Bloß keinen Horror!

Was ist wirklich mit Berkant Göktan los? Löwen-Doc Widenmayer diagnostiziert ein Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom beim Spielmacher. Seine Blutwerte aber sind normal.
von  Abendzeitung
Fällt auf unbestimmte Zeit aus: Berkant Göktan leidet an einem seltsamen Virus.
Fällt auf unbestimmte Zeit aus: Berkant Göktan leidet an einem seltsamen Virus. © sampics/Augenklick

Was ist wirklich mit Berkant Göktan los? Löwen-Doc Widenmayer diagnostiziert ein Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom beim Spielmacher. Seine Blutwerte aber sind normal.

MÜNCHEN Gestern Nachmittag also haben die Löwen reagiert. 1860-Pressesprecher Jörg Krause hat eine Email in die Redaktionen geschickt, darin geht es allein um Löwen-Spielmacher Berkant Göktan und dessen Fehlen.

Der Offensivspieler hatte sowohl das Pokalspiel in Neustrelitz (2:0) als auch den Zweitliga-Auftakt in Freiburg (1:2) verpasst. Als Grund ist eine Virusinfektion angegeben worden. Gestern nun wollte Pressesprecher Krause schriftlich aufklären, was genau da los ist. Krause bittet in dem Schreiben darum, „keine Schreckensszenarien“ darzustellen. An anderer Stelle ist von „Horrorszenarien“ die Rede, die doch, bitteschön, vermieden werden sollen.

Die Begriffe deuten an, wie ernst die Causa Berkant Göktan (27) genommen wird an der Grünwalder Straße und wie ungelegen sie den Löwen kommt. Was in der Email erklärend wirken soll, liest sich so: „Die ärztliche Diagnose lautet Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom.“ Festgestellt durch 1860-Mannschaftsarzt Willi Widenmayer.

Außerdem heißt es dort: „Das kommt in vielen Berufen vor, wo Druck und Belastung sehr hoch sind.“

Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom also. Damit hat ein früherer Löwenstürmer schon Erfahrungen gemacht. Olaf Bodden, einst am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt, musste Ende der Neunziger Jahre wegen dieses Syndroms schließlich seine Karriere beenden. Beim FC Bayern sah sich Trainer Ottmar Hitzfeld nach seinem ersten Ausscheiden 2004 zu einer schöpferischen Pause gezwungen, er habe sich ausgebrannt gefühlt, sagte er. Burnout eben.

Naturgemäß sind sie bei 1860 bemüht, keine solchen Vergleiche zu ziehen. Sprecher Krause schreibt: „Es ist auch so, dass unsere Ärzte jederzeit den Rat eines Experten hinzuziehen. Die Ursache in diesen Krankheitsfällen kann auch auf einen Virus zurückzuführen sein. Berki fühlt sich platt. Das sind so Tage, an denen wir uns alle müde, krank oder sehr kaputt fühlen.“

Seit über zwei Wochen ist Göktan, der in 37 Zweitligaspielen 20 Tore für die Löwen erzielte, nun krank gemeldet. 1860-Teamarzt Willi Widenmayer: „Die Blutwerte haben nichts ergeben, aber es ist eindeutig so, dass eine Art Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom vorliegt. Das muss man sehr ernst nehmen.“ Widenmayer findet aber auch: „Berkant macht sehr gute Fortschritte, er wird bald wieder an die Mannschaft herangeführt.“

Was genau mag man sich darunter vorstellen? Offenbar ist sich auch Cheftrainer Marco Kurz nicht ganz sicher. „Wir sind weiter im Ungewissen“, klagte der Coach gestern. „Am Sonntag gegen Mainz wird Göktan kein Thema sein und auch nicht für die Startelf gegen Ahlen in Frage kommen.“ Das ist erst am übernächsten Sonntag. Trotzdem sagte Kurz: „Er kommt bald wieder.“

Letzte Woche hatte der Trainer seinen Problemkicker noch gemaßregelt. Göktan hatte weite Teile der Vorbereitung verpasst, war barfuß in eine Glasscherbe getreten; die Wunde hatte sich entzündet. Nach Göktans neuerlicher Krankmeldung hatte Kurz gesagt: „Ich kann nicht ständig Schattenmann spielen, aber er sollte Dinge beherzigen, die jeder Profi vorleben sollte.“

Göktan selbst hat darauf nicht reagiert. An der Grünwalder Straße ist er zuletzt nicht mehr erschienen, telefonisch war er nicht erreichbar, auch gestern für die AZ nicht. „Ich weiß nicht, was mit ihm ist“, sagt Mittelfeldspieler Danny Schwarz über seinen Kollegen, „Berkant wird schon wieder kommen.“

Auch wenn nicht ganz klar ist, wann das sein soll.

Oliver Griss

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