Die besten Löwen: Die Vorstopper
Die besten Löwen aller Zeiten: Welche Spieler gehören in die Jahrhundert-Elf? Sie entscheiden. Dieses Mal stehen die Vorstopper zur Auswahl.
Bei manchen Begriffen denken Nostalgiker gerne an die gute alte Zeit zurück. Im Fußball löst der Begriff des Vorstoppers solche Reflexe aus. Der Vorstopper ist so antiquiert wie Pril-Blumen, Schlaghosen und Boney M. und steht, so sagen manche verklärt, für die Tage, als der Fußball noch nach Bratwurst roch und die Stehplatzkurven im Stadion noch keine Tribünen mit umklappbaren Sitzschalen in der Event-Arena waren.
Der Vorstopper war der Ausputzer, der gerne die Drecksarbeit erledigte, für die sich der Libero zu schade war. Als es den Libero im modernen Spielsystem nicht mehr gab, starb auch die Gattung des Homo vorstopperiensis aus, heute heißt er: der Innenverteidiger. Der geht aber als Manndecker genauso robust zur Sache.
Und wer war bei den Löwen der Beste im Lauf der Jahre? Stimmen Sie in der täglichen AZ-Wahl ab, wer in der Elf der besten Sechzger stehen soll, die von den AZ-Lesern gewählt wird. fk
Oliver nicht, Holger schon
Holger Greilich (1995 bis 2002): Karl-Heinz Wildmoser war viel unterwegs 1995. Nach der ersten Bundesliga-Saison wollte der Präsident die Löwen verstärken, nach Saisonende flog er erst nach Ascoli, um einen gewissen Oliver Bierhoff zu verpflichten.
Das klappte nicht, dafür dann der Einkauf auf der nächsten Station in Mainz: Holger Greilich, er kam für 500 000 Mark Ablöse. Geld, das gut investiert war – in einen der grundsolidestenVerteidiger. Im Unfrieden mit Trainer Pacult verließ er die Löwen 2002 Richtung Saarbrücken.
Als Ex-Löwe in den Dschungel
Jimmy Hartwig (1974 bis 1978): GI-Sohn aus Offenbach, oft rassistisch beschimpft, mit seinen Reaktionen stellte er die Pöbler gerne als lächerliche Idioten dar. Als Bayern-Fans einmal sangen: „Hartwig, du Neger-Sau“, ging er vor die Südkurve und dirigierte. Dann wurde es still.
Seine wichtigsten Tore schoss er in den Relegationsspielen 1977 gegen Bielefeld (0:4, 4:0, 2:0). Später ein bewegtes Leben zwischen Kokain und Krebs, Dschungelcamp und Theaterbühne. Zuletzt spielte er in Leipzig Büchners Woyzeck.
Ordnungshüter in der Abwehr
Torben Hoffmann (2000 bis 2010): Kein Jahrhundert- Löwe, aber ein Jahrzehnt- Löwe. Gelernter Polizeibeamter, der hinten für Recht und Ordnung sorgte. Neun Jahre bei 1860, mit einem Abstecher zu Eintracht Frankfurt (2004/2005).
Mit Ende der abgelaufenen Saison verließ er bei einem emotionalen Abschied die Löwen, angeblich steht er vor einem Wechsel zur SpVgg Unterhaching. Ein Ort, an den er schlechte Erinnerungen hat: ImMai 2000 wurde er dort mit Bayer Leverkusen dann doch noch nur Vizemeister.
Atom-Otto, der Hammer
Otto Luttrop (1963 bis 1966): Der Mann war ein Hammer. Kam ja aus Hamm, Westfalen. Und er hatte einen Hammer. „Atom-Otto“, so sein Spitzname, wegen seines harten Schusses. Unvergessen seine Spiele im Europacup-Halbfinale 1965 gegen Turin, als er in allen drei Spielen traf.
Im Hinspiel beim 0:2 dummerweise ins eigene Tor, beim 3:1 in Giesing zweimal ins gegnerische, beim 2:0 im Entscheidungsspiel einmal. Hätte gut zum Final-Gegner gepasst, gegen den die Löwen verloren. West Ham. Spitzname: the hammers.
Der kultigste Finanzbeamte
Thomas Miller (1989 bis 1997): Rund um den Wettersteinplatz auch Fußballgott genannt. Eisenharter Beamter aus dem Finanzamt Weilheim, jagte Gegenspieler erbarmungsloser als der Fiskus die Steuersünder.
Im Sechzger, kurz vor dem Einmarsch der Mannschaften, wenn sich die Spieler durch den schmalen Glasgang quetschten, sprintete er jedes Mal aufs Feld, sprang kurz am Mittelkreis zum Kopfball in die Luft und lief dann wieder zurück. Von der Westkurve immer frenetisch gefeiert. Kultiger geht’s nicht mehr.