Das Stehaufmännchen

Die Krise der Löwen war auch eine Krise des Trainers Marco Kurz. Nun ist sie ausgestanden,der Coach hat wieder Erfolg. Die AZ erklärt,welchen Methoden das zu verdanken ist
MÜNCHEN Wer Marco Kurz am Freitag auf dem Trainingsplatz an der Grünwalder Straße beobachtete, hätte ihn glatt für einen Spieler halten können. Kurze Hose, muskulöse Beine und aufgekratzt wie ein Jungprofi. Als Timo Gebhart ihm zurief, dass er sich beim Torschusstraining wieder mal ganz stark gefühlt habe, ging Kurz (39) zu ihm und fuhr Gebhart mit der Hand durchs Haar. Gebhart schubste ihn lachend weg. Kurz stand die Rolle des scherzenden Kumpels prima.
Die fröhliche Leichtigkeit ist zurück beim Löwen-Trainer. Kurz wirkt längst nicht mehr wie einer, der vor zwei Monaten am Scheideweg seiner Karriere stand. Da war 1860 nach dem missratenen Saisonstart Letzter; Kurz stand in der Kritik. Seither hat er sich als Stehaufmännchen bewährt: Mit ihm holten die Löwen 13 Punkte aus den letzten fünf Spielen. Mit einem Sieg im Heimspiel gegen Oberhausen (Sonntag, 14 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) kann 1860 erstmals in dieser Saison auf Platz drei vorrücken. Eine Wende, für die Kurz verantwortlich ist. Seine Methoden für den Aufschwung:
Fleiß: Es sind keine Floskeln, wenn Kurz sagt, dass er bei 1860 „einen Traumberuf“ ausübt. Er lebt das vor. Co-Trainer Uwe Wolf: „Der Marco kommt wie ich jeden Morgen um 7 Uhr ans Trainingsgelände.“ Nicht zum gemeinsamen Frühstücken im Löwen-Stüberl, sondern zur Analyse, zur Besprechung und Koordination des Tages. Der Erfolgsdruck bei 1860 lässt Kurz zum Frühaufsteher werden. Wolf: „Wir halten jedes noch so kleine Detail im PC fest.“ Frühestens um 17 Uhr verlässt Kurz das Trainingsgelände.
Hartnäckigkeit: Mancher Trainer hätte nach einer Negativ-Bilanz von nur zwei Siegen in 20 Spielen vermutlich mutlos aufgegeben. Aber nicht Kurz. „Ich weiß, was ich kann“, predigte der Ex-Profi immer wieder, selbst als schon über Nachfolge-Kandidaten diskutiert wurde: „Das kann ich sowieso nicht beeinflussen.“
Helfer: Seit Saisonbeginn bildet Kurz ein Trainergespann mit Uwe Wolf. Der vormalige Assistent Günther Gorenzel wurde beurlaubt. Wolf: „Unser Trainerstab ist kleiner und überschaubarer, die Verantwortung ist auch für mich größer als zuvor. Ich kann mich nun viel besser einbringen.“ Was die Mannschaft spürt: Wolf gilt im Team als Motivator und Spaßmacher. Wolf lächelnd: „Bald muss ich auf meine Trainingsjacke statt dem ,CO’ für Co-Trainer ein ,VW’ machen – für Vergnügungswart.“
Fitness: „Das große Plus dieser Mannschaft ist seit einigen Wochen die tolle Fitness“, sagt 1860-Ikone Petar Radenkovic, „wenn das anhält, brauchen sie vor keinem Gegner Angst haben.“ Aber Angst haben sie im Moment bei 1860 sowieso nicht. Das sieht man an Kurz. Oliver Griss