Der Plan B ohne Ismaik

Trotz Zoff mit Investor Hasan Ismaik: „Wir haben erstmals die reale Chance, auf eigenen Füßen zu stehen”, sagt Geschäftsführer Robert Schäfer. Die AZ kennt den Geheimplan – und alle Zahlen
MÜNCHEN Es regiert noch das Prinzip Hoffnung an der Grünwalder Straße. Die Löwen-Bosse um Präsident Dieter Schneider wollen erstmal sehen, ob Klub-Teilhaber Hasan Ismaik nach dem Treffen am Montag wirklich seine Drohung wahrmacht und einen Investitionsstopp verhängt, sollte er sich mit seinen teils irrwitzigen Forderungen nicht durchsetzen.
Dass man, wie Ismaik es wohl möchte, den Klub sofort mit weiteren Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe belastet, haben die Bosse ausgeschlossen. „Wir dürfen uns nicht wieder über die Maßen verschulden”, sagte Schneider schon am Donnerstag Abend der AZ, „da uns sonst empfindliche Geldstrafen und Punktabzüge durch die DFL drohen.”
Dennoch hofft Schneider – und das ist nicht nur ein Lippenbekenntnis – noch auf einen Friedensschluss in letzter Sekunde mit dem arabischen Millionär.
Hinter den Kulissen aber arbeiten die Löwen längst an einem Plan B. Und wie es aussieht, haben sie ihn sogar schon. Geschäftsführer Robert Schäfer prüfte über die Feiertage, inwieweit die Lizenz für die kommenden Spielzeiten auch unabhängig von weiteren Darlehen oder anderen Finanzspritzen Ismaiks gesichert werden könnte. Schäfer rechnete also – und legte Präsidium und Aufsichtsrat, wie die AZ erfuhr, tatsächlich einen Plan vor. Und siehe da: Die Löwen scheinen vernünftig gewirtschaftet zu haben.
„Ich hoffe wie wir alle auf eine Einigung mit Hasan Ismaik. Als gute Kaufleute ist es aber auch unsere Pflicht den Fall einer Nicht-Einigung durchzuspielen”, bestätigt Schäfer – und verrät indirekt: Es geht auch ohne Ismaik! „Ich kann jetzt erstmals guten Gewissens sagen, dass wir die reale Chance haben, auf eigenen Füßen zu stehen”, sagt der Geschäftsführer.
Schäfer bestätigt sie zwar nicht, aber die AZ kennt die Zahlen, mit denen der Geschäftsführer gerechnet hat und die den Löwen eine ganz neue Perspektive geben.
Durch die Zusatzeinnahmen im Pokal, dem höheren Zuschauerschnitt, höhere Einnahmen aus der Vermarktung der Business Seats und eine still und leise ausgehandelte Reduzierung der Cateringkosten für die Allianz Arena um fast 500.000 Euro sind für die laufende Saison sogar mindestens 300.000 Euro übrig, die noch im Januar in einen neuen Stürmer investiert werden sollen.
Auch in der kommenden Saison müsste der vor dieser Saison um drei auf acht Millionen Euro erhöhte Spieler-Gehaltskosten-Etat (rund eine Million ging darüber hinaus für Ablösen und Handgelder drauf) nicht wieder reduziert werden.
Nötig wären ein Zuschauerschnitt von mindestens 21000, 5,5 Millionen Euro durch Vermarktung (die HI2 International garantiert) und Platz sieben im Fernsehgeld-Ranking (momentan ist 1860 da Fünfter).
Da außerdem ein nicht unwesentlicher Teil der von Ismaik im Sommer überwiesenen – und von der DFL geforderten – 4,5 Millionen Euro Darlehen zur Deckung der laufenden Kosten nicht gebraucht wird, könnte der Klub in der kommenden Saison noch mit diesem überdurchschnittlichen Spieler-Etat überleben. Sollte 2014 aber nicht der Aufstieg geschafft werden, müssten die Gehaltskosten auf 6,5 Millionen Euro reduziert werden.
Insgesamt hat Ismaik bisher laut Schäfers Zahlenwerk 27,7 Millionen Euro bei 1860 investiert: 13 Millionen für die Anteile, 5,4 Millionen Euro Darlehen für den Schuldenabbau, das mittlerweile in ein Genussrecht umgewandelt und darum nicht als Schulden in die Bilanz einfließt, und insgesamt 9,3 Millionen Euro Darlehen, die nur zurückgezahlt werden müssen, wenn der Klub Gewinn macht - was die Verantwortlichen natürlich, so ganz nebenbei, auch immer mehr oder weniger künstlich verhindern könnten. Die Verhandlungsposition der Löwen für Montag könnte wahrlich schlechter sein.