Bela Réthy: "Sechzig gegen den BVB - das ist Tradition pur"

Sportkommentatoren-Ikone Béla Réthy ist für das ZDF beim Pokal-Schlager des TSV 1860 gegen den Vizemeister Borussia Dortmund im Einsatz. Im AZ-Interview spricht er über diese besondere Partie.
Matthias Eicher
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Sportkommentatoren-Ikone Béla Réthy (ZDF).
Sportkommentatoren-Ikone Béla Réthy (ZDF). © dpa

München - AZ-Interview mit Béla Réthy: Der 65-Jährige ist einer der renommiertesten Fußball-Kommentatoren Deutschlands. Von 1996 bis 2018 kommentierte er alle vom ZDF übertragenen Endspiele bei Welt- und Europameisterschaften. Am Freitag ist er beim Pokal-Spiel der Löwen gegen Dortmund im Einsatz.

AZ: Herr Réthy, Freitag, 20.45 Uhr: In der ersten Runde des DFB-Pokals steht ein tolles Duell bevor: auf der einen Seite ein schillernder Traditionsverein, Meister und Pokalsieger, auf der anderen der BVB.

Béla Réthy: Sechzig gegen den BVB: Das ist Tradition pur. 1963, Stadion Rote Erde in Dortmund: Damals gab's ein 3:3. Es ist immer wieder schön, wenn die Löwen überregional zu sehen sind, auch, wenn es aktuell nur im DFB-Pokal ist. Einen Namen wie1860 könnte die Bundesliga gut gebrauchen.

Gehen wir recht in der Annahme, dass Sie im Grünwalder Stadion eine Premiere feiern?

Nein, ich habe die Löwen schon kommentieren dürfen, auch im Pokal. 1994, gegen Schalke, Achtelfinale. Damals war 1860 noch in der Bundesliga. Schalke hat 2:1 gewonnen, nach Verlängerung, trotz eines Treffers von Olaf Bodden. Ich habe dort auch mein allererstes Fußballspiel gesehen, als Kind. Damals haben wir in Brasilien gelebt, ich war auf Verwandtschaftsbesuch in München. Ich glaube, 1969. Auf schneebedecktem Boden, die Bayern gegen den 1. FC Köln. Mit großen Namen wie Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Gerd Müller.

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Dünnes Eis im 1860-Kosmos.

Ich will mal hoffen für die Löwen, dass die damalige Pokalniederlage und das Spiel des FC Bayern keine schlechten Omen sind (lacht). Aber wenn wir schon über damalige Zeiten sprechen: In den 60er-Jahren waren die Sechzger ja der erfolgreichere Verein! Sie waren in der Stadt auch lange populärer als die Bayern, das war zumindest mein Eindruck. Ich fand ihre blauen Trikots immer schön. Und die Atmosphäre im Grünwalder Stadion.

Freuen Sie sich schon auf Ihr Kommentatorenplätzchen, eine kleine Holzbox über der Haupttribüne?

Klar. Normal kommentiere ich ja im Freien. Das Grünwalder Stadion ist old school, da werde ich es mir mit Experte Hanno Balitsch kuschlig machen. Ich freue mich total, mitten im Wohngebiet in die Welt der Sechzger einzutauchen.

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Sie kommentieren seit Jahrzehnten die großen Spiele: WM, EM, internationale Spitzenspiele. Bereiten Sie sich auf die Sechzger anders vor?

Ich würde sagen, bei einem "normalen" Spiel, wie dem 7:1 gegen Brasilien 2014, dauert die Vorbereitung zwei Tage. Bayern und den BVB speichert man tief, da weiß man vieles aus dem Stegreif. Bei den Löwen? Zweieinhalb Tage. Flutlicht, 15 000 Fans, die Seele von Giesing - das wird auch den großen BVB beeindrucken. Über die Favoritenfrage müssen wir natürlich nicht reden.

Wie ordnen Sie die Löwen ein? Als schlafenden Riesen?

Sechzig ist jetzt zwei Mal Vierter geworden, hat den Aufstieg mehrmals knapp verpasst. In der letzten Saison haben sie mit den Siegen gegen Darmstadt 98 und den FC Schalke 04 für Furore gesorgt. Mit Michael Köllner haben sie einen sehr guten, intelligenten Trainer, den ich mal bei einer TV-Sendung kennengelernt habe. Er schaut auch über den Tellerrand hinaus. Ein bisschen ist es schon wie beim HSV: Man darf niemals denken, ein großer Name allein reicht schon. Er reicht nicht.

Lange Zeit war 1860 ja eher ein Chaosverein.

Beispiel Schalke: Tradition, Emotion und Bauchgefühl stehen quasi in der Vereinssatzung. Wenn das kalte Geschäft auch noch dazukommen muss, gibt es immer Konflikte. Die Finanzen müssen stimmen, der Verein braucht eine Philosophie. Man muss sich von großen Zeiten und Zielen verabschieden, die Fans mitnehmen, dann ist ein langsamer Wiederaufbau möglich - das geht nicht mit Paneelen und Leichtbauweise. Es muss handwerklich ein stabiles Fundament gelegt werden. Wenn man es politisch ausdrücken will, ist Sechzig ein Schwellenland.

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Um im Bild zu bleiben: Dieses Schwellenland hat aufgerüstet und möchte eine Industrienation werden.

Sie haben ganz gute Chancen, wieder in höhere Gefilde zu gelangen. Der Sieg in Dresden war der erste Wurf. Die Löwen haben neun neue Leute geholt, mit teils großer Erfahrung - und viel Potenzial. Mir gefallen Spieler wie Stefan Lex, ein schneller und vielseitiger Spieler mit Bundesliga-Erfahrung. Mit Fynn Lakenmacher haben sie einen Brecher. Auf Dauer ist die Dritte Liga leider auch existenzgefährdend. Vielleicht kann es 1860 nun schaffen - und den Borussen in einem Spiel Paroli bieten.

Bleibt zu klären, wie Sie die Sechzger in einem Ihrer letzten Spiele zu einem Pokalsieg kommentieren könnten.

Sie haben einen kleinen Bonus, indem die Liga schon läuft. Die Vorbereitung beim BVB lief nicht optimal, dazu die furchtbare Krebsdiagnose von Sebastien Haller. Wenn es 1860 gelingt, nicht zu früh in Rückstand zu geraten oder ein Tor zu schießen, werden auch große Teams nervös. Schön, dass ich neben der WM in Katar noch ein solches Highlight erleben darf.

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3 Kommentare
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  • Münchner Kindl am 29.07.2022 17:33 Uhr / Bewertung:

    Hallo Jennerwein. Danke für die faire Berichtigung

  • Jennerwein am 29.07.2022 18:17 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Münchner Kindl

    Naja, bevor es einer von Euch Roten tut, mach ma des bessa selba,

    Das mindeste was ich von einem Sportreporter erwarte ist, das er sich vor einem Spiel ausreichend informiert. Mia graut schon, was der im Spiel wohl alles verzapft.

  • Jennerwein am 29.07.2022 16:55 Uhr / Bewertung:

    Tut mir weh, wenn ich das schreibe, aber für einen internationalen Sportreporter, der jetzt das Spiel auch noch kommentiert, ist sein Wissen unter aller Sau.

    "In den 60er-Jahren waren die Sechzger ja der erfolgreichere Verein!"

    Leider vollkommen falsch.

    Wir: 1 x Meister, 1 Pokalsieger!

    Bayern: 1 x Meister, 2 x Pokalsieger, 1 x Europapokalsieger der Pokalsieger

    Tut mir Leid das mußte sein. Es geht ums Prinzip, Herr Rethy

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