Der blaue Rückpass (12): Wenzel Halama
Der 68-jährige Tscheche trainierte die Löwen in der Saison 1981/1982 und später noch einmal in der Bayernliga von 1984 bis 1986. Seine größten Erfolge aber feierte er mit Austria Wien, wo die "Violetten" 1983 im Viertelfinale den FC Barcelona ausschalteten und erst im Halbfinale an Real Madrid scheiterten.
AZ: Herr Halama, Sie waren 1981/82 Trainer bei den Löwen und waren dort der erste Trainer von Rudi Völler. Wie oft denken Sie an diese Zeit zurück?
VACLAV HALAMA: Ich bin damals als Cupsieger aus Graz gekommen und Jupp Kapellmann war Manager. Sechzig war gerade in die Zweite Liga abgestiegen und Völler und Waas habe ich aus der Jugend übernommen. Die Mannschaft hatte viel Potenzial, aber die gesamte Struktur in und um den Verein war ein bisschen krank. Ein Jahr später sind wir zum Glück wieder aufgestiegen. Leider kann man die zeit nicht wiederholen mit Völler, Sidka und Waas. Das war vorgestern.
Gibt's noch Kontakt zu Rudi Völler?
Natürlich. "Tante Käthe" (so der Spitzname von Völler, d. Red.) wohnt ja nebenan in Leverkusen. Wir sehen uns nicht täglich oder jede Woche, aber wir treffen uns ab und zu, trinken eine Tasse Kaffee oder als er noch Nationaltrainer war, hat er mich gebeten, von der tschechischen Seite (Halama ist gebürtiger Tscheche, d. Red.) Informationen einzuholen. Wir schlafen nicht zusammen, wir wohnen nicht zusammen, aber ab und zu treffen wir uns.
Warum haben Sie 1860 nach dem Aufstieg wieder in Richtung Wien verlassen?
Sechzig hatte damals große Probleme, wo wir teilweise keine Gehälter bekommen haben. Wir kamen von einem Spiel zurück, spielten dann vor 48000 Fans gegen Schalke und dann erst kamen nach und nach die Gehälter. Es gab viele Probleme mit fast 12 Millionen Schulden. Man hatte wie die letzten Jahre auch nur finanzielle Sorgen. Man konnte neidisch sein, weil auf der anderen Straßenseite beim roten Verein wurde es immer mehr und mehr und bei uns ist es damals stehengeblieben. Da hat sich also bei den Löwen bis heute nichts geändert. Mit Lorant und Wildmoser hatte sich viel getan, nur sportlich ging es die letzten Jahre einfach nicht nach vorn. Von Wien, wo ich Meister wurde, bin ich weiter zu AEK Athen, damals einer der drei großen Vereine in Griechenland.
Vermissen Sie Ihre Löwen-Zeit?
Es war eine aufregende und doch schöne Zeit. Ich habe für Sechzig damals Angebote von Rapid und Austria Wien ausgeschlagen, bevor ich an die Grünwalderstraße kam. Nach meiner Rückkehr zu 1860 gab es dort den Präsidenten Heckel, ein großer Bauunternehmer. Man hat zwar versucht den Verein auf gesunde Beine zu stellen, aber es hat nie geklappt. Es gab Zeiten, da kamen wir zurück vom Trainingslager und hatten keine Gehälter auf dem Konto. Das war nicht schön. 1860 war für mich immer wie eine große Familie.
Warum kommt 1860 einfach nicht zur Ruhe?
Wenn ich das wüsste. Ich leide mit dem Verein. Da ist ständig Unruhe. Sechzig hatte schon immer mehr interne Probleme als nach außen. Ich drücke die Daumen, dass das endlich besser wird, aber mein Wunsch ist nicht erhört worden.
Inzwischen wohnen Sie in Köln und haben noch einen Zweitwohnsitz auf Teneriffa.
Ja, wir haben in Köln zwar kein Oktoberfest, aber Bier haben wir genug hier. (lacht) Seit 1975 wohnen wir hier in Porz und die Möbel haben seit damals nie gewackelt. Meine Frau hat Geduld mit mir und ich habe Geduld mit ihr (lacht) Ich treffe die Leute von Sechzig die letzten Jahre regelmäßig im Trainingslager in Teneriffa, wo ich im Winter lebe. Ich habe immer Kontakt zum Verein gehabt. Bin da immer am Ball.
Was machen Sie heute?
Ich arbeite viel in beratender Funktion und bin freier Mitarbeiter bei der Vermarktungsfirma Sportfive. Ich habe Kontakte nach Österreich, Slowakei und meiner Heimat Tschechien. Viele Meine Tätigkeit ist wie die der Journalisten. Die machen etwas und machen gar nichts (lacht laut los) Ich soll den ganzen Ostblock ein bisschen mit meinen Verbindungen in Bewegung bringen. Sonntag flieg ich nach Lyon zur Auslosung zur neuen Europaliga. Das ist keine schwere Tätigkeit, sondern leichte Bewegung. Ich bin schon ein alter Esel. Wenn ich daheim in Köln Whiskey trinke und Zigarre rauche, dann roste ich ein. Das möchte ich nicht. Ich mache das zum Spaß. Wenn ich Lust habe, gehe ich hin, wenn nicht, bleibe ich zu Hause.
Klappt es kommende Saison mit dem Aufstieg bei den Löwen?
Ich drücke so sehr die Daumen, aber überzeugt bin ich nicht.
Warum?
Der Mannschaft fehlt einfach das Potenzial dazu. Die beiden Neuen (Kiraly und Ludwig, d. Red.) sind okay, aber wenn die Sportredaktion der Abendzeitung zehn Millionen Euro zur Verfügung hat, dann kann Sechzig groß einkaufen. Aber ich glaube nicht, dass die Löwen solche Gönner haben. Die haben genug Kopfschmerzen. Wenn ich sehe, wer abgestiegen ist dieses Jahr. Da hat Arminia Bielefeld sogar eine bessere Struktur als 1860.
Interview: Reinhard Franke