Der Second-Hand-Löwe

Ivan Ergic, in Basel aussortierter Serbe, passt in kein Klischee – aber sehr gut zu 1860-Trainer Ewald Lienen.
von  Abendzeitung
Bald bei 1860? Ivan Ergic mag Klamotten aus dem Second-Hand-Shop.
Bald bei 1860? Ivan Ergic mag Klamotten aus dem Second-Hand-Shop. © Imago

Ivan Ergic, in Basel aussortierter Serbe, passt in kein Klischee – aber sehr gut zu 1860-Trainer Ewald Lienen.

MÜNCHEN Nein, ins übliche Bild der Münchner Fußball-Schickeria passt Ivan Ergic, beim FC Basel aussortierter Wunschspieler des TSV 1860, sicher nicht. Der serbische Ex-Nationalspieler, der zu den Mittelfeld-Kandidaten beim Zweitligisten zählt, mag keine Designer-Läden, keine Partys, kein Blitzlichtgewitter. „Ich stehe nicht auf Mainstream, trage lieber Kleider aus dem Secondhand-Shop“, sagt er. „Ich fühle mich wohl so.“

Als Ergic 2001 bei Juventus Turin spielte, missfiel ihm, wie oberflächlich es dort zuging. „In Italien schauen sie dich sofort komisch an, wenn du keine tollen, teuren Kleider trägst“, sagte der 28-Jährige im „Blick“, „und ohne Gel in den Haaren akzeptieren sie dich nicht. Das ist nur Schein. Nach außen ’la bella figura’ und hinten dran – naja.“

Fußball-Philosoph Ergic, der für den FC Basel in 282 Einsätzen 49 Tore erzielte, dabei acht Titel (!) gewann und lange unumstrittene Stammkraft war, ist ein geradliniger Typ. Er macht sich viele Gedanken, er lässt sich nicht verbiegen. Das dürfte Löwen-Trainer Ewald Lienen gefallen. Auch er gilt als Querdenker.

Bei den Verhandlungen mit dem Ex-Kapitän des FC Basel könnte sich 1860 sicher sein, dass es fair zugeht. Ergic ist sein eigener Berater und Agent. Die Verträge mit den Klubs handelt er selbst aus, von Agenten hält er wenig. „Das sind Parasiten, die sich nur bereichern wollen. Auch wenn ich einen schlechteren Vertrag bekomme, weiß ich, dass es sauber gelaufen ist.“

Ergic erklärt seine Haltung so: „Vielleicht hat mich die Geschichte mit Juventus geprägt. Dort sitzen einige Verantwortliche heute im Gefängnis. Wenn sowas bei einem großen Klub passiert, kann man sich vorstellen, wie es bei kleineren ist.“

Geprägt hat ihn auch eine Krankheit: Monatelang litt er unter Pfeifferschem Drüsenfieber, mehr als ein Jahr fiel Ergic deswegen aus. Und nur vier Wochen nach seinem Comeback fiel er in eine schwere Depression. Er wandte sich an eine psychiatrische Uni-Klinik. Jetzt ist er geheilt. Und fit für die Löwen, zu denen er passen könnte.

Und selbst, wenn es mit einem Engagement beim TSV 1860 nicht klappen sollte, zieht es ihn nicht zurück in seine serbische Heimat Belgrad: „Dort gibt es viele Clowns, viele Halbkriminelle, Korruption. Mehr als anderswo. Vielleicht so wie in Italien“, sagte er dem Züricher Tagesanzeiger.

Oliver Griss

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