Die Balance-Sucher: Zeugnisse für das Mittelfeld des TSV 1860

München - Der Blick auf das Torverhältnis ist vielsagend: 18:23 lautet die bisherige Saisonbilanz der Sechzger nach 19 Drittliga-Partien. Es fehlt an der Balance zwischen Defensive und Offensive, zwischen Sicherheit und (kalkuliertem) Risiko, sie ist dem TSV 1860 nach der Ära Michael Köllner schleichend abhandengekommen. Sein Nachfolger Maurizio Jacobacci hatte in seiner gesamten Amtszeit von nicht einmal einem Jahr kaum ein Mittel gefunden, an den einst so erfrischenden Offensivfußball anzuknüpfen. Teil drei der AZ-Zwischenzeugnisse: Sechzigs stotternde Mittelfeldmotoren.
Tim Rieder (13 Einsätze, null Tore, ein Assist) – Note 3: Der Routinier zählt aufgrund seiner läuferischen und kämpferischen Fähigkeiten sowie seiner Zuverlässigkeit zu den blauen Garanten. Verpasste verletzungsbedingt die ersten fünf Partien, danach avancierte er wieder zum Stammspieler. Bitterer Rückpass-Patzer beim 1:2 in Ingolstadt. Erzwang beim 1:0 gegen Verl ein umjubeltes Eigentor, ansonsten eher selten in Tornähe zu finden. Defensiv und in Sachen Spieleröffnung okay, aber nach vorne könnte mehr gehen.
Niklas Tarnat (zwölf Einsätze, null Tore, ein Assist) – Note 4: Zu Saisonbeginn einer der Gewinner der personellen Tatsachen, dass Rieder noch verletzt war und der namhafte Neulöwe Marlon Frey eine Rotsperre abzusitzen hatte. "Wenn er macht, was ich will, spielt er immer", hatte ihn Ex-Coach Jacobacci einst gelobt. Der leichtfüßige und laufstarke Abräumer agierte anfangs stark, im weiteren Saisonverlauf zeigte er sich teils blass und fehlerbehaftet.
Verkaufskandidat Marlon Frey möchte beim TSV 1860 bleiben
Marlon Frey (13 Einsätze, null Tore, null Assists) – Note 5: Mit dem Vorhaben und der Last von den Zebras zu den Löwen gekommen, in Giesing Führungsspieler zu werden. Der Ex-Bundesliga-Juniorenspieler von Bayer Leverkusen hatte dabei seine liebe Müh und Not: Der einst zuverlässige Duisburger Abräumer zeigte sich im Löwen-Trikot zu behäbig, spielte dem Gegner den Ball zu oft in die Füße, blieb zu oft hängen. Jacobacci verschaffte ihm mehrere Chancen, irgendwann setzte er kaum mehr auf ihn. Wäre ein Verkaufskandidat im Winter, will nach AZ-Info aber in Giesing bleiben.
Manfred Starke (15 Einsätze, ein Tor, zwei Assists) – Note 4: Der Mann mit dem typisch deutschen Namen, allerdings gebürtiger Namibier, schlug anfangs bei 1860 ein. Traf in den ersten beiden Saison-Spielen gegen Mannheim (offiziell Eigentor von Keeper Jan-Christoph Bartels, dadurch Vorlage Starke) und Duisburg, war oftmals Mittelfeld-Motor der Blauen. Starke entpuppte sich aber auch als teils uninspirierter Löwe und Chancentod. Hat es als Drittliga-Routinier aber definitiv im Tank, nochmals an die starke Form seiner Anfangszeit (auf Giesings berühmten Höhen) anzuknüpfen.

Albion Vrenezi litt in der Hinrunde unter der zu hohen Erwartungshaltung
Eroll Zejnullahu (17 Einsätze, ein Tor, drei Assists) – Note 4: Das einstige Top-Talent von Union Berlin brauchte etwas, bis es bei 1860 Fuß fassen konnte. Sein feines Füßchen war es aber, das ihm anstelle von Spielmacher Albion Vrenezi zu einem Stammplatz in der Zentrale verhalf. Der technisch beschlagene Kicker hatte viele gute Ideen, konnte diese aber zu selten genau so umsetzen, wie er es wollte oder wie es seine Mitspieler gebraucht hätten. Kurios: Einmal forderte Jacobacci öffentlich ein, dass er torgefährlicher werden musste, prompt traf er wenig später gegen den SC Freiburg II (2:0). Es sollte sein einziger Treffer bleiben.
Albion Vrenezi (18 Einsätze, null Tore, ein Assist) – Note 5: Was ist mit "Albi" los? Der Ex-Zweitligaprofi hatte nach AZ-Informationen im vergangenen Sommer Angebote, ins Fußball-Unterhaus zurückzukehren. Stattdessen blieb er ein Löwe und bekam, vielleicht als Zuckerl, um seine Wichtigkeit zu unterstreichen, die Nummer zehn verpasst. Es sollte allerdings der Anfang eines schwachen Halbjahres sein: zu viele Fehlpässe und Ballverluste anstelle seiner gefürchteten Geniestreiche und Dribblings. Auch seine Torgefahr litt unter der hohen Erwartungshaltung, die er sich womöglich auch selbst auferlegt: Kein Treffer in 18 Spielen, nur ein Assist stehen für ihn in der Statistik. Der Straßenfußballer, der sieben Mal nur eingewechselt wurde, könnte es so viel besser. Würde es der 30-Jährige nur mal wieder auf den Rasen bringen.
Kilian Ludewig (neun Einsätze, null Tore, null Assists) – Note 4: Der Leih-Löwe von RB Salzburg war in den vergangenen Jahren ein ziemlicher Wandervogel. Bei 1860 anfangs kaum berücksichtigt, weil er das Duell gegen den filigraneren Kaan Kurt verlor. Biss sich aber rein und gefiel mit seiner Körpersprache. Trotz einiger vielversprechender Versuche verpasste er aber, zumeist als Schienenspieler links wie rechts sowie als Rechtsverteidiger, einen Treffer.