Bierofka - der Tabellen-Ignorant

"Die Tabellenführung bedeutet mir momentan wenig. Ganz wenig", sagt Löwen-Trainer Bierofka. Er ermahnt seine Mannschaft und meint: "Ich muss die Jungs auch mal aus dem Himmel holen".
München - Beim TSV 1860 läuft derzeit – im Gegensatz zur tristen Regelmäßigkeit der vergangenen Jahre voller Chaos – vieles nach Plan. Zumindest sportlich. 18 Punkte aus sieben Spielen, Tabellenführer der Regionalliga Bayern. Der jüngste 5:0-Kantersieg am vergangenen Donnerstag versetzte Fans wie Spieler der Löwen ins Schwärmen. Nur einer gibt sich in der gegenwärtigen Lage als Mahner: Daniel Bierofka.
"Die Tabelle wird für mich relevant, wenn es gegen Ende geht"
"Wir haben erst den siebten Spieltag. Von 36. Die Tabelle wird für mich relevant, wenn es gegen Ende geht und wir dann vorne stehen", erklärte der Trainer der Sechzger auch noch zu Beginn der neuen Trainingswoche. Während sich die Giesinger mit Ausnahme der 0:1-Pleite beim TSV Buchbach schadlos hielten, liegen Bayreuth und ebenjene Buchbacher je fünf Zähler zurück. Die als Favoriten gehandelten Teams des FC Bayern II und der FC Schweinfurt 05 mussten zuletzt jeweils eine Niederlage hinnehmen und belegen nur die Ränge vier und fünf. Dennoch stellt Bierofka klar: "Die Tabellenführung bedeutet mir momentan wenig. Ganz wenig." Bierofka, der Tabellen-Ignorant.
Dabei liefert das Tableau im Gegensatz zur jüngeren Vergangenheit endlich einmal Grund zur Freude für die Sechzger-Anhänger. "In den letzten Jahren haben wir nicht viel Positives zu hören bekommen", so Bierofka, "deswegen bin ich schon froh, wenn da mal etwas Positives da ist." Auch, wenn es nach dem Absturz aus dem Profi-Fußball "nur" in der Regionalliga ist. Aber: Der 38-Jährige warnt trotzdem. Er wisse, "wie schnell es im Fußball geht. Wenn du einmal verlierst, bricht wieder alles zusammen." Bayern und Schweinfurt würden, Gesetz des Falles einer baldigen Löwen-Pleite und Siegen in ihren Nachholspielen, schon bald nicht mehr so deutlich hinter dem Spitzenreiter liegen.
Bierofka weiß auch, dass die Meisterschaft ohnehin nur Voraussetzung für den Einzug in die Aufstiegs-Relegation ist. Deshalb sagt er: "Ich versuche, den Weg mit der Mannschaft durchzuziehen, egal, was von außen einprasselt – jedes Spiel 90 Minuten lang, die ganze Saison." Mit etwaigen Schwärmern innerhalb der Mannschaft wisse er durchaus umzugehen – und diese zu erden: "Ich muss die Jungs auch mal aus dem Himmel holen, den Alltag vor Augen zu führen."
Anlass zur Zufriedenheit gibt dem 1860-Coach seine Offensive. Nicht nur, dass sich Torjäger Sascha Mölders, Taktgeber Timo Gebhart (je 5 Tore) und Außenangreifer Nico Karger (4) treffsicher zeigen, Bierofka lobt zudem das Kombinationsspiel: "Das sieht schon ganz ordentlich aus." Sechzig weist mit einer Tordifferenz von plus 16 mit Abstand den besten Wert auf (zum Vergleich: Bayern II liegt mit plus sechs auf Rang zwei). Bei sieben Gegentoren müsse man jedoch zusehen, "die Abläufe zu optimieren, vor allem in der Organisation gegen den Ball".
Bis Bierofka, wie zuletzt von seinen Akteuren praktiziert, mal selbst in die Kurve gehe, müsse "schon viel passieren". Trotz der Tatsache, dass die lebende Löwen-Legende nicht Mölders, Gebhart oder Karger, sondern Bierofka heißt, sagt dieser: "Die Spieler sind es, die im Vordergrund stehen und beglückwünscht werden sollen. Sie stehen auf dem Platz."
Dennoch deutet Sechzigs Tabellen-Ignorant immerhin an, wann er keine mahnenden Worte mehr sprichen würde, sondern mittendrin wäre in der weiß-blauen Feierei: "Mal schauen, was am Ende der Saison ist." Dann, wenn sich herausstellt, ob die Löwen ihr unausgesprochenes Saisonziel erreichen.