Die Blackout-Löwen: Eine Frage der Mentalität

Das 0:1 gegen Düsseldorf offenbart eklatante Probleme bei 1860. Kapitän Schindler spricht von einer „Mentalitätsfrage“.
von  Marc Merten
In sechs Heimspielen holten die Löwen um Kapitän Christopher Schindler (l.) und Gui Vallori nur fünf Punkte, gegen Düsseldorf gingen sie wieder leer aus. Schindler sieht es als „Mentalitätsfrage.“
In sechs Heimspielen holten die Löwen um Kapitän Christopher Schindler (l.) und Gui Vallori nur fünf Punkte, gegen Düsseldorf gingen sie wieder leer aus. Schindler sieht es als „Mentalitätsfrage.“ © sampics/Augenklick

München - „Es ist eine Mentalitätsfrage.“ Noch am Tag nach dem offenbarenden 0:1 des TSV 1860 gegen Fortuna Düsseldorf kreiste dieser Satz über dem Trainingsgelände der Löwen. Ausgesprochen hatte ihn ausgerechnet Kapitän Chris Schindler. Und der muss es ja wissen. Als Spielführer. Als Chef auf dem Platz. Als derjenige, der dafür verantwortlich ist, sein Team auch durch schwierige Phasen zu führen.

Mentalität. Synonyme dafür sind Einstellung, Geist, Überzeugung. Trainer Markus von Ahlen ist überzeugt, dass sein Kapitän daneben liegt mit seiner Analyse. Für ihn ist es keine Frage der Mentalität. Keine Frage der Einstellung. Keine Frage des Geistes oder der Überzeugung. „Wir haben mit Mut und Leidenschaft gespielt und die beste Laufleistung der Saison abgerufen.“

Für von Ahlen ist es eine Frage mangelnder Erfahrung. Klingt ja auch besser. Ein Problem, das gegen Düsseldorf eklatant hervortrat, weil Sechzig auf einen Gegner traf, der über eben jene Erfahrung in Hülle und Fülle verfügt. Spieler, die, egal, ob jung oder alt, schon über genug Zweitliga- oder gar Erstliga-Einsätze verfügen. Spieler, die wissen, wie sie im Bundesliga-Unterhaus spielen müssen. Spieler, die nicht zurückziehen. Die dahin gehen, wo es wehtut. Die wissen, wie sie ihrem Gegenüber den Schneid abkaufen. Spieler wie Bellinghausen, Lambertz, Soares, Avevor oder Benschop.

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Die Fortuna zähmte die Löwen im Handumdrehen. Sechzig war zu lieb, zu brav, zu bieder, gewann weniger Zweikämpfe, konnte kein Übergewicht im Ballbesitz erzeugen, kam nur ein Mal gefährlich vor das gegnerische Tor. Zu wenig für drei Punkte. Zu wenig für einen Punkt. Zu wenig für ein Team, das sich mit dem Sieg in Bochum gerade erst Selbstvertrauen geholt hatte. Die Löwen offenbarten einmal mehr ihre Schwächen, die sich wie ein roter Faden durch die Saison ziehen:

Die Blackouts: Drei Gegentore in zwölf Minuten gegen Kaiserslautern, zwei Gegentore in vier Minuten gegen Heidenheim, zwei Gegentore in drei Minuten gegen Aalen, drei Gegentore in 15 Minuten gegen Aue, dazu der Einbruch mit vier Gegentoren in der letzten halben Stunde gegen Freiburg im Pokal: Immer wieder leisten sich die Löwen unerklärliche Phasen vollständigen Versagens. Das hat nichts mit mangelnder Taktik zu tun. Und auch wenig mit mangelnder Erfahrung. Genau das ist das von Schindler aufgezeigte und angesprochene „Mentalitätsproblem“.

Die Fehlstarts: In Aue war die Anfangsviertelstunde ein Desaster. Nach Aalen reiste man mit dem Fürth-Sieg im Gepäck und traf auf verunsicherte Gegner. Trotzdem hatte man Glück, nicht früh zurückzuliegen. Ähnlich war’s in Bochum. Gegen Braunschweig hätte es schon früh vorbei sein können. Und auch gegen die Fortuna wirkte der TSV zu Spielbeginn überfordert und hilflos. Düsseldorf überrollte Sechzig, das fast um Gegentore bettelte. Dass es nach 20 Minuten – wie gegen Braunschweig – nur 0:1 stand, glich einem Wunder.

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Der Heimkomplex: Nach sechs Heimspielen ist es mehr als offensichtlich: Der TSV 1860 hat einen eklatanten Heimkomplex. Drei von sechs Spielen verloren. Nur fünf Punkte. Nur fünf erzielte Tore. In der Heimtabelle rangiert Sechzig auf dem vorletzten Platz. Gerade da, wo ein Team in schwierigen Wochen punkten sollte, versagen den Löwen die Nerven. Gerade an dem Ort, der eine Festung sein soll, bekommen die Weiß-Blauen kein Bein auf die Erde. Eine „Blockade im Kopf“ wollte es Chris Schindler nicht nennen. Doch genau das ist es.

Und dann war da noch von Ahlens Erklärung für den schwachen Start in die Partie am Montagabend: „Uns hat der Zugriff gefehlt, weil die Fortuna ganz anders gespielt hat, als wir erwartet hatten.“ Es war also nicht nur ein Mentalitätsproblem. Es hatte nicht nur mit fehlender Erfahrung zu tun. Von Ahlen gestand damit ein, dass die Vorbereitung auf das Spiel gegen die Fortuna mal so richtig in die Hose gegangen war. Dass er selber seine Mannschaft falsch eingestellt hatte. Und als die Löwen ihren Fehler erkannt hatten, war es zu spät. Mal wieder.

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