Das Existenz-Spiel

Natürlich geht es im Pokal gegen Duisburg auch mal wieder ums Schicksal von Trainer Kurz. Aber für 1860 ist ein Sieg nicht nur aus sportlichen Gründen wichtig. Der Klub braucht Geld!
MÜNCHEN In welchen finanziellen Nöten sich der TSV 1860 tatsächlich befindet, erfuhren die Aufsichtsräte am Montag der Vorwoche bei ihrem außerordentlichen Zusammentreffen im VIP-Bereich der Allianz Arena, kurz vor dem 2:0 gegen Duisburg. Löwen-Schatzmeister Dr. Michael Hasenstab, Investmentbänker aus London, erläuterte den Räten um Ex-Telekom-Chef Jo Brauner die Situation. Sie ist angespannt.
Ein besorgter 1860-Funktionär: „Wir brauchen bis Winter 1,5 Millionen Euro, sonst stehen uns eisige Zeiten bevor.“ Was Geschäftsführer Stefan Reuter indirekt bestätigt: „Die finanzielle Situation tut natürlich sehr weh.“ Der Aufsichtsrat ist alarmiert. „Wir achten darauf“, sagt Aufsichtsrat-Chef Christoph Öfele zur AZ, „was Reuter tut.“
Am Dienstag (20.30 Uhr) geht es in der Allianz Arena wieder gegen Duisburg. Wie beim letzten Mal steht Marco Kurz unter Druck (vor acht Tagen hatten Daniel Bierofka und Timo Gebhart dem Trainer mit ihren Toren den Job gerettet). Aber heute geht es um noch mehr: Es geht um viel Geld, um Arbeitsplätze, regelrecht um Existenzen. Ein Ausscheiden kann sich 1860 kaum leisten; fürs Erreichen der dritten Runde gibt’s 454.267 Euro aus dem TV-Topf. „Das Spiel gegen Duisburg ist ganz, ganz wichtig. Kommen wir weiter“, sagt Öfele, „und kriegen dann ein attraktives Los, wäre das eine Riesen-Sache.“ Warum der Klub jeden Cent braucht:
Auflagen der DFL: Der Verein hat sich bei der Lizenzerteilung im Frühjahr verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2008 eine Eigenkapital-Zufuhr von 1,5 Millionen Euro nachzuweisen. Sollte dies nicht gelingen, hätte der Klub gegen die DFL-Vorgaben verstoßen. Ein 1860-Funktionär zur AZ: „Schafft es der Verein nicht, das Geld aufzutreiben, dann würde die DFL den Verein bestrafen: erst mit einer Geldstrafe, schlimmstenfalls mit Punktabzug.“
Neue Groß-Sponsoren sind nicht in Sicht. Und den Einstieg eines Investors, der sofort bereit wäre, Geld in 1860 zu pumpen, hat Löwen-Boss Rainer Beeck bislang abgelehnt.
Inzwischen soll es intern gar Überlegungen geben, die Bender-Zwillinge (Vertrag bis 2011) in der Winterpause teuer zu verkaufen. OB Christian Ude, Mitglied des 1860-Aufsichtsrats, hat der AZ bereits bestätigt, dass die Löwen Geld brauchen: „Ganz grob gesagt, fehlt uns ein Betrag in Millionen-Höhe. Umso wichtiger wäre es jetzt, wenn wir Erfolge auf sportlichem Gebiet erzielen könnten. Das würde es dem Verein leichter machen, Geldgeber zu finden, seien es Anleger oder Sponsoren.“
Ziffzer-Prozess: Ex-Geschäftsführer Stefan Ziffzer, der nach seiner Kritik am damaligen Präsidenten Albrecht von Linde gefeuert worden ist, klagt beim Landgericht München II auf Wiedereinstellung. Ziffzer, dessen Vertrag bis 2010 lief, soll bis Ende der Woche auf ein Schreiben der 1860-Anwälte antworten – dann kommt’s zum Gerichtstermin. „Sicher ist“, sagte Ziffzer der AZ gestern, „dass ich an der Klage festhalte.“ Eine Abstandszahlung von 500000 Euro für Ziffzer, die Beeck vorgeschlagen hatte, lehnte die Mehrheit im Aufsichtsrat ab.
Gorenzel-Trennung: Günther Gorenzel, der ehemalige Co-Trainer, wurde vor drei Wochen von Geschäftsführer Reuter beurlaubt. 1860 überweist weiter Gehalt, ohne Gorenzels Arbeitskraft in Anspruch zu nehmen. Reuter: „Natürlich müssen wir Gorenzel noch Geld zahlen.“ Der Vertrag läuft noch bis 30. Juni 2010, Gorenzel stünden geschätzte 300000 Euro zu.
O. Griss, Th. Klein