Blauer Fokus: Wie die Löwen wieder zu sich selbst finden wollen

Sportchef Gorenzel erhöht den Druck auf Trainer Köllner und fordert von allen Löwen: Besinnt euch auf die Realität! Dumm nur, dass das Heimspiel gegen Waldhof Mannheim verlegt werden muss.
von  Matthias Eicher
Buchbacher Befreiung: Stefan Lex (l.) und Köllner.
Buchbacher Befreiung: Stefan Lex (l.) und Köllner. © sampics / Stefan Matzke

München - Es war alles angerichtet für ein weiß-blaues Fußball-Fest. Erstmals wären wieder 15.000 Zuschauer auf Giesings Höhen dabei. Mit dem Spirit des 3:2-Sieges von Matchwinner Stefan Lex und Co. im Totopokal-Viertelfinale gegen Regionalligist Buchbach rein in die Liga. Nach sechs sieglosen Spielen auch dort endlich siegen! Und dann das: Corona-Chaos bei Gegner Mannheim, Spiel verlegt.

Blöd für den TSV 1860, dass das für Samstag angesetzte Heimspiel gegen Waldhof Mannheim auf Antrag der Gäste abgesagt worden ist (Nachholtermin unklar).

Gorenzel: "Unser Fokus muss in der Realität liegen"

Schließlich bringt so eine spontane Spielverlegung immer unnötigen, organisatorischen Extra-Aufwand mit sich. Blöd aber auch, da die Spannung nun (erstmal) abfällt bei den Sechzgern und durch einen internen 3x30-Minuten-Test am Vereinsgelände abgefangen werden soll. Gewiss wäre ein Vergleich mit quarantänegeschwächten Waldhöfern in den Augen der Giesinger die bessere Idee gewesen.

Will man es positiv formulieren, hat 1860 nun noch länger Zeit, um sich jenen Dingen anzunehmen, die Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel zuletzt forderte: Am Donnerstagabend bei den Landtags-Löwen, dem Sechzger-Stammtisch im Maximilianeum, fand der frisch 50 Jahre alt gewordene Sportchef sehr deutliche Worte: "Unser Fokus muss in der Realität liegen." Der Gorenzel-Appell ans Löwen-Rudel: blauer Fokus!

Wie der Österreicher unumwunden zugab, sei das in der Vergangenheit nicht so gewesen - aufgrund vieler Störfaktoren. "Der Fokus von einigen der handelnden Personen war nicht im Hier und Jetzt." Auch Trainer Michael Köllner darf sich angesprochen fühlen: Der Flirt des 51-Jährigen mit dem österreichischen Erstliga-Klub Austria Wien war wohl intensiver, als es den Anschein machte. Nicht ganz von ungefähr kommt daher, dass Kommunikationsprofi Gorenzel Chefcoach Köllner keine Jobgarantie geben wollte ("Fußball ist ein Wochengeschäft"): Der Sportchef, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, erhöht den Druck auf Trainer und Team - auch, um sich selbst und seine Transfers, die in den vergangenen Monaten und Jahren nicht immer eingeschlagen haben, zu schützen. Er weiß: Jetzt zählen bei 1860 nur noch nackte Resultate.

Die weiß-blaue (Ergebnis-)Krise lässt sich Gorenzel zufolge anhand zweier Dinge nachvollziehen. "Wir hatten ein großes Ziel, das haben wir verpasst und dem lange hinterhergetrauert", so Gorenzel über den knapp verpassten Aufstieg in der vergangenen Spielzeit. Zweitens: Eine Vielzahl an Fußball-Experten hätten seine Sechzger in die Favoritenrolle gedrängt und ihnen damit einen Bärendienst erwiesen: "15 Drittligatrainer haben uns in einer Umfrage vor der Saison als Meisterkandidat gesehen. Das macht was mit den Spielern." Schließlich seien sie "Menschen mit Seelen". Viele Akteure hätten geglaubt, es geht "vielleicht einfacher, wenn 15 Trainer sagen, du kannst Meister werden" und man werde "das schon irgendwie spielerisch lösen".

Gorenzel: "Im Fußball kommt es oft auf Kleinigkeiten an"

Gorenzel und Köllner, die sämtliche Strategien und Transfers ausdiskutieren und stets gemeinsam entscheiden würden, sind laut Gorenzel zwar nicht davon ausgegangen, dass Torjäger Sascha Mölders seine Statistiken (22 Saisontore) bestätigen könne. Daher habe man mit Marcel Bär und Yannick Deichmann zwei Neuzugänge verpflichtet, die "in der Dritten Liga schon unter Beweis gestellt haben, dass sie zweistellige Scorerpunkte liefern können".

Doch nach "nur" zwei Siegen in elf Spielen müsse man nun unumwunden feststellen: "Klar sprechen das Tabellenbild, die Erwartungshaltung und unser Potenzial keine einheitliche Sprache, das brauchen wir nicht schönzureden."

Fakt sei aber auch, so Gorenzel: "Wir haben sieben Mal Unentschieden gespielt. Im Fußball kommt es oft auf Kleinigkeiten an." Schließlich habe 1860 Qualität, wenn sich Trainer, Team und alle Beteiligten auf das Wesentliche besinnen: "Die Dinge spielen sich hier oben ab", sagte der Österreicher und deutete sich an den Kopf. Ob sein Appell Wirkung zeigt?

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