Das sagt Ex-Löwe Jens Keller vor dem Drittliga-Saisonstart des TSV 1860 München

Jens Keller (47) spielte von 1992 bis 1995 beim TSV 1860. Als Trainer arbeitete er zuletzt bei Schalke (2012 bis 2014) und Union Berlin (2016/2017).
AZ: Herr Keller, Lautern gegen die Löwen auf dem Betzenberg – der TSV 1860 könnte keinen schöneren wie schwierigeren Drittliga-Auftakt haben, oder?
JENS KELLER: Das ist ein sensationeller Auftakt. Zwei absolute Traditionsteams, beide mit tollen Fans vor einer tollen Kulisse: Das wird gleich eine gute Standortbestimmung für Lautern und die Löwen.
Kann Sechzig bei den Roten Teufeln bestehen?
Das ist am ersten Spieltag ganz schwer zu sagen. Kaiserslautern hat nach dem Absturz aus der Zweiten Liga einen großen Umbruch hinter sich und ich gehe davon aus, dass das Ziel der direkte Wiederaufstieg ist. Das wird ein interessantes Duell, bei dem Sechzig gerade zu Saisonbeginn sicher nicht chancenlos ist. Ich würde auf ein 1:1 tippen.
Wie haben Sie die Tingeltour Ihres Ex-Vereins durch die Regionalliga Bayern verfolgt?
Ich habe mir nicht alle Spiele angeschaut, aber man kriegt es auch aus der Ferne mit. Matthias Imhof (einstiger 1860-Spieler und -Funktionär; d. Red.) ist ein guter Freund von mir, wir tauschen uns oft aus. Ich kann nur sagen: Der Verein gehört für mich in die 2. Liga, vielleicht in die Bundesliga. Aber das wurde grundlegend falsch angepackt. Es ist einfach schade, was in den letzten Jahren passiert ist.
Keller: "Man hat vom ganz großen Fußball geträumt"
Sie meinen die sportliche Talfahrt und den Machtkampf mit Investor Hasan Ismaik?
Das größte Problem bei den Löwen ist, dass intern im Verein extrem viel Unruhe herrscht. Bei Ismaik kenne ich die Hintergründe nicht und weiß nicht: Wo sind die Eitelkeiten, wer ist im Recht? Es ist nur offensichtlich, dass viele Dinge nicht gepasst haben. Wie viele Trainer, Manager und Geschäftsführer mussten gehen? Man hat vom ganz großen Fußball geträumt, aber war sich nie bewusst, dass man grade in der Zweiten Liga spielt und nicht automatisch nach oben gehört.
Im Video: Keller - Doppelbelastung von Bierofka ist ein Risiko
Der Großangriff 2016 mündete schließlich im Abstieg.
Wenn man gesehen hat, was die im Sommer 2016 für eine Mannschaft hatten, angeführt von Stefan Aigner, Ivica Olic. Sie haben viel, viel Geld ausgegeben und waren ja sogar favorisiert, dass sie hochgehen. Wahrscheinlich hätte Sechzig auch gute Chancen gehabt, wenn alle an einem Strang gezogen hätten. Aber jeder hat seinen Egoismus in den Vordergrund gestellt, man hat nie gemeinsame Sache gemacht. Es gab so viele Unstimmigkeiten im Verein, so viele Querelen. Wie willst du da professionell arbeiten? Das ist ja gar nicht möglich. Ich hoffe, dass jetzt eine Kontinuität reinkommt.
Keller: "Bierofka war der richtige Mann"
Unter Trainer Daniel Bierofka wurde die Trendwende geschafft, der Verein ist zu seinen Wurzeln ins Grünwalder Stadion zurückgekehrt. Eine kleine Fußball-Romanze?
Was heißt da Romanze? Es hat erstmal mit Chaos zu tun, dass man nicht wusste, wie es irgendwie weitergehen kann. Es ist toll, was Daniel geleistet hat, davor kann man nur den Hut ziehen. Wichtig ist jetzt aber, dass es der Verein finanziell in den Griff kriegt und irgendwie die Stadionfrage löst.
Hätten Sie den Job nach dem Abstieg übernommen?
Als externer Trainer wäre das wohl ein Himmelfahrtskommando gewesen. Daniel kam ja nicht irgendwoher, er war schon im Verein. Er war der richtige Mann. Ich denke, aus dieser Situation heraus konnte er gar nicht anders, zumal seine Amateure von der drohenden Insolvenz genauso betroffen gewesen wären. Mit ihm ist jemand am Werk, der Ruhe ausstrahlt, nicht durchdreht.
Bei Sechzig wird insgeheim vom Durchmarsch geredet. Als Spieler erlebten Sie damals ja den Doppel-Aufstieg mit.
Die Fans bei Sechzig sind toll, keine Frage. Man hört aus dem Umfeld, dass manche gleich hoch wollen. Dass die träumen, ist klar. Ich habe früher tolle Jahre bei 1860 erlebt. Bei uns hat früher einfach alles gepasst. Jetzt hat sich Sechzig gut verstärkt und eine junge, hungrige Mannschaft, aber da muss erstmal was zusammenwachsen. Umso wichtiger, dass die sportliche Leitung auf dem Teppich bleibt. Jetzt festigen und in der nächsten Saison angreifen – das wäre doch ein Plan.
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