Der Fall Leon Klassen: Hat der TSV 1860 ein Juwel verschenkt?

München – In Giesing aussortiert, in Tirol ein absoluter Leistungsträger und nun sogar der Sprung zum russischen Topklub Spartak Moskau: Leon Klassen wird sein Aus im vergangenen Sommer beim TSV 1860 im Nachhinein wohl nicht allzu sehr bereut haben.
Umgekehrt dürfte sich die Gefühlslage mittlerweile etwas anders darstellen. Denn Ex-Löwe Klassen wechselt von der WSG Tirol, Werksklub des weltbekannten Glasklunker-Produzenten Swarowski, für angeblich knapp eine Million Euro in die russische Hauptstadt. Viel Geld, das natürlich auch die Sechzger gut gebrauchen könnten, weshalb sich nun nicht nur viele 1860-Fans fragen: Haben die Löwen da ein Juwel verschenkt?
1860 scheiterte mit dem Plan Klassen nach Russland zu verkaufen
Von Trainer Michael Köllner gibt's dazu als Antwort ein klares Nein! Bereits unter seinem Vorgänger Daniel Bierofka hatten die Löwen-Verantwortlichen versucht, für den Deutsch-Russen in der Heimat seiner Eltern einen Abnehmer zu finden, scheiterten damals aber mit diesem Plan.
Oder wie Köllner die damalige Situation beschreibt: "Auf dem Markt sind junge russische Spieler, die im Ausland spielen, äußerst begehrt. Da wird ein Haufen Geld für die hingelegt. Dass du dann natürlich Transfererlöse erzielen kannst, das war klar. Günther Gorenzel hat es damals mit Rubin Kazan probiert - aber dann hat der Berater einen Stopp eingelegt, auch weil es Leon noch nicht wollte."

Kein Platz in der Viererkette: Köllner sah Klassen als Schienenspieler
Diesen Wunsch respektierten Löwen, andererseits machten sie dann im letzten Sommer dem 21-Jährigen recht deutlich klar, dass seine Zeit bei den Blauen mit Auslaufen des Vertrags vorbei sei. Klassen wechselte daraufhin ablösefrei nach Wattens (Tirol) - und nun für rund 900.000 Euro zum "größten Verein Russlands", wie der Neu-Moskauer selbst nicht ganz ohne Stolz erwähnt.
Für Köllner war es dennoch die richtige Entscheidung, Klassen abzugeben. Sechzigs Chefcoach konnte mit den Qualitäten des Linksverteidigers in der Viererkette wenig anfangen, sondern sah ihn eher als Schienenspieler.
Eine Einschätzung, die Köllner auch heute, nachdem sich Klassen in Tirol sofort zum absoluten Stammspieler entwickelte (17 Spiele, sechs Assists), nicht korrigieren will.
Köllner über Klassen: "Er war mental nicht so stark"
"Es ist so, dass Leon Klassen im Normalfall in der Fünferkette funktioniert. Wir haben nie mit fünf Spielern hinten agiert, sondern mit vier. Für mich war schon klar, dass Leon eine Qualität hat. Er hat bei 1860 ein Problem gehabt: Er war mental nicht so stark. Das haben wir nicht hinbekommen, dass er mit einem "Leck-mich-am-Arsch"-Mentalität unterwegs war. Er hat sich zu viel Stress gemacht", erklärt Köllner, der den Linksverteidiger in gerade mal 26 Drittliga-Partien auf den Platz schickte.
Die logische Konsequenz lautete daher: "Ich habe zu ihm gesagt: Du musst 1860 verlassen, weil wir nicht mit Fünferkette spielen und du an Phillipp Steinhart nicht vorbeikommst." Klare Ansage!
Für Klassen haben sich Köllners ehrliche Worte am Ende sogar ausgezahlt - für Sechzig dagegen - zumindest finanziell gesehen - eher nicht.