Der TSV 1860 München schweigt nach dem Ausraster von Investor Hasan Ismaik

München - Daniel Bierofka ist in erster Linie als sportlicher Hoffnungsträger gefragt. Der Interimscoach muss allerdings auch zusehen, seine Kicker vor Hasan Ismaiks verbalen Rundumschlägen abzuschotten.
„Mich tangiert es nicht“, erklärte Bierofka am Freitag, „ich habe auch der Mannschaft gesagt, dass sie sich nicht mit dem auseinandersetzen soll, was außenrum passiert.“ Wichtig? Das Tagesgeschäft.
Ohnehin wäre, was Ismaik betrifft, vielmehr Peter Cassalette gefragt. Der Präsident hatte bisher verstanden, zum Geldgeber wieder ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Cassalette mimte (erfolgreich) den Vermittler zwischen Giesing und Abu Dhabi. Und: Er nahm, wie es sich für einen Oberlöwen geziemt, zu sämtlichen Sechzger-Themen in der Presse Stellung.
Doch nun schweigt selbst der 63-Jährige. Weder er noch der TSV 1860 waren am Freitag zu Stellungnahmen über Ismaiks Facebook-Post bereit. Der Investor hatte am Donnerstag von einer „Lügenkampagne der Medien“ geschrieben, die 1860-Reporter seien „charakterlose Menschen“, deren Berichterstattung „unverschämt, despektierlich und verlogen“ sei. Der TSV sei zum „Spielball dunkler Interessen“ geworden, es gäbe „Leute im Verein, die Korruption und Plünderung“ unterstützen. Was soll der Präsident zu diesem kruden Mix aus Verschwörungstheorien, Beleidigungen und erfundenen Behauptungen auch sagen? Ismaik dafür verteidigen?
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Unmöglich angesichts der Schwere der verbalen Entgleisungen und Irrlichtereien. Ihn öffentlich kritisieren, sich von dessen Aussagen distanzieren? Damit würde Cassalette die Zukunft des Vereins gefährden, den Profifußball an der Grünwalder Straße. Kritik verträgt Ismaik, auf dessen finanzielle Zuweisungen die Löwen auch in der Winterpause angewiesen sind, bekanntlich überhaupt nicht. Und so bleibt Cassalette nur zu schweigen und die Unflätigkeiten zu ignorieren – oder die Reißleine zu ziehen und nach dem Vorbild von Vorgänger Gerhard Mayrhofer hinzuwerfen. Seine Ansicht, es gehe nur mit Ismaik, dürfte dieser Tage zumindest erschüttert worden sein.
Wahrscheinlicher als ein Rücktritt Cassalettes, der wohl die Scherben irgendwie zu kitten gedenkt, ist das Aus von „Nur-noch-Sportdirektor“ Thomas Eichin, dessen Reputation durch Ismaiks Degradierung beschädigt worden ist. „Dazu werde ich nichts sagen. Was denn auch?“, erklärte er der AZ knapp. Eine Aussage, die Bände spricht. Es ist davon auszugehen, dass sich der 50-Jährige das Gebaren Ismaiks nicht gefallen lässt, was die nächste Schlammschlacht auf Giesings Höhen eröffnen dürfte. Und kein gutes Ende für Eichin verspricht, denn wer bei Sechzig am längeren Hebel sitzt, ist hinlänglich bekannt.
Am Freitagabend legte Ismaik mit einer weiteren Facebook-Nachricht nach: Darin bestreitet er die Entmachtung Eichins mit dem Hinweis, der 50-Jährige habe nur zeitlich begrenzt und kommissarisch als Geschäftsführer amtiert. Zudem sieht sich der FInanzier mit seiner Medienschelte unter Berufung auf einzelne Medien, die Sechzig-Fans "ganz bewusst in die Irre führen" würden, weiterhin im Recht. "Ich habe lange Zeit geschwiegen und geschluckt, aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um diese Missstände prägnant anzuprangern", schreibt der Geldgeber. Der Gedanke, dass diverse Missstände mit vereinsinternen Querelen zusammenhängen, scheint ihm dabei noch nicht gekommen zu sein.