Blaue Farbbeutel, rotes Konfetti

Bei den Löwen kippt die Stimmung: Mini-Demo auf dem Marienplatz, „Schäfer-raus!”-Rufe, Attacken auf Vize Maget und den FC Bayern
AZ Sportredaktion |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Rund 150 Löwen-Fans sind am Samstagabend für die Rettung des TSV 1860 München auf die Straße gegangen. Die Bilder von der Demo am Marienplatz.
Gregor Feindt Rund 150 Löwen-Fans sind am Samstagabend für die Rettung des TSV 1860 München auf die Straße gegangen. Die Bilder von der Demo am Marienplatz.

MÜNCHEN Wofür so alte Hemden noch verwendet werden bei den Löwen: „Pro Stoffers" scheint spiegelverkehrt auf den 16 T-Shirts durch, die während der Jahresversammlung der Fußballabteilung, mit 17641 Mitgliedern größte Abteilung des Vereins, in die Höhe gereckt werden. Stoffers, jener Geschäftsführer, der sich einst großmäulig mit dem FC Bayern anlegte, hat hier noch immer Fans. Ganz im Gegensatz zu seinem Nach-Nachfolger. SCHÄFER = VERRÄTER steht auf der Vorderseite dieser T-Shirts. „Schäfer raus!", skandiert der Saal dazu ausdauernd. Und: „Wir sind Blaue – und ihr nicht!"

In dieser Atmosphäre findet die Löwen-Versammlung im Kulturhaus Milbertshofen statt. 450 Mitglieder sind gekommen, die meisten sind Befürworter einer Insolvenz und wollen den Neustart im Amateurlager. Robert Schäfer ist gar nicht erst gekommen.

Geleitet wird die Fußballabteilung, die die traditionell gute Jugendarbeit bei 1860 organisiert, von Robert Reisinger, auch er ein Schäfer-Kritiker. In seinem Grußwort führt er die rückläufigen Mitgliederzahlen (seit Saisonbeginn fast 500 Mitglieder weniger) auf die Identitätslosigkeit eines Vereins zurück, der die Hilfe des FC Bayern in Anspruch nimmt. Die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung sei mangelhaft, zudem habe die KGaA im Juni 2010 die Zahlungen an die Abteilung für den Jugendfußball eingestellt.

Viele der Anwesenden nutzen jedes Argument Reisingers zu Unmutsbekundungen gegen Schäfer, gegen die Allianz Arena, gegen Sportdirektor Miki Stevic, gegen den FC Bayern. Bierkeller-Stimmung.

Die Löwen geben ein schauriges Bild ab in diesen Tagen, in denen Geschäftsführer Robert Schäfer und Präsident Dieter Schneider verzweifelt um die Sanierung kämpfen. Selbst Schneider, eigentlich ob seiner Integrität von allen Gruppierungen geschätzt, hat es schwer in dieser Atmosphäre. „Ich sehe es als meine Verpflichtung an, solange zu kämpfen und die Rettung zu versuchen, solange es vernünftig ist”, sagt er. Man dürfe unterschiedlicher Meinung sein, aber offen sein für sachliche Argumente, mahnt er. „Ich fürchte, dass wir das hohe Niveau unserer Jugendabteilung nach einer Insolvenz nicht werden halten können”, sagt Schneider, der mit einem persönlichen Bekenntnis schließt: „Dass hier geschrien wird, dass wir keine richtigen Löwen sein sollen, das tut schon ein bisserl weh.” Später kommt es noch schlimmer: Sein Vize-Präsident Franz Maget wird mit roten Konfetti beworfen. Zu sagen, dass dieser Klub in sich zerrissen ist, wäre untertrieben. Den Löwen droht ein Fan-Aufstand – eine regelrechte Spaltung. Der übliche Löwen-Irrsinn: derzeit noch wahnsinniger als sonst. Weitere Beispiele gefällig?

Demonstration am Marienplatz:

Lediglich 150 Fans folgten Samstagabend einem Aufruf im Internet, für die Rettung der Löwen zu demonstrieren. Einige haben Kerzen dabei, es werden Wunderkerzen verteilt. „Ich denke, dass viele Angst haben vor denen, die gegen eine Rettung sind”, sagte eine Organisatorin, die nicht namentlich genannt werden möchte. Sie habe Angst um ihre Kinder. Präsident Schneider haben sie gar nicht eingeladen – worüber er sich auch wundert. Gekommen sind dafür einige, für die sich die Löwen schämen müssen. Zehn Anhänger aus der Neonazi-Szene sind da und geben den üblichen Schwachsinn von sich. „Lieber Ehre und Stolz und wir gehen in die Bayernliga, als dass wir rotes Geld annehmen", riefen sie.

Farbbeutelanschlag auf den FC Bayern:
 

In der Nacht auf Samstag wurde ein Beutel mit blauer Farbe auf das Service-Center des FC Bayern in der Säbener Straße geworfen. Die oder der Täter sind nicht bekannt, die Löwen gehen aber davon aus, dass er aus ihrem Lager kommt. „Jeder soll seine Meinung sagen können”, meint Präsident Schneider, „aber Vandalismus und so ein Schwachsinn, das geht gar nicht. Das ist sehr, sehr dumm.” Immerhin, selbst abputzen musste 1860 das Geschmiere nicht. Das erledigten die Bayern selbst.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.