Die Lauth-Ludwig-Löwen
Das 3:1 gegen Fürth läutet die Trendwende ein – weil der Kapitän zuverlässig trifft, der Neuzugang auf der Wunschposition in der Zentrale ran darf – und 1860-Coach Lienen neue Jungstars entdeckt
MÜNCHEN Miki Stevic ist ein sehr emotionaler Typ. Der Sportdirektor fühlt mit, geht mit. Er freut sich und leidet mit seinen Löwen. Doch das, was er beim 3:1 gegen Fürth erleben musste, war selbst ihm eine Spur zu viel. Kurz nach dem Abpfiff verließ der 39-Jährige die Arena in Fröttmaning und machte bis Sonntag seine beiden Handys aus. Er wollte seine Ruhe haben. „Ich war nur noch leer“, sagte Stevic der AZ, „die Lovin-Verletzung ist sportlich und menschlich ein Schock. Das muss man erst mal alles verkraften.“
Dass Lovin wegen eines Kreuzbandrisses sechs Monate ausfällt, schmerzt. Aber es gab beim Derby-Triumph vor 26000 Fans in Fröttmaning endlich auch viel Positives – nicht nur den Sprung auf Platz acht der Zweitliga-Tabelle. Die Gründe für die Trendwende:
Lauths Zuverlässigkeit: Der 1860-Kapitän (am Montag ab 20.15 Uhr in „Blickpunkt Sport“) erzielte bereits seinen dritten Saisontreffer. Und wie so soft, war es kein normaler Treffer, sondern ein spektakulärer. Beim 2:0 stand er mit dem Rücken zum Tor und traf mit dem Außenrist. Der Kullerball rollte an Gäste-Keeper Loboue vorbei. Ein echter Hingucker. „Es war nicht besonders schön“, sagte Lauth, „aber eben kurios.“ Und kuriose Tore taugen bekanntlich immer für die Auswahl zum „Tor des Monats“ der ARD-Sportschau. Wie 2002, als Lauth im Trikot der DFB-Auswahl mit einem Fallrückzieher das „Tor des Jahres“ gelang. „Das war fast von der gleichen Position“, erinnert sich Lauth.
Ludwigs neue Rolle: Neuzugang Alexander Ludwig hatte schon mehrfach den Wunsch geäußert, anstatt im linken Mittelfeld („Das ist nicht meine Lieblingsposition“) als hängende Spitze auflaufen zu drüfen. Diesmal tat ihm Trainer Ewald Lienen den Gefallen – und der Ex-Paulianer überzeugte. 1860 hatte gegen die Franken so viele Torchancen wie nie zuvor in dieser Saison. Auch dank Ludwig. „Für mich war das heute eine Erleichterung nach den letzten Woche", sagte der 25-Jährige, „es ist ein besonderes Glücksgefühl." Am Ende durfte Ludwig sogar sein erstes Tor für 1860 erzielen, den Treffer zum 3:1 – mit einem Elfmeter. Als er traf, hatte er schon die Spielführerbinde des ausgewechselten Lauth übergestreift. Und Lauth meinte: „Wenn der Kapitän immer ein Tor schießt, dann lassen wir die Binde in Zukunft reihum gehen."
Die Jugend-Welle: Die Generation Bender ist passé an der Grünwalder Straße. Mittlerweile schwärmen die Fans von neuen Gesichtern in weiß-blau. Zum Beispiel vom 18-jährigen serbischen Ausnahmetalent Aleksandar Ignjovski. Oder auch von Tarik Camdal. Das 18-jährige Eigengewächs mit dem Milchbubi-Gesicht – er dürfte sogar noch in der A-Jugend spielen – wirbelte nach der Pause im linken Mittelfeld. Unbeeindruckt, cool, belebend. „Der Trainer hat gemeint“, sagte Camdal schüchtern, „dass es ein Superdebüt war. Ich hoffe jetzt auf weitere Einsätze.“ In der Zweiten Liga zu spielen, hätte er sich – nach eigener Aussage – schwerer vorgestellt. „Ich fand, dass ich viel platz hatte“, sagte der Deutsch-Türke. Sein Trikot mit der Nummer 20 schenkte er übrigens am Wochenede seiner Mutter Emine – als Dankeschön. Und Sportdirektor Stevic meinte nach der gelungenen Premiere von Camdal: „Ich freue mich für den Jungen. Wir haben ihm nicht umsonst einen Vier-Jahres-Vertrag gegeben.“ Oliver Griss