Dank dieser fünf Schachzüge gelang dem TSV 1860 der Überraschungssieg in Bielefeld

Der TSV 1860 siegt auch deshalb glücklich bei Arminia Bielefeld, weil die Löwen ein verbessertes Gesicht zeigen und der angezählte Coach Giannikis die Flucht nach vorne ergreift - eine AZ-Analyse.
von  Matthias Eicher
Die Löwen bedanken sich bei ihren nach Bielefeld mitgereisten Fans, die die drei Punkte auf der Alm feiern.
Die Löwen bedanken sich bei ihren nach Bielefeld mitgereisten Fans, die die drei Punkte auf der Alm feiern. © IMAGO/Noah Wedel

München - Was tun mit einer hochgradig verunsicherten Mannschaft, die nach vier Pleiten aus fünf Spielen am Tabellenende liegt und dann ausgerechnet beim noch ungeschlagenen Aufstiegsaspiranten funktionieren soll, der selbst den Sprung an die Tabellenspitze schaffen kann? Nun, die Sechzger scheinen da ein paar passende Stellschrauben gefunden zu haben.

Böse Zungen könnten behaupten, dass Löwen-Trainer Argirios Giannikis nach dem 1:0-Auswärtssieg bei Arminia Bielefeld selbst nicht so genau wusste, wie der TSV 1860 auf der Alm gewann. Und doch hat das Trainerteam einige Kniffe getätigt, die sich letzten Endes als gewinnbringend herausgestellt haben.

Sechzigs Sportchef Dr. Christian Werner (l.) und Trainer Argirios Giannikis.
Sechzigs Sportchef Dr. Christian Werner (l.) und Trainer Argirios Giannikis. © IMAGO / Eibner

"Man muss nicht gleich alles hochjubeln, wir müssen uns noch in vielen Bereichen weiterentwickeln", sagte Christian Werner der AZ nach dem Dreier, "aber man hat gesehen, dass die Truppe absolut intakt ist und einen tollen Charakter hat. So müssen wir weitermachen" Die AZ zeigt Sechzigs Erfolgsschachzüge:

TSV 1860 München: Giannikis rotierte vier Neue in die Startformation

Vier neue Startelf-Löwen: Mit Linksverteidiger Florian Bähr ersetzte Giannikis den zuletzt indisponierten Leroy Kwadwo, der beim 2:3 gegen Dynamo Dresden gleich an zwei Gegentoren seine Aktien hatte. Bähr zeigte sich engagiert und laufstark, seine Einwürfe erwiesen sich als Offensiv-Waffe ‒ eine, die 1860 aber zu selten zu nutzen wusste.

Auch die Hereinnahmen des wiedergenesenen Routiniers Morris Schröter, des Neulöwen Soichiro Kozuki und des Neu-Torjägers Patrick Hobsch waren nachvollziehbar.

Während Mentalitätsspieler Schröter sofort wieder alles auf den Rasen warf und Kozuki immerhin Ansätze höherer fußballerischer Qualitäten zeige, hing Hobsch zwar in der Luft, ließ sich aber nicht hängen und leistete fleißig Defensivarbeit. Um die Bielefelder Dampfwalze zu bremsen, war hauptsächlich ebensolche Verteidigen gefragt.

1860-Torwart Vollath treibt an und sichert ab

Unpopuläre Entscheidung, sicherer Rückhalt: Mit der Verpflichtung von Torhüter René Vollath und der Degradierung von Publikumsliebling Marco Hiller hatten sich Giannikis und Sport-Boss Werner wahrlich nicht nur Freunde gemacht im Löwen-Kosmos.

Doch der Auftritt des Routiniers (34) zeigte gleich zweierlei: Ohne die sportlichen Fähigkeiten des Ex-Hachingers hätte 1860 nicht gesiegt. Der Schlussmann zeigte zudem seine Führungsqualitäten, indem er lautstark, durch schnelle Abwürfe oder ein geschicktes Häkchen auch einen derartigen Einfluss auf das Spielgeschehen nahm, den man nicht unbedingt von einem Torhüter verlangen kann.

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Verlaat lässt seinen Forderungen Taten selbst folgen

Verlaats Führungsqualitäten: Sechzigs niederländischer Spielführer hatte schon vor Anpfiff Verantwortung übernommen und im AZ-Interview erklärt: "Jeder muss bereit sein, sein Herz auf den Platz werfen und sein Können zu hundert Prozent abrufen. Das wird ganz entscheidend sein ‒ und dann können wir auch auf der Alm gewinnen."

Gesagt, getan und Verlaat ging mit einer kampfstarken, leidenschaftlichen Willensleistung voran, dirigierte seine Abwehr um den wiedererstarkten Neuzugang Raphael Schifferl. Damit noch nicht genug: Nach dem Spiel dankte er den Fans: "Absoluter Arbeitssieg, das war ein dreckiger Sieg. Wäre ohne euch gar nicht möglich gewesen."

Löwen-Geduld und Glück zahlen sich auf der Alm aus

Sechzigs langer Atem: Die Giesinger sind sich der Tatsache durchaus bewusst, dass der zweite Auswärts-Dreier der Saison dank des phänomenalen 60-Meter-Treffers von Thore Jacobsen ein glücklicher war.

Dennoch gilt es festzuhalten, dass mehr als Dusel dazugehörte, weshalb 1860 das Spiel offenhalten konnte. "Man sieht in einem solchen Spiel, dass man brutale Nehmerqualitäten braucht", so Werner: "Es war klar, dass wir auf der Alm leiden müssen." Gelitten, gesiegt.

Altbewährtes System fruchtet beim TSV 1860

Zurück zu den Wurzeln: In Bielefeld wohl weniger entscheidend als leidensfähiges Personal, doch insgesamt vermutlich ein Schrittchen in die richtige Richtung: Giannikis' Abkehr vom 4-2-2-2-System scheint nachhaltiger Natur zu sein, auch auf der Alm lief 1860 im bewährten 4-3-2-1 auf. Ein Schachzug, der sich auch am Mittwoch gegen Hannover II (19 Uhr) positive Wirkung haben soll.

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