Das sagt 1860-Präsident Peter Cassalette über die Situation der Löwen
München - Peter Cassalette im AZ-Interview: Der 64-jährige frühere Manager in der Reisebranche ist seit 2015 der Präsident des TSV 1860.
AZ: Herr Cassalette, drei Heimsiege in Folge, nun das 0:2 in Berlin - ein erwartbarer Rückschlag auf dem Weg aus dem Tabellenkeller? Was sagt der Löwen-Präsident?
PETER CASSALETTE: Absolut. Ein starker Gegner, wir sind noch nicht so gefestigt, um auswärts alle Spitzenteams zu schlagen. Das ist vollkommen abgehakt.
Laut Investor Hasan Ismaik war ja der Rasen schuld.
Es war sicher nicht der beste Platz, aber Union war klar besser. Ich will nicht alles kommentieren, was Hasan schreibt, doch was mich in diesem Zusammenhang aufregt, ist die Absage des Pokal-Viertelfinals in Lotte.
Dort hätte Sechzigs Achtelfinal-Pokalschreck am Dienstag gegen Dortmund antreten müssen - die Platzverhältnisse verhinderten es.
Als wäre der Platz gegen uns nicht auch schon eine Kuhwiese gewesen. Es nagt schwer an mir, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. Jetzt ist ein plötzlich Gesundheitsrisiko für die Spieler. Und bei uns? Schon komisch, dass seitdem drei Spiele nicht stattfinden konnten. Aber ich will klarstellen: Das soll keine Ausrede sein, Lotte hat verdient gewonnen. Klar ist aber auch, dass Teams einen Vorteil haben, die über den Kampf kommen.
Ein Heimspiel gegen den BVB vor riesiger Kulisse wie 2013/2014 hätte Ihnen sicher gefallen.
Ja, das hinterlässt einen üblen Nachgeschmack. Nicht nur wegen den Prämien, das wäre ein tolles Spiel mit etwa zwei Millionen Euro Mehreinnahmen geworden.
Nun steigt am Samstag das nächste (Liga-)Spiel gegen den FC St. Pauli. Sie erklärten uns kürzlich, dass 1860 nichts mit dem Abstiegskampf zu tun hat. Verlieren also verboten.
Soll Pauli doch gewinnen und auf einen Punkt rankommen! Ich stehe dazu: Wir sind zu gut für den Abstieg. Wir haben uns gut verstärkt, stehen im Vergleich zum Vorjahr viel besser da. Es nervt mich, wenn es von außen heißt, wir müssen zittern. Ich sehe das anders.
Dennoch ist es ein richtungsweisendes Spiel gegen das Team der Stunde, das zuletzt den Karlsruher SC mit 5:0 wegfegte.
Das bestreite ich nicht. Dass ich an uns glaube, heißt nicht, dass ich so blind bin und sage: Wir haben schon gewonnen. Das wäre arrogant, denn Pauli ist wiedererstarkt und ich glaube, dass sie es auch schaffen werden - wie wir. Wir entwickeln gerade so etwas wie eine Heimstärke. Die wollen wir ausbauen.
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Dauerthema bei den Heimspielen sind die fernbleibenden Ultras: In Berlin haben Sie sich per Spruchband („99 % für unseren Fußball. 99 % gegen Anteilsverkäufe. 50+1 bleibt!“) klar gegen eine weitere Machtübernahme durch Ismaik positioniert.
Als ob wir über die 50+1-Regel entscheiden könnten! Ich kann aber sagen: Es wird keine außerordentliche Mitgliederversammlung kommen, in der es um eine solche Forderung von Hasan geht. Sondern nur unsere ordentliche alljährliche.
Ein Mitglied der neuformierten Gruppe "Münchner Löwen" erklärte uns, dass der Verein die Wünsche der Ultras kenne, aber nichts unternehmen würde.
Das kann ich so nicht bestätigen. Wir versuchen seit Wochen, über einen Mittelsmann ein Gespräch zu arrangieren, das wird seit Wochen verzögert. Wir wären bereit, auf ihre Wünsche einzugehen, falls sie realistisch sind.
Die Ultras beklagen, dass der Verein durch Ismaik und seinen Statthalter Anthony Power, "nicht mehr unser 1860" sei.
Wenn sie ohne Ismaik im Grünwalder Stadion Regionalliga spielen wollen, kann ich diesen Wunsch nicht erfüllen. Wenn wir aber gemeinsam versuchen, ein Verhältnis mit Geben und Nehmen zu schaffen, müssen sie sich mit den Realitäten auseinandersetzen. 100 Pyros oder Plakate mit der Aufschrift "Hasan not welcome" helfen dabei nicht weiter, er ist nun einmal da und das lässt sich nicht ändern, denn sonst gäbe es Sechzig nicht mehr im Profifußball. Diejenigen, die das nicht wollen, können gerne zu unseren Amateuren gehen.
Ein weiteres Thema, das die Gemüter erhitzte, ist die geplante Vertragsauflösung von Karim Matmour.
Er hat nicht die Leistung gebracht, die sich der Trainer vorstellt. Das ist nun mal Fakt. Und auch, dass er bei einem Treffen wieder ausgeladen wurde, weil es ein Zerwürfnis gab. Mehr will ich dazu nicht sagen. Wenn ein Spieler vom Trainer nicht mehr gewollt ist, kann es Probleme geben. Es ist auch sein gutes Recht, sich einen Anwalt zu nehmen. Aber dass wir eine Kontaktsperre verhängt hätten, ist Blödsinn. Wir kommen unseren vertraglich vereinbarten Pflichten nach. Dabei steht ihm ein entsprechendes Training zu, das er in der U21 bekommt. Das ist ein Härtefall, aber kein Drama.
Vitor Pereira soll kürzlich von Leicester City umworben worden sein. Haben Sie Bedenken, dass er das Projekt 1860 vorzeitig beendet?
Nein. Es wundert mich nicht, denn er ist ein Glücksfall für uns. Der übrigens nicht einfach gehen kann, denn er hat Vertrag bis 2018. Aber ich weiß auch: Er steht voll zu 1860. Wir wollen mit Pereira und Ian Ayre, der in wenigen Wochen bei uns anfängt, durch Fußballsachverstand und Professionalität der beiden in jeder Hinsicht auf die nächste Ebene. Dazu sollten wir weder jetzt noch nächste Saison 14. werden.