Der Löwe als Traber

OBERHAUSEN - Das 1:1 in Oberhausen war für den TSV 1860 München das sechste Spiel in Serie ohne Sieg. Sportdirektor Miki Stevic schimpft: „Das hat mich wahnsinnig gemacht.“
Nach Abpfiff standen Lars und Sven Bender zusammen und unterhielten sich. Die 1860-Zwillinge, die am Montag ihren 20. Geburtstag feiern. In Partylaune waren sie nicht. Zu schlecht war der Auftritt am Sonntag beim 1:1 in Oberhausen gewesen, dem sechsten Spiel in Folge ohne Sieg. „Die Spieler machen es uns schwer“, sagte Sportdirektor Miki Stevic, „aber auch sich selbst.“ Heißt: Die Zukunft einiger Wackelkandidaten, deren Verträge auslaufen, könnte längst geklärt sein.
Zwar beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz in der Zweiten Liga acht Punkte, aber gesichert sind die Blauen eben noch nicht – und so macht sich Unsicherheit breit.
Dies spürt auch Torben Hoffmann, der 2004 beim Bundesliga-Abstieg des TSV 1860 dabei war und sich nur ungern zurückerinnert: „Die Konstellation ist zwar günstig, aber ich bin nicht so naiv, zu sagen: ,Ja, wir sind gesichert.’" Deswegen fordert Hoffmann, der Schütze des 1:1 in Oberhausen: „Wir müssen scharf bleiben." Bleiben? Der letzte Sieg, das 3:2 in Ingolstadt, datiert vom 8. März.
Und so quälen sich die Löwen und ihre Fans weiter. Die beste Nachricht des Tages: Es sind nur noch fünf Spieltage bis zum Saisonende. Uwe Wolf: „Wir wollen irgendwann auf Platz neun oder acht rutschen, das ist unser Anspruch." Sehr bescheiden.
In vier Wochen ist das Grauen erst einmal vorbei, was auch Stevic erleichtern wird. Gestern hat der Sportdirektor gelitten: „Die erste Halbzeit hat mich wahnsinnig gemacht! Da hat man gesehen, dass man mit Traben nichts erreichen kann. Ich bin enttäuscht, dass man nicht mit drei Punkten heimfährt." Auch Stevic ist klar, dass mit dem aktuellen Personal das Traumziel Bundesliga-Aufstieg 2010 kaum zu realisieren sein wird. Die Abwehr ist anfällig, im Mittelfeld fehlt Kreativität, und im Sturm ist Benny Lauth quasi allein.
Trainer Uwe Wolf war in Oberhausen noch der Löwe, der das meiste Temperament ausstrahlte. Manchmal trat er gegen die Werbebande, wenn ihm eine Entscheidung des Schiedsrichters mal wieder nicht passte. Schläfrig wirkte vor allem Markus Thorandt, als er nach 13 Minuten tatenlos zuschaute, wie Christopher Nöthe allein auf Torwart Michael Hofmann zulief und den Ball zum 0:1 ins Netz knallte. „Wir kriegen immer aus dem Nichts das 0:1“, schimpfte Torjäger Lauth.
Auch die zweite Hälfte war wenig ansehnlich: Eine zwingende Torchance hatten die Löwen nicht wirklich.
Auf der Tribüne saßen übrigens Jos Luhukay und Andreas Rettig, Trainer und Manager des FC Augsburg, des nächsten Löwen-Gegners am Freitag. Rettig und Luhukay machten sich schmunzelnd Notizen – und genossen den sonnigen Nachmittag im Stadion Niederrhein bei Kaffee und Kuchen. Angst vor diesen Löwen brauchen sie keine zu haben.
Oliver Griss, Florian Kinast