„Die Fans sind unsere Bank“: Sechzger geben Anleihen aus
MÜNCHEN - Löwen-Geschäftsführer Manfred Stoffers präsentiert die neue 1860-Anleihe: Anhänger sollen Urkunden zu je 150 Euro kaufen, das Geld wird mit sechs Prozent verzinst – doch selbst die Löwen weisen auf „erhebliche Risiken“ hin.
Am Freitag hatte 1860-Geschäftsführer Manfred Stoffers gleich in zwei Angelegenheiten mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, zu tun.
Erst musste Stoffers bei der Behörde mit dem sperrigen Namen nachfragen, ob tatsächlich gegen die im Januar gegründete Löwen-Tochterfirma LSV wegen nicht genehmigter und somit illegaler Bankgeschäfte ermittelt wird. 1860 hatte der LSV die Transferrechte einiger Löwenspieler verkauft, um so Geld von Investoren zu bekommen. Über den angeblichen Ermittlungsverdacht berichtete nun die „Süddeutsche Zeitung“.
Die Behörde aber konnte Stoffers beruhigen. Für die BaFin gebe es „keinen Anhaltspunkt für unerlaubte Geschäfte“, erklärte BaFin-Sprecher Ben Fischer.
Nachmittags erhielt Stoffers von der Behörde noch eine gute Nachricht. Die Löwen dürfen sich ab sofort mittels einer Anleihe Geld von den Fans zu leihen. Ein Jahr lang können Fans, Freunde und Anleger nun Urkunden zu je 150 Euro erwerben. Mit dem so eingenommenen Geld will Stoffers neue Spieler kaufen und die Jugendarbeit stärken.
„Die Fans sind unsere Bank“, sagt Stoffers.
Die AZ beantwortet die Fragen zur 1860-Fan-Anleihe.
Wie funktioniert die Anleihe?
1860 wird bis Mai 2010 Anleihe-Urkunden zu je 150 Euro ausgeben. Bei diesen Inhaberschuldverschreibungen handelt es sich um sogenannte Schmuck-Urkunden, die man sich zu Hause an die Wand hängen kann. Insgesamt gibt es vier Urkunden-Motive, die gemeinsam ein Bild ergeben. 2015 können die Urkunden wieder bei 1860 eingelöst werden, der Leiher erhält sein Geld zurück. Mit den Urkunden werden außerdem sogenannte Zinscoupons mitgeliefert, die einmal im Jahr eingelöst werden können. Die garantierte Verzinsung liegt bei ungewöhnlich hohen sechs Prozent im Jahr.
Wie viel Geld kann man anlegen?
Im Prinzip jede Summe, die durch 150 teilbar ist. Es ist auch möglich, eine größere Summe zu investieren und sich eine „Global-Urkunde“ ins Depot legen zu lassen. Verzinsung und Rückzahlung erfolgen dann automatisch.
Für wen ist die Anleihe interessant?
In erster Linie natürlich für Fans, die den Löwen etwas Gutes tun wollen. Stoffers hofft, dass Fans die Schmuck-Urkunden so schön finden, dass sie diese 2015 nicht mehr zurückgeben – und den Löwen das Geld schenken. Beim 1. FC Köln, der schon vor fünf Jahren eine Fan-Anleihe gemacht hat, haben weniger als 30 Prozent der Verleiher ihr Geld tatsächlich zurückgefordert. Ohnehin dürfte das meiste Geld von Fans kommen. Doch die Anleihe soll auch als ganz normale Geld-Anlage funktionieren. Die Zinsen sind hoch; die Münchner Bank, mit der die Löwen bei der Anleihe zusammenarbeiten, zahlt derzeit für ein vergleichbares Festgeld bei ähnlicher Laufzeit lediglich rund drei Prozent Zinsen. Allerdings sind da die Risiken erheblich geringer (siehe unten). Möglicherweise wäre es für Anleger größerer Beträge sinnvoll, das Gerichtsurteil im Cateringstreit mit dem FC Bayern am 14. Juli abzuwarten. Sollte das Urteil für 1860 positiv ausfallen, könnte die Zukunftasfähigkeit des Klubs sicherlich als noch sicherer bezeichnet werden.
Gibt es Vorbilder für das Modell?
In England werden Fananleihen schon seit Jahrzehnten praktiziert, in Deutschland haben sich etwa der 1. FC Köln, Borussia Dortmund, der Club und Aachen Geld von den Fans geliehen. Schalke 04, das massiv verschuldet ist, plant gerade die Ausgabe einer Fan-Anleihe.
Gibt es Risiken?
Ganz klar ja! Die Löwen weisen in ihrer Werbebroschüre sogar auf „erhebliche Risiken“ hin. Sollte der TSV 1860 in den kommenden fünf Jahren Insolvenz anmelden müssen oder die Lizenz verlieren, wäre das Geld wohl futsch. Die Risiken stehen in einem mehr als hundertseitigen Wertpapierprospekt, das die Löwen ausgeben. Darin veröffentlichen die Löwen auch sämtliche relevante Bilanzzahlen. Noch nicht klar scheint, wie die Löwen 2015, sollte der Klub bis dahin nicht aufgestiegen sein, das Geld zurückzahlen wollen. Denkbar wäre, wie in England praktiziert, die Aufnahme einer neuen Anleihe, um die erste zurückzahlen zu können.
Filippo Cataldo