Der blaue Rückpass (10): Jochen Kientz

Während seiner Karriere war Jochen Kientz ein fleißiger Vereinswechsler. Sieben Stationen, darunter drei im Ausland hat der Verteidiger in seiner Vita als Fußballprofi aufzuweisen. Zum Löwen zog es ihn sogar zwei Mal. Heute lebt er auf Ibiza.
von  Abendzeitung
"Der schöne Kientz": So wurde Jochen Kientz einst bei den Löwen genannt.
"Der schöne Kientz": So wurde Jochen Kientz einst bei den Löwen genannt. © AZ

MÜNCHEN - Während seiner Karriere war Jochen Kientz ein fleißiger Vereinswechsler. Sieben Stationen, darunter drei im Ausland hat der Verteidiger in seiner Vita als Fußballprofi aufzuweisen. Zum Löwen zog es ihn sogar zwei Mal. Heute lebt er auf Ibiza.

AZ: Herr Kientz, Sie waren in Ihrer Karriere zweimal bei 1860. 1994 sind Sie mit den Löwen in die Erste Liga aufgestiegen, und später waren Sie nochmal ein Blauer, von 1997 bis 1999. War die Zeit bei den Löwen die schönste in Ihrer Fußballlaufbahn?

JOCHEN KIENTZ: Ich war ja bei vielen Vereinen neben Sechzig, wo es schön war, ob in Spanien bei Mallorca und Logrones, in Griechenland bei Panionios Athen, beim HSV, St. Pauli oder zum Schluss Rostock. Für mich war Sechzig eine tolle Zeit, aber auch Mallorca war klasse. Auch beim HSV, weil wir da Champions League gespielt haben. 1860 ist aber einfach ein toller Verein mit der schönen Stadt München. Es hat damals alles gepasst. Wir haben im Uefa-Cup gespielt, und die Zeit will ich nicht missen.

Gab es mal Überlegungen. in irgendeiner Funktion an die Grünwalder Straße zurückzukehren?

Nein. Ich denke, man hat mit Miki Stevic da jetzt einen sehr guten Mann. Das war nie ein Thema für mich, weil ich ja auch nach der Karriere nach Spanien gegangen bin.

Sie leben heute auf Ibiza. Was machen Sie da?

Ich lebe dort mit meiner Frau und meinem Sohn und habe eine Agentur als Spielervermittler. Ich habe Spieler aus Deutschland, Spanien, England, zur Zeit einen Spieler beim 1. FC Köln, einen beim FC Southampton, einen jungen Spieler in Freiburg. Gerade hat z.B. mein Spieler Kirian Rodriguez Ledesma beim FSV Frankfurt verlängert.

Was macht Ihre Karriere als Model? Laut „Wikipedia“ führen Sie den Modelnamen „Joe Ibiza“.

Ich bin froh, dass ich das mal klarstellen kann, weil man da schnell in eine Schublade gesteckt wird. Das habe ich nie richtig gemacht. Mein Freund Patrick Glöckner (ehemaliger Frankfurter Fußballprofi, d. Red.) hat damals eine Modelagentur aufgemacht und mich gefragt, ob er mich in seine Kartei aufnehmen kann. Da habe ich natürlich ja gesagt, weil er ein Freund von mir ist. Aber modeln ist nicht mein Ding und war es auch nie. Ich habe mal vor acht Jahren ein paar Bilder gemacht, aber nie richtig gemodelt. Meine Sache war immer der Fußball und das, was ich jetzt mit meiner Agentur mache. Da kann ich Spieler betreuen und meine Erfahrungen weitergeben.

Sie galten früher aufgrund Ihres Aussehens aber schon als „der schöne Kientz“.

Das war mir immer egal, was die Leute sagen. Jeder soll an dem gemessen werden, was er macht und kann. Ich war 14 Jahre Profifußballer, habe in mehreren Ländern gespielt mit Champions League, Uefa-Pokal. Ich habe mich nie verbiegen lassen und war immer geradeaus. Ich hab von zu Hause sehr viel Charakter mitgekriegt und bin mit meiner Art auch manchmal angeeckt, aber man wird reifer, diplomatischer – und jeder kann sagen, was er will.

Wie leben Sie auf Ibiza?

Ich habe ein Haus mit Büro und mit meinem Anwalt zusammen ein Büro in der Stadt mit sieben Angestellten. Ich muss auch oft abends arbeiten, weil ich den Markt in Deutschland und Spanien habe. Da muss man viel koordinieren, da bin ich auch manchmal bis 12 Uhr nachts im Büro und mache Pakete fertig. Ich habe verschiedene Leute, die für mich die einzelnen Länder bearbeiten, und habe noch eine eigene Rechtsabteilung. Ich bin sehr ehrgeizig und war immer jemand, der etwas ganz oder gar nicht macht. Halbe Sachen gibt es bei mir nicht.

Sie haben auch junge Nationalspieler unter Vertrag.

Ja, ich habe mit dem Miro Varvodic vom 1. FC Köln ein Riesentalent unter Vertrag, der schon Stammtorwart bei Hajduk Split war. Und Rudi Skacel, der schon bei der Euro 2008 für Tschechien dabei war, viel Erfahrung hat und auch schon bei Olympique Marseille und Panatinaikos Athen gespielt hat.

Ist auch mal ein Spieler für die Löwen dabei?

Ich bin mit Miki (Stevic, d. Red.) im Kontakt, man muss abwarten. Es kommt ja nicht darauf an, dass ich da die Spieler unterbringe, sondern vor allem, dass Sechzig aus der Zweiten Liga wieder raus kommt.

Wie nah ist die Verbindung noch zu 1860?

Sehr nah. Ich war letzte Saison drei-, viermal im Stadion, hab viele Freunde in München und bin auch oft geschäftlich dort. Sechzig ist bei mir immer ein Thema.

Gibt es Freundschaften aus Ihrer Zeit bei 1860?

Sagen wir so. Ich habe jetzt keinen Freund aus der Zeit, den ich nachts anrufen könnte und er würde kommen. Im Fußball ist es doch so, dass man kurz befreundet ist, aber dann bist du auch schon wieder weg bei einem anderen Verein und kannst Freundschaften gar nicht so pflegen. Es gibt viele Leute, bei denen man sich freut, wenn man sich wieder sieht, aber das war's dann auch schon. So war es letztens schön, die Jungs von der Aufstiegsmannschaft 1994 wiederzusehen, Holger Greilich, Martin Max und die anderen Jungs. Mit Martin habe ich ja in Rostock noch zusammengespielt.

Ist eine Rückkehr nach Deutschland vorstellbar für Sie?

Ich pendle beruflich eh viel zwischen Deutschland und Spanien, bin fast öfter dort als in Spanien. Das gefällt natürlich der Familie nicht so, aber Geschäft ist Geschäft. Ich hab drei Jahre lang nichts getan, die Füße hoch gelegt und abends Kinder als Jugendkoordinator trainiert; irgendwann war mir das zu wenig. Als ich dann als Scout für Real Mallorca gearbeitet habe, habe ich gemerkt, dass ich mit meinen sechs Sprachen Spielerberater machen will, weil ich Erfahrung habe und auch fußballerisch den Jungs etwas mitgeben kann. Trainer wollte ich nie werden, weil ich dieses Zigeunerleben nicht mehr wollte.

Interview: Reinhard Franke

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