Der rot-blaue Rückpass: Überläufer Harald Cerny

Cerny sagt: „Ich bin doch kein Verräter“ Aber zumindest ein Überläufer. Warum der Rekord-Löwe zum FC Bayern zurückkehrt.
AZ: Herr Cerny, Ihre Fußballkarriere begann 1990 in der Jugend des FC Bayern, bevor Sie seit 1995 ununterbrochen bei den Löwen waren. Blicken Sie doch mal zurück.
HARALD CERNY: Ich war zwei Jahre in der Bayern-Jugend und ein Jahr bei den Profis. Es war mit die wichtigste Zeit, weil ich bei Bayern den Sprung ins Profigeschäft geschafft habe. Danach war ich zwei Jahre in Tirol und dann ab 1995 ein Löwe.
13 Jahre bei den Löwen – warum so lange?
Ich hab gut in die Mannschaft reingepasst, bin mit Werner Lorant ganz gut klargekommen, was auch nicht jeder so geschafft hat (lacht) und hab mich einfach in München sehr wohlgefühlt. Vom Typ hab ich bei Sechzig gut reingepasst.
Sind bleibende Freundschaften entstanden?
Ja. Zu Horst Heldt und Jens Jeremies. Das sind zwei enge, gute Freunde geworden. Das möchte ich nicht missen aus meiner wunderschönen Löwen-Zeit.
Und jetzt werden Sie beim FC Bayern Nachfolger von Mehmet Scholl als Trainer der U14. Dass der Rekordlöwe zu den Roten geht, ist schwer nachzuvollziehen.
Ich war jetzt zwei Jahre im Jugendbereich von 1860 und wollte einfach den nächsten Schritt machen. Der wäre bei Sechzig nicht möglich gewesen. Die Kohle war's nicht, weil im Jugendbereich macht das Geld nicht den Ausschlag. Ich bin finanziell ähnlich gut dran wie bei den Löwen. Für mich ist es einfach die sportlich bessere Perspektive. Das muss doch jeder verstehen.
Nein. Für viele Löwen-Fans gelten Sie als Verräter.
Es ist klar, dass die eingefleischten Fans enttäuscht sind und es nicht verstehen können. Damit habe ich gerechnet und damit habe ich auch kein Problem. Aber ich bin doch kein Verräter.
1860-Sportdirektor Miki Stevic soll Ihnen einen besseren Job versprochen und das nicht eingehalten haben.
Das kann ich so nicht bestätigen. Natürlich ist in den letzten zwei Jahren nicht alles glatt gelaufen, aber ich habe kein Problem mit Miki und er nicht mit mir. Ich gehe nicht im Groll von 1860. Die Entscheidung ist im letzten Jahr gereift. Ich habe so schöne Zeiten bei Sechzig gehabt und werde bestimmt nicht nach-treten. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht.
Wie kam der Kontakt mit Bayern zustande?
Bayern hat den Kontakt aufgenommen zu mir. Ich möchte einfach als Jugendtrainer weiter dazu lernen und denke, dass ich da bei Bayern optimale Möglichkeiten habe, mich da weiterzuentwickeln. Das war der Hauptgrund.
Was werden Sie vermissen?
Vor allem die Christl im Löwenstüberl. Aber ich bin ja auch nur auf der anderen Straßenseite.
Hat der neue Amateurtrainer Mehmet Scholl, dessen Jugendmannschaft Sie übernehmen, Ihnen den Job schmackhaft gemacht?
Natürlich habe ich mit ihm gesprochen, und es ist eine schöne Sache sein Nachfolger zu werden. Das müssen die Löwen-Fans einfach verstehen.
Wollen Sie mal als Trainer zu 1860 zurück?
Man soll nie nie sagen. Noch bin ich am Anfang meiner Trainerlaufbahn. Ich möchte von unten an klein anfangen. Mir macht der Jugendbereich einfach riesig Spaß. Da fühle ich mich wohl.
1860 füllt schon den Hauptteil Ihres Fußballerherzens?
Mit Sicherheit. Es war die längste Zeit, und ich denke nur mit schönen Gefühlen an Sechzig zurück. Für mich waren vor allem die zehn Jahre Bundesliga eine erfolgreiche Zeit. Es hat sehr viele tolle Momente gegeben bei 1860.
Schildern Sie mal Ihren schönsten und Ihren traurigsten Moment.
Das Traurigste war mit Sicherheit der Abstieg 2004. Der schönste Moment waren 2000 die zwei Qualifikationsspiele um die Champions League gegen Leeds. In dem Jahr sind wir Vierter in der Bundesliga geworden. Die Spiele gegen Leeds waren das Highlight in meinem Profileben.
Interview: Reinhard Franke