„Der Ruf von 1860 ist beschädigt“

Der Löwen-Präsident ist in großer Sorge – und verlangt Taten von Ziffzer und Reuter. "Die Verantwortlichen werden nun mal intensiv nachdenken müssen, was für die kommende Saison zu tun ist, speziell die Herren Ziffzer und Reuter.", so von Linde.
AZ: 1860 ist die Lachnummer der 2. Liga: Auch beim Letzten Paderborn verloren die Löwen sang- und klanglos 1:3. Herr von Linde, hat's als Präsident weh getan beim Zuschauen?
ALBRECHT VON LINDE: Ich hab's nicht live gesehen, ich hatte leider andere Termine in München. Ich habe mich über die Spielstände übers Radio informiert. Das Ergebnis ist nicht gerade begeisternd.
Dem Verein droht wieder der Abstieg in die 3. Liga, das letzte Heimspiel gegen Osnabrück (Sonntag, 14 Uhr, Premiere live) wird möglicherweise zum großen Finale.
Ein Abstieg wäre eine Riesen-Katastrophe. Aber ich glaube nicht, dass wir noch ganz hinten reinrutschen. Aber wir sind natürlich nicht da, wo wir im Moment sein sollten. Das zeigt ganz deutlich, dass wir uns dringend verbessern müssen.
Ist eine Verbesserung überhaupt realistisch? 1860 ist mit Abstand Letzter der Rückrunden-Tabelle: 2008 gab es nur zwei Siege in 15 Spielen.
Ganz hinten waren wir auch schon vor diesem Spiel. Die Verantwortlichen werden nun mal intensiv nachdenken müssen, was für die kommende Saison zu tun ist, speziell die Herren Ziffzer und Reuter, die ja die KGaA leiten. Klarerweise sind wir jetzt in einem Dilemma, das auch auf den Gesamtverein abstrahlt. Der Ruf von 1860 ist beschädigt. Ich bin über diese Situation alles andere als glücklich. Wir müssen uns jetzt Gedanken machen, wie wir die nächste Saison angehen.
Reicht das?
Schauen Sie: Wir hatten einen tollen Saisonstart und wir haben wirklich ein beeindruckendes Pokal-Derby gegen den FC Bayern (0:1, d. Red.) hingelegt – und dann kommt's für unsere junge Mannschaft zu solchen Einbrüchen wie gegen Freiburg oder Paderborn. Der Karsten Wettberg hat aber schon recht, wenn er sagt, dass wir ein paar gestandene Spieler brauchen. Das sehe ich genauso, sonst wird uns nächstes Jahr die Luft abgedrückt.
Ein Sponsor wird jetzt kaum über ein Invest bei 1860 nachdenken – und Geld braucht der Verein, um Verstärkungen zu verpflichten.
Das ist ja das Problematische, die letzten Ergebnisse erschweren uns die Arbeit.
Finanz-Boss Ziffzer schiebt die zähen Verhandlungen mit Geldgebern gerne auf die ungewisse Situation bei den Entscheidungsträgern von 1860.
Ich weiß nicht, was hier permanent in der Schwebe sein soll. Diejenigen, die sich bei uns finanziell engagieren, engagieren sich in erster Linie wegen 1860 und nicht für ein Präsidium oder eine Geschäftsführung. Das sind Leute, die ein Herz für die Löwen haben. Was Ziffzer immer wieder betont, geht an der Realität vorbei.
Erwarten Sie sich mehr Eigeninitiative von Ziffzer bei der Geldbeschaffung?
Ja, das ist der Punkt. Wir müssen uns alle verbessern.
Stehen Sie noch bedingungslos zu Trainer Kurz?
Natürlich, man darf nicht vergessen, was er dem Verein Positives gibt. Der Trainer steckt nicht in der Mannschaft, Marco Kurz sehe ich nicht als jemanden, der bei 1860 Fehler gemacht hat. Er gibt das Beste für uns, aber er ja hat keine Mannschaft zur Verfügung, die permanent gute Leistung bringt.
Der Mietvertrag mit der Allianz Arena läuft bis 2025: Die Löwen zahlen 5,5 Millionen Euro dafür pro Jahr – ein Millionengrab?
Da kursiert eine falsche Zahl. Man muss sehen, dass wir in der Arena auch Vorteile haben. Wir bringen mehr Zuschauer unter, wir haben mehr Werbe-Möglichkeiten. Was uns weh tut, sind die vielen unverkauften Business-Seats – bis zu 1500. Das ist ein Batzen Geld. Wir müssen für die Zuschauer attraktiver werden, damit wir mehr Business Seats verkaufen. Wir müssen trendig werden, wir müssen Münchner anlocken, die 1860 interessant finden. Sonst bleibt es finanziell schwierig.
Gibt's von Ihrer Seite Planspiele zum Thema Arena-Ausstieg?
Nein, natürlich nicht. Ich kenne die Wünsche der Fans, die sagen, uns ist das Grünwalder Stadion das liebste. Aber das ist derzeit keine Alternative.
Und: Noch Hoffnung, dass 1860 bis zur 150-Jahr-Feier 2010 in der Bundesliga spielt?
(lacht): Wir haben ja noch zwei Jahre Zeit. Und ich werde mit großer Leidenschaft daran arbeiten, dass wir nicht nur sportlich, sondern auch finanziell wieder erstklassig werden.
Interview: Oliver Griss