Blaue Chaostage: Sechzigs Krise wird immer schlimmer

Der TSV 1860 ist wieder mal an einem der vielen Tiefpunkte seiner Geschichte angelangt. Nach dem 1:2 in Meppen brechen Konflikte im Inneren auf, der Verein taumelt in eine immer heftigere Krise.
von  Ruben Stark
Frust pur: Günther Gorenzel wollte Sechzig stabilisieren, nun wird bereits spekuliert, dass Benny Lauth ihn ersetzen wird.
Frust pur: Günther Gorenzel wollte Sechzig stabilisieren, nun wird bereits spekuliert, dass Benny Lauth ihn ersetzen wird. © sampics/Augenklick

Meppen/München - Ausgerechnet an diesem Ort, der in der Geschichte des TSV 1860 so einen besonderen Platz hat, führte eine handfeste sportliche Krise mitten hinein ins blaue Chaos.

1994 war das Emsland, war Meppen, der Schauplatz für den Bundesliga-Aufstieg der Löwen, 29 Jahre später für eine sportliche Bankrotterklärung – mit noch nicht absehbaren Folgen.

Löwen-Fans verlassen Block vorzeitig

Wo einst Peter Pacult, Bernhard Winkler und Thomas Miller unter Trainer Werner Lorant gefeiert und bejubelt wurden, schlichen ihre Nach-Nachfolger bedröppelt und deprimiert nach einem blamablen 1:2 auf dem Rasen. Die Fans hatten da den Gästeblock schon zahlreich verlassen, eine Reaktion, die es seit dem Abstieg in die Regionalliga 2017 lange nicht gegeben hatte.

Der Blick geht nach unten: Fynn Lakenmacher (l.) und Yannick Deichmann nach der bitteren Meppen-Pleite.
Der Blick geht nach unten: Fynn Lakenmacher (l.) und Yannick Deichmann nach der bitteren Meppen-Pleite. © sampics/Augenklick

Hasan Ismaik schimpft: "Fehlende Weitsicht"

Als ob aber das heftige sportliche Dilemma mit dem am Horizont verblassenden Aufstiegstraum (die zweigleisige Planung wird nun beginnen) nicht genug wäre, brachen die Gräben innerhalb des Klubs öffentlich sichtbar auf. Dafür sorgte Anthony Power, Statthalter von Investor Hasan Ismaik und Geschäftsführer der Merchandising GmbH, mit einem Post bei Instagram. "The biggest failure of leadership is the failure to foresee". schrieb er da. Frei Übersetzt: "Das größte Führungsversagen ist fehlende Weitsicht."

Groll auf Günther Gorenzel 

Wem sonst, als Sportchef und Interimstrainer Günther Gorenzel sollte dieser Spruch gelten? Zumal zuvor bereits ein ähnlich zu deutender Post gekommen war. Der Österreicher ist vor allem auf der Ismaik-Seite seit der Freistellung von Ex-Coach Michael Köllner derb in die Kritik geraten. Über die Entlassung hatte Gorenzel den jordanischen Gesellschafter nach AZ-Infos zwar informiert, aber nicht in den Prozess einbezogen. Damit zog er sich offenkundig Groll zu. Liegen hierin also auch die Gerüchte um Benjamin Lauth begründet?

Welche Rolle bekommt Benjamin Lauth?

Wahrscheinlich. Die Idee, Gorenzel möglicherweise durch den Ex-Löwen-Profi zu ersetzen, stammt jedenfalls nicht von der e.V.-Seite. Anders sieht es aus, wenn es darum geht, Lauth perspektivisch in den Verein einzubinden.

Für Gorenzel ist dies vermutlich einerlei. Der 51-Jährige steht zur Disposition, eine Trennung im Sommer scheint bei all den Strömungen unvermeidlich.

Wer wird neuer Training beim TSV 1860 München?

Oder geschieht es gar früher? Am Donnerstag tagt nach AZ-Infos der Aufsichtsrat. Es sollen Entscheidungen fallen. Auch die überfällige in der immer drängenderen Trainerfrage? Sportlich und wirtschaftlich definierte Vorschläge liegen vor, aber es ist seit geraumer Zeit nichts passiert. Aus Bockigkeit wegen der Köllner-Trennung?

Einstweilen arbeitete Gorenzel am Sonntag weiter mit der tief verunsicherten Mannschaft, versammelte sie zu einer einstündigen Krisensitzung. Themen gab es dabei genügend. Nicht nur, dass die Phase der Erfolglosigkeit nunmehr einen einzigen Sieg aus den letzten neun Begegnungen umspannt. 1860 half dem Tabellenletzten dabei, nach 17 sieglosen Spielen oder 181 (!) Tagen seit Mitte August mal wieder zu gewinnen und zwei Plätze zu klettern.

Der Blick geht ins Leere: Erik Tallig (vorn) und Semi Belkahia verlassen geknickt den Rasen.
Der Blick geht ins Leere: Erik Tallig (vorn) und Semi Belkahia verlassen geknickt den Rasen. © sampics/Augenklick

Zusätzlich zur Wadenverletzung Leandro Morgallas, der Schulterblessur bei Kapitän Stefan Lex und der Gelb-Sperre für Quirin Moll erkannte Gorenzel diese Defizite: "In den ersten 25 Minuten haben wir zu viele zweite Bälle hergeschenkt. Wir trauen uns außerdem zu wenig, den Ball zu kontrollieren und entschlossen auf das gegnerische Tor zu spielen. Wir unterschätzen die Dinge noch immer, auch in der letzten Überzeugung. Jedem muss endgültig bewusst sein, dass es nicht immer nur über spielerische Mittel geht."

Eine ziemliche Litanei, über die Zweitliga-Rückkehr braucht da wirklich keiner mehr zu reden. Die Bilanz der letzten Monate gleicht der eines Absteigers. Marcel Bär meinte bei MagentaSport frustriert: "Wir sind in einer schweren Situation, das sieht jeder." Aber nicht jeder reagiert darauf seriös und professionell...

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.