Der blaue Rückpass (7): Erich Beer

Erich Beer (62) absolvierte 341 Bundesliga-Spiele, erzielte 95 Treffer. Was er über seine "kuriose" Zeit bei den Löwen erzählt, was er 1860 und dem neuen Coach Lienen zutraut:
AZ: Herr Beer, Sie kamen als 34-Jähriger 1981 zu 1860 München, spielten dort bis 1984. Ein Jahr Zweite Liga und zwei Jahre Bayernliga - wie war die Zeit bei den Löwen?
ERICH BEER: Das war ganz kurios. Als ich im Juni 1981 am Vormittag des vorletzten Spieltags unterschrieben habe, war der Verein noch in der Ersten Liga und man brauchte nur noch einen Sieg. Das vorletzte Spiel gegen den HSV ging Unentschieden aus und das letzte in Karlsruhe wurde 2:7 verloren und man stieg ab.
Es kam noch schlimmer und am Ende der Zweitligasaison wurde die Lizenz entzogen und 1860 stieg in die Bayernliga ab.
Bei den Löwen habe ich definitiv meine schwierigste Zeit miterleben müssen. Du unterschreibst in der Ersten Liga und spielst den Großteil deiner Zeit in der Bayernliga. Danach habe ich mit 38 auch meine Karriere beendet. Vor Sechzig war ich schon in Nürnberg, bei Rot-Weiß Essen, bei Hertha BSC Berlin und zwei Jahre in Saudi Arabien.
Wo war es am schönsten?
Die acht Jahre in Berlin waren am schönsten. Da bin ich Nationalspieler geworden, war zweimal im Pokalendspiel, einmal Vizemeister und im Europapokal-Halbfinale - und wurde dort auch hinter Klaus Fischer Zweiter in der Torjäger-Parade.
Die Bayernliga im Grünwalder Stadion bleibt für die Löwen-Fans unvergessen.
Das stimmt. Wir hatten zwei schöne Bayernliga-Jahre, weil wir immer ein ausverkauftes Haus hatten und auch auswärts war immer was los. Wir hatten daheim manchmal mehr Zuschauer als der FC Bayern. Die haben einmal im Olympiastadion gegen Düsseldorf vor 12 000 Zuschauern gespielt und wir im Grünwalder oft vor vor 35 000. Auch unsere Auswärtsspiele waren immer voll, weil wir eine große Nummer waren in der Bayernliga. Ich habe schließlich nach dem zweiten Bayernliga-Jahr 1984 aufgehört.
Dann wurden Sie Trainer…
Ja. Ich habe anschließend Jugendtrainer bei 1860 gemacht und dann wollte mich die Mannschaft als ersten Trainer haben, doch das wollte der damalige Präsident Heckl nicht. Ich bin dann Weihnachten 1984 Trainer in Bayreuth geworden und mit denen in die Zweite Liga aufgestiegen.
Wie ging es nach dem Fußball weiter?
Ich habe nach meiner Fußballkarriere bei BMW in München angefangen, war dort 22 Jahre tätig und die letzten Jahre für die Fahrzeuge der Entwicklung zuständig. Also habe den ganzen Fuhrpark unter mir gehabt. Ich bin seit Januar Rentner und lebe mit meiner Frau in Grünwald, meine beiden Söhne sind schon aus dem Haus.
Als Rentner haben Sie sicher Zeit zu den Löwen ins Stadion zu gehen, oder?
Ja schon. Zwei Drittel der Heimspiele habe ich letzte Saison gesehen. Zu der ganzen Stadion-Diskussion kann ich nur sagen, dass die ganze Sache jetzt endgültig durch ist. Es ist zwar schade, weil das Geld, das sie jetzt bezahlen müssen, weg ist. Ähnlich wie wenn man ein Auto least. Aber man hätte vorher das Grünwalder Stadion ausbauen müssen, bevor überhaupt die Allianz Arena in Frage kam.
Gibt's noch Kontakte zu Ex-Kollegen bei 1860?
Ich spiele regelmäßig Tennis mit Hans Rebele, Fredi Heiß und mit Bernd Patzke. Mit Bernd bin ich sogar richtig eng befreundet. Er war unser Trainer damals in der Bayernliga und seitdem ist da eine dicke Freundschaft gewachsen.
Wo geht's für 1860 in der neuen Saison hin?
Wenn man das Umfeld von 1860 ansieht, dann müssten wir wieder in die Erste Liga. Sechzig gehört da hin. Aber leider ist in den letzten Jahren viel falsch gelaufen. Ich hoffe, dass es mit Stevic und Lienen demnächst wieder besser läuft.
Was lief denn konkret falsch?
Falsche Trainer und in der Führung wurde auch viel geschlafen die letzten Jahre. Wenn man in die Bundesliga will, dann muss man auch mal einen Trainer holen, der schon länger dabei ist und nicht immer einen Amateurtrainer holen wie die letzten beiden Jahre. Sechzig braucht einen Trainer mit Erfahrung.
Ist Lienen also der Richtige?
Wenn man seine Karriere verfolgt, hat er ja auch noch keinen so großen Erfolg vorzuweisen, musste überall vorzeitig gehen. Er hat seine Verträge nie bis zum Schluss über die Bühne gebracht. Und was dazu kommt: Lienen war jetzt länger weg aus Deutschland und da bleibt abzuwarten, ob er sich noch so auskennt in der Zweiten Bundesliga. Ich gehe dennoch mit dem Gefühl in die neue Saison, dass Sechzig im oberen Drittel mit dabei ist. Und wenn sie ein bisschen Glück haben, können sie einen der ersten drei Plätze schaffen. Hoffentlich kommen noch zwei, drei Spieler dazu.
Interview: Reinhard Franke