„Das Licht brennt noch“

Antonio Rukavina wird nicht verkauft und 1860-Geschäftsführer Niemann zieht eine erste schwierige Bilanz. Hier verrät er, dass die Lizenz doch nur unter Auflagen erteilt wurde und jetzt Wirtschaftsanwälte einen Sanierungsplan erstellen.
von  Abendzeitung
Ungeliebt bei den Fans und wohl doch die Spielstätte der Zukunft: Die Allianz Arena.
Ungeliebt bei den Fans und wohl doch die Spielstätte der Zukunft: Die Allianz Arena. © sampics/Augenklick

MÜNCHEN - Antonio Rukavina wird nicht verkauft und 1860-Geschäftsführer Niemann zieht eine erste schwierige Bilanz. Hier verrät er, dass die Lizenz doch nur unter Auflagen erteilt wurde und jetzt Wirtschaftsanwälte einen Sanierungsplan erstellen.

Tja, so sind sie die Löwen: Stets unberechenbar. Da reden sie wochenlang davon, dass sie wegen der angespannten Lage noch Spieler zu Geld machen müssen. Und was machen sie? Holen kurz vor Transferschluss noch einen neuen Spieler. Der peruanische Linksverteidiger Juan Barros (21), der in den letzten Wochen ein Probetraining bei Werder Bremen absolvierte, kommt für ein Jahr auf Leihbasis zu den Löwen.

Zugegeben, Barros, für den die Löwen seine erste Auslandsstation sind, dürfte den Spieleretat nicht allzu sehr belasten. Und doch entbehrt der Fall nicht einer gewissen Tragikomik. Rechtsverteidiger Antonio Rukavina, den die Löwen Dienstagvormittag auf die Transferliste setzen ließen, bleibt in Giesing. Der geplante Wechsel zu einem ausländischen Verein, mit dem Stevic den ganzen Nachmittag über verhandelte, platzte. Trainer Reiner Maurer und Stevic dürfte das insgeheim freuen. „Antonio hat in den ersten beiden Saisonspielen richtig gut gespielt“, meinte Stevic noch am Montag, „so einen Spieler verkaufst du nicht, wenn du nicht unbedingt musst.“

Und gemusst hätte er eigentlich schon.

„Wir brauchen akut frisches Kapital. Der verlorene Prozess mit dem FC Bayern hat unsere wirtschaftliche Lage sicher nicht verbessert“, sagte Niemann noch gestern Mittag, „das sollte niemanden überraschen. Wir haben mit dem FC Bayern einen Zahlungsplan aushandeln können. Nun arbeiten wir daran, dass wir den auch einhalten können“, so Niemann. Die größte Hoffnung auf die kurzfristige Verschaffung von frischem Geld hatte Niemann dabei in den Verkauf Rukavinas gesetzt. „Sein Verkauf würde sich für unsere wirtschaftliche Stabilisierung sehr stark rechnen“, sagte Niemann. Und weiter: „Das wäre zwar noch nicht der der finanzielle Befreiungsschlag, aber dann wären wir erst mal aus dem Gröbsten raus.“

Tja, das hat dann wohl nicht geklappt. „Wenn der Verkauf scheitert, müssten wir uns was anderes überlegen“, meinte Niemann noch. Auf die Frage, was das sein könnte, hatte der Geschäftsführer mit den Schultern gezuckt.

Zu behaupten, dass es den Löwen derzeit mal wieder ziemlich nass reingeht und auf Niemann nun äußerst arbeitsreiche Wochen warten, ist wohl keine Übertreibung. Niemann: „Wir haben mittlerweile Wirtschaftsexperten und Wirtschaftsanwälte beauftragt, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten, damit wir die Trendwende einleiten können.“

Moment: Wirtschaftsanwälte? Sanierungskonzept? Hoffen, dass man eben erst ausgemachte Zahlungspläne einhalten könne? Das wirft doch Fragen auf nach der tatsächlichen finanziellen Lage der Löwe

Wie ernst ist die finanzielle Lage bei 1860 tatsächlich?

Schwer zu sagen. „Es gibt immer wieder Situationen, in denen es extrem eng und angespannt ist“, sagte Niemann, der sich aber gegen die Begriffe „Pleite“ und „Insolvenz“ wehrte. „Wir haben die Gehälter bezahlen können, das Licht brennt noch, wir stehen hier und reden mit Ihnen“, sagte Niemann.

Wie könnten die Löwen jetzt kurzfristig zu Geld kommen

Auf die klassische Tour: Niemann möchte noch weitere Sponsoren gewinnen. Schon jetzt, meinte der Geschäftsführer, sei klar, dass „dieses Jahr eines der erfolgreichsten werden wird in Sachen Sponsoring". Tatsächlich hatte Niemanns Vorgänger Manfred Stoffers während seiner Amtszeit einen Haufen neuer und lukrativer Sponsoren-Verträge für 1860 ausgehandelt – das zu toppen, wird sicher schwer. Desweiteren setzt Niemann auch auf eine Stoffers-Erfindung. Die 1860-Vermarktungsgesellschaft LSV, in der Investoren an künftigen Spielerverkäufen partizipieren können, sei ein sehr interessantes Modell und werde gut angenommen, meinte Niemann. Von der ebenfalls von Stoffers initiierten Löwen-Anleihe scheint Niemann dagegen nicht allzu viel zu halten. Als kurzfristige Finanzierungshilfe tauge sie nicht.

Kann 1860 die DFL-Auflagen erfüllen?

Die Löwen haben ihre Zweitligalizenz nur mit Auflagen erhalten. „Die Lizenz für diese Spielzeit wurde unter bestimmten Bedingungen erteilt“, bestätigte Niemann. Alle drei Monate muss der Klub der DFL die aktuellsten Bilanzzahlen vorlegen und zusätzlich dazu einen vorgegebenen Sparplan erfüllen, der nächste Stichtag ist Ende September. Niemann: „Wir versuchen, diese Bedingungen einzuhalten.“ Versprechen kann er es nicht. Vergangene Woche habe er die DFL bei einem persönlichen Treffen über die finanzielle Lage bei 1860 informiert. „Es waren offene und konstruktive Gespräche", meinte Niemann. Er sei sich sicher, dass der Ligaverband genau die Entwicklung bei den Löwen verfolgen werde.

Wie können Mannschaft und Fans helfen?

Trainer Reiner Maurer hofft, dass seine Jungs weiter so erfrischend offensiv spielen wie zuletzt beim 3:1-Sieg gegen Osnabrück. „Nach Berlin sollten wir das Team mit den meisten Zuschauern in der Liga sein", meinte Maurer, "wenn wir weiter so spielen, dass sich die Fans mit unserem Fußball identifizieren können, dann denke ich, dass wir 30.000 Zuschauer im Schnitt erreichen können", so Maurer. „Die Zuschauer helfen uns natürlich auch finanziell", meinte Niemann. „Ich hoffe, dass diejenigen, die Stefan Aigner unbedingt hier behalten wollten, uns durch ihr Kommen in den nächsten Wochen unterstützen."

Filippo Cataldo

In eigener Sache: In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir geschrieben, dass der frühere Geschäftsführer Manfred Stoffers behauptet hätte, die Lizenz für diese Saison sei ohne Auflagen erteilt worden. Dies trifft nicht zu, Stoffers hatte im April in einer Meldung des Fachmagazins "Kicker" auf die Auflagen hingewiesen. Diesen Fehler bedauern wir.

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