David Richter gegen Marco Hiller: Jacobaccis Torhüter-Überraschung entfacht neuen TSV-1860-Brandherd

München – "Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich zwei hervorragende Torhüter zur Verfügung habe", schwärmte Maurizio Jacobacci Ende Juli, kurz nach der Verpflichtung von David Richter. Die verbleibenden Wochen bis zum Saisonstart nutzte der Cheftrainer, um sich schließlich für Marco Hiller als Stammtorhüter zu entscheiden.
Jacobacci wollte Saarbrücken-Elf das Vertrauen schenken
Wie Recht Jacobacci hat, zeigte sich in den letzten Wochen, als Richter den am Innenband verletzten Hiller fast ohne Qualitätsverlust ersetzte. Inzwischen ist Hiller wieder fit und gab bei der 0:1-Pokalpleite in Pipinsried sein Comeback. Als der TSV 1860 am Samstag vor dem Derby gegen die SpVgg Unterhaching (0:1) die Startaufstellung veröffentlichte, staunte der Löwen-Kosmos nicht schlecht: Marco Hiller auf der Bank, David Richter im Tor. Damit war nicht zu rechnen. Warum?
"Es geht nicht um einzelne Spieler, sondern es geht um das Team", erklärte Jacobacci seine Entscheidung am Mikrofon von "Magenta Sport". "Von daher wollte ich dem Team, das in Saarbrücken wirklich eine tolle Leistung gezeigt hat, das Vertrauen aussprechen. Da gehört auch der Torhüter dazu."
Jacobacci betonte noch vor zwei Wochen Hillers Nummer-eins-Status
Eine Entscheidung, die aufgrund seiner Aussagen vor zwei Wochen erstaunt. Jacobacci hatte vor dem Spiel in Saarbrücken noch betont: "Ihm (Hiller, d. Red.) jetzt das Vertrauen zu entziehen, wäre nicht förderlich für die Zukunft. Das geht über das Leistungsprinzip hinaus. Das hat mit Werteprinzipien zu tun. Sprich, Vertrauen, Respekt, Anerkennung, Korrektheit. Das gilt es auch zu berücksichtigen." Hiller den Status als Stammtorhüter zu entziehen, würde auch das Binnenklima im Team belasten, erklärte der 60-Jährige. Im Saarland durfte schließlich Richter noch ein (vermeintlich) letztes Mal von Beginn an ran, denn "das hat er sich verdient, auch weil Hiller erst eine Woche mit der Mannschaft trainiert hat".

Zudem hatte der Trainer darauf hingewiesen, dass die Degradierung auch das Binnenklima in der Mannschaft belasten würde. Dieses Risiko ist er entgegen seiner Argumentation eingegangen. Es droht eine neue Baustelle, die – neben den Unruhen abseits des Platzes um die Entlassung von Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer – für mannschaftsinterne Diskussionen sorgen könnte.
Hiller oder Richter? TSV 1860 hat (eigentlich) kein Torwart-Problem
Hiller oder Richter – Argumente für sich haben beide, ein Torhüter-Problem hat der TSV 1860 (eigentlich) nicht. Einerseits spielte der souveräne Richter in vier seiner sechs Auftritte entweder zu Null oder kassierte nur einen Gegentreffer. Andererseits gehört Hiller zu den dienstältesten Löwen im Kader und ist nicht nur als Stabilisator für Jacobaccis Prunkstück, die Abwehr, wichtig, sondern auch als Ansprechpartner und Führungspersönlichkeit in der Kabine.
Richter selbst war nach der Derby-Niederlage zu frustriert, um sich ernsthaft auf die Diskussion einzulassen. „Der Trainer entscheidet am Ende des Tages. Mehr möchte ich dazu auch gar nicht sagen, wir müssen erst die Niederlage verdauen. Tut mir leid, ich bin gerade noch ein bisschen angefressen", sagte der 24-Jährige in der Mixed Zone.
Maurizio Jacobacci hat zweifellos einen weiteren sportlichen Brand-Herd im Löwen-Kosmos entfacht. Am kommenden Sonntag gastiert 1860 bei Borussia Dortmund II - Fans und Experten werden genau hinsehen, wer zwischen den Pfosten steht.