Chaosverein 1860: Wirbel um DFL-Brief
MÜNCHEN - Der Investor-Deal scheint nicht an der DFL gescheitert, wie das Präsidium behauptet, sondern am Widerstand im eigenen Klub. Ein blaues Debakel.
Tja, die Herren Rainer Beeck, Franz Maget und Michael Hasenstab: Da haben die 1860-Präsidiumsmitglieder mal Bemerkenswertes geleistet. Sie haben sich grandios blamiert, indem sie den furios angekündigten Einstieg eines Klubinvestors wieder verworfen haben (AZ berichtete). Und dann haben sie auch noch ihre Glaubwürdigkeit beschädigt.
Maget war ja am Montagabend sogar im Fernsehen aufgetreten, um kundzutun, was der Klub zuvor schon in einer Pressemitteilung behauptet hatte: Die Pläne, Millionen vom Investor Nicolai Schwarzer in Anspruch zu nehmen, seien an Einwänden des Liga-Verbandes DFL gescheitert. Maget wörtlich: „Es gibt mit der DFL eine ganze Reihe von Abstimmungsproblemen.“
Dabei hatte die DFL den Investor-Deal keineswegs verboten. „Die Pressemitteilung (...) von 1860 vom gestrigen Abend war nicht mit der DFL abgestimmt. Es gibt bislang keine Untersagung des angekündigten Investoren-Einstiegs“, hieß es in einer am Dienstagmorgen von der DFL verschickten Erklärung.
Mittags wiederholte 1860 sogar die Darstellung, der Schwarzer-Deal sei am Montag „von der DFL schriftlich“ gebremst worden. Bei der Liga wollte man von einem solchen Schreiben nichts wissen. Finanzgeschäftsführer Christian Müller sagte nur: „Wäre es zu dem geplanten Gespräch mit 1860 gekommen, hätten wir die zuständigen Vertreter des Klubs darüber informiert, dass mehrere Passagen des Vertrags nicht mit den Statuten vereinbar sind." Man hätte den Vertrag natürlich nachbessern können. Aber da war der Investor-Plan bereits durchgefallen: gescheitert auch am Widerstand aus den eigenen Reihen!
OB Christian Ude, der 1860-Aufsichtsrat, hatte Bedenken angemeldet und mochte das Geschäft nicht abnicken (s. Seite 21). Davon freilich hat sein Spezl Maget im Fernsehen lieber nichts erzählt. Er schob allein die DFL als Motiv für die Kehrtwende vor. Dabei kannte er Udes Urteil schon. Der OB: „Ich habe die fünf Vertragstexte genauer studiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich diesen so nicht unterstützen kann, da er einem Minderheiteneigner zu große Kompetenzen zugesprochen hätte.“ Und: „Das Thema wurde völlig falsch angegangen.“
Vom TV-Studio fuhr Maget am späten Montagabend zum Flughafen ins Hotel Kempinski fuhr. Dort saßen Beeck und Hasenstab mit Investor Schwarzer zusammen, der eilig aus Berlin eingeflogen war. Sogar ihren Möchtegern-Geldgeber hatten die Oberlöwen verstört. Schwarzer zur AZ: „Ich bin nach München gekommen und hatte erwartet, dass mir das Präsidium die konkreten Vorbehalte der DFL nennt. Aber die gibt es offenbar noch gar nicht. Es geschah alles nur auf Zuruf und gerüchteweise." Allerdings gibt es Hinweise, dass der Immobilienmakler weiter bereit wäre, in 1860 zu investieren: Wenn im Präsidium jemand die Verantwortung für die neuen Chaostage übernähme und Miroslav Stevic Sportdirektor bliebe. Stevic möchte weitermachen.
Der Klub steht also wieder mal vor einer Zerreißprobe. Gegen das Präsidium regt sich Widerstand. Überall keimt Argwohn. Von personellen Konsequenzen in der Löwen-Führung ist die Rede. Und die Gemengelage ist diffizil (siehe Texte unten). „In der Führung gibt es, weiß Gott, Redebedarf“, sagt Ude. Auch 1860-Vermarkter IMG ist verstört. Gestern traf man sich zu Klärungsgesprächen im Landtagsbüro von SPD-Mann Maget.
Am Abend klärte sich zumindest der Zwist mit der DFL um die Formulierung. Die 1860-Pressestelle versandte eine weitere Mitteilung: Darin enthalten ein Brief (vom Dienstag) aus der Ligazentrale an 1860-Geschäftsführer Markus Kern. Und darin eine „vorläufige Einschätzung“ der DFL, dass der Vertragsentwurf des 1860-Präsidiums „in Teilen“ nicht mit den Vorschriften vereinbar sei. Kern hatte am Wochenende mit DFL-Vertretern in Sachen Investor telefoniert. Nun hatte er’s schriftlich. Die anderen Probleme werden die Löwen nicht so leicht lösen können.
Michael Schilling, Filippo Cataldo, Oliver Griss