach sein dürfte.
Ich bin vier- bis fünfmal die Saison im Stadion. Jedes Mal, wenn wieder Hoffnung aufkommt, geht es schief. Dann sage ich zu meiner Frau: Ich mag nicht mehr, du wirst von mir nichts mehr über diesen Verein hören. Lange hält das aber nicht.
Welche Fan-Utensilien finden sich in Ihrem Schrank?
Ich habe mehrere Trikots, eines auf dem mal die ganze Mannschaft unterschrieben hat. Ich habe auch eine Anstecknadel, die ich zu besonderen Anlässen heraushole. Dann natürlich einen Schal und mehrere Mützen für meinen 13-jährigen Sohn, den ich versuche zu einem Sechzger zu machen. Was nicht immer so einfach ist. Um ihn herum sind viele Rote.
Ist die aktuelle Mannschaft erstligatauglich?
Ergebnisse sind die eine Sache, aber in der Vergangenheit hatte ich zu oft das Gefühl, dass sie gar nicht wollen. Das Problem ist doch: Wenn wir aufsteigen, spielen wir nächstes Jahr gleich Europa League – von unserem Anspruchsdenken her. Wir müssen es einfach mal schaffen, begeisternden Fußball zu spielen.
Ist der Verein erstligatauglich?
Die Kommunikationsstruktur ist jedenfalls weiter sehr, sehr zweitligatauglich.
Haben Sie einen Lieblingsspieler?
Lauth war mal mein Lieblingsspieler. Das ist aber schon lange vorbei. Er steht für den Fußball, den man heute nicht mehr sehen will. Er steht viel vorne rum. Insgesamt gibt es bei den Löwen aber das Problem, verdiente Spieler im Verein zu halten. Die Bayern schaffen das. Bei uns ist da niemand im Verein.
Kürzlich war von einer Mitgliederoffensive des Präsidiums zu hören, bei der bekannte Löwenfans mit eingebunden sind. Wurden Sie schon gefragt?
Nein, ich wurde noch nicht mit ins Boot geholt.
Könnten Sie sich das vorstellen?
Das kann ich mir natürlich vorstellen. Aber um es mal mit Effenberg zu sagen: Ich bringe mich ganz sicher nicht selbst ins Gespräch (lacht).
Welche positiven Erinnerungen verbinden Sie denn mit dem TSV 1860?
Ich habe mal mit Simon Jentzsch in einer Prominenten-Auswahl gespielt. Ansonsten natürlich jeden Sieg. Und die Überschriften aus der Zeit, als Falko Götz Trainer war. Da hieß es dann zum Beispiel: „Götz verbietet den Spielern den Disco-Besuch.“ Da waren einige Überschriften dabei, die mit meinem Namen gemacht wurden.
Welches Drama bereitet Ihnen schlaflose Nächte?
Nun ja, ich denke nicht gerne an das Derby zurück, als Jancker hinter dem Bernd Meier stand und ihm den Ball abgeluchst hat. Das war mit Sicherheit einer der widerlichsten Momente.
Gibt es denn einen Filmtitel, den Sie den Löwen geben würden?
(Überlegt) Daran arbeite ich noch. Im Übrigen arbeite ich auch noch daran, endlich mein Wunsch-Kennzeichen zu bekommen, das mir bisher noch nicht erlaubt wurde.
Wie lautet das?
STA-RK-1860.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Interviews stand, Carsten Jancker habe im Derby einst Löwen-Keeper Michael Hofmann den Ball abgeluchst. Der Pechvogel im Löwen-Tor war damals natürlich der inzwischen verstorbene Bernd Meier. Wir bitten, den Fehler zu entchuldigen.