Die Abrechnung von Oberlöwe Cassalette und Investor Ismaik

Vorhang auf für die große Hasan-Ismaik-Show! Uhrzeit: 13.04 Uhr. Die Bühne: Grünwalder Straße 114. Eine schwarze Limousine hält vor der Geschäftsstelle des TSV 1860. Der Medienandrang ist enorm. Im blauen Anzug steigt der Finanzier aus seinem Maybach. Dunkle Kleidung, düstere Worte: In der Chefetage nimmt der Jordanier zum dort so oft erfolgten Reflex der Trainer-Demission Stellung – aus aktuellem Anlass.
Kosta Runjaic ist nicht mehr Löwen-Trainer. Zwölf Punkte aus 13 Spielen, Tabellenplatz 14: Diese Bilanz machte den 45-Jährigen aus Sicht der Sechzger untragbar. Die AZ erfuhr es nach dem 1:1 gegen Kaiserslautern um kurz nach Mitternacht, am Morgen um 9.52 Uhr bestätigte der Klub: Runjaic muss gehen. 1860-Ikone Daniel Bierofka übernimmt (siehe Seite 18). „Nach langem Überlegen sind wir im Aufsichtsrat zum Entschluss gekommen, dass wir ihn beurlauben müssen. Der sportliche Erfolg ist nicht vorhanden“, erklärte Ismaik nebst knappen Worten des Dankes an Runjaic.
Die Pressekonferenz mit dem Investor und Präsident Peter Cassalette:
Runjaics ENTLASSUNG
„Wir können nicht immer nur den Trainer rauswerfen“, hatte Cassalette im Sommer gefordert, um sich Anfang Oktober mit den Worten zitieren zu lassen, bis Weihnachten keine Trainerdiskussion zu führen. Jetzt, vier Wochen vor Heiligabend, erlebte Runjaic seine Bescherung.
Cassalette sagte es so: „Wir sind mit anderen Erwartungen in die Saison gegangen. Es gibt sicher Gründe. Wir hatten sehr großes Verletzungspech mit Stefan Aigner, Lucas Ribamar, Sebastian Boenisch, Andrade, wie sie alle heißen. Wir haben aber nicht den Plan gesehen, dass uns der Trainer dorthin führt, wo wir hinwollen.“ Zwei Aussagen Cassalettes lassen die Vorgehensweise der Löwen ebenso bizarr wie fragwürdig erscheinen. Erstens: „Die Entscheidung, Runjaic zu entlassen, stand vor dem Spiel bereits fest.“ Somit hatte er zuvor, auch von der AZ auf die Aufsichtsratssitzung am Nachmittag angesprochen, die Unwahrheit gesagt („Runjaic war kein Thema“). Und rechtfertigte sich hinterher: „Wir werden nicht den Teufel tun und den Trainer vor dem Spiel entlassen.“ Selbst ein Heimsieg hätte laut Cassalette nicht geholfen – die Trennung sei „das Ergebnis der letzten Wochen“ gewesen.
Eichins Degradierung
Zweitens, und ein deutlicher Fingerzeig für die künftige Rolle von Thomas Eichin: Das Aus von Runjaic wurde ohne dessen Wissen entschieden. Zudem wurde Eichin degradiert: „Er wird als Geschäftsführer abberufen, wird aber Sportdirektor bleiben“, sagte Ismaik. Während Cassalette versuchte, die Abberufung nicht als „Entmachtung“ zu verkaufen, wurde Ismaik deutlich: „Die Leistung von Eichin ist noch nicht auf dem Niveau, wie wir uns das erwarten. Er hat Fehler gemacht.“
AZ-Kommentar: Die Löwen sollten ihre Chance endlich verwerten
Der Vorwurf des Jordaniers an den Ex-Bremer, der ihm vor der Saison einen Platz in der vorderen Tabellenhälfte versprochen haben soll: „Wir sind der Klub, der im Sommer am meisten investiert hat in der 2. Liga – und wo stehen wir? Auf einem der letzten Plätze.“ Die erneute Trainersuche, Wintertransfers – die nächsten Züge des angezählten Sportchefs müssen passen. Ein Zeichen, dass Ismaik länger nicht allein auf Eichin vertraut: Die Brasilianer Andrade und Ribamar seien über eine Londoner Spieleragentur akquiriert worden.
Warnung an die Kritiker
Ismaik nutzte die Gunst seines großen Auftritts, um seine Gegner von der Aussichtslosigkeit ihrer Bemühungen zu überzeugen. „Es gibt immer noch Personen, die gegen den Verein arbeiten“, wütete er, „sie wollen, dass ich meine Anteile für einen Spottpreis verkaufe.“ Kürzlich sei ihm ein Angebot über 40 Millionen Euro unterbreitet worden. Er werde, wie er vor Zorn bebend bekannte, „selbst bei vier Milliarden nicht verkaufen“.
Zukunfts-Versprechen
Ismaik, dem 1860 nach eigener Auskunft „ans Herz gewachsen“ ist, bekräftigte, dass Sechzig weder Geldstrafe noch Punktabzug fürchten müsse. Im Gegenteil: Er werde weiter investieren, „bis dieser Verein dort steht, wo er hingehört: unter den besten Teams Deutschlands“. Dann hatte er fertig – und ging. Aller Nachfragen überdrüssig. Vorhang zu.