"Beim TSV 1860 ist nichts mehr entspannt": Ex-Löwe Stephan Hain blickt nach Karriereende zurück
München - Stephan Hain kennt sich aus bayerischem Fußball: Gebürtig aus Zwiesel startete der Stürmer seine Profilaufbahn beim FC Augsburg. Der jetzt 34-Jährige spielte von 2013 bis 2016 beim TSV 1860, dann wechselte der Stürmer zur SpVgg Unterhaching.
Nun hat er seine Karriere beendet. Im AZ-Interview spricht Stephan Hain über seine verletzungsgeplagte Zeit als Profi und seine Pläne als Fußballrentner.
AZ: Herr Hain, wie war das am Samstag, den 22. Juli, gegen 18 Uhr: Wie hat sich Hachings Vereinslegende bei der Verabschiedung im Rahmen des Tests gegen Ex-Klub TSV 1860 gefühlt?
STEPHAN HAIN: Schon ein bissl emotional. Ich war lange Zeit Fußballprofi, lange bei Haching. Es war irgendwie ein merkwürdiger Tag und ich war wehmütig, das jetzt hinter mir zu lassen. Aber auch schön, mit dem Sieg gegen die Löwen ein guter Rahmen. Ich bin dankbar, dass Haching das ermöglicht hat.
Stephan Hain beendet Karriere: "Es hat sich nicht mehr richtig angefühlt"
Was bedeuten Ihnen die Worte von Präsident Manni Schwabl, der Sie als Sportler, wie auch als Mensch geadelt hat?
Es hat mich sehr gefreut zu hören, was der Manni gesagt hat. Ich bin natürlich stolz darauf, wenn man mich als Haching-Legende bezeichnet. Aber es ist schon schön, nicht nur fußballerisch Spuren hinterlassen zu haben, auch als Mensch anerkannt und angesehen zu sein.
Hat Haching nicht versucht, Sie nach dem Aufstieg zum Bleiben zu überreden?
Doch schon, aber der Manni hat auch klar gesagt: "Haino entscheidet selbst, wann er aufhört." Das habe ich jetzt getan.

Wie viele schlaflose Nächte hat Sie diese Entscheidung gekostet?
Ach, das waren gar nicht so viele. Vor vier, fünf Wochen hätte ich gesagt: "Ich mach' weiter!" Aber es hat sich nicht mehr richtig angefühlt, dieses Gefühl hat sich dann verstärkt. Es hat vielleicht auch fehlendes Vertrauen in meinen Körper hineingespielt: Mein Anspruch war und ist, immer zu spielen, von Anfang an. Ich bin durch die Verletzungen nicht mehr dort, wo ich mal war, möchte kein Reservist sein. Dann habe ich gesagt: "Das war's!"
"Beim TSV 1860 waren es leider nicht so viele": Stephan Hain über seine schönsten Tore
Wie blicken Sie auf Ihre Zeit, auf Ihre ganzen Tore zurück? Bringen Sie die überhaupt noch alle zusammen?
Es war sportlich eine schöne und erfolgreiche Zeit, gerade bei Haching. Ich weiß natürlich, dass ich mit 92 Toren Rekordtorschütze bin (in 171 Spielen, d.Red.). Insgesamt hab' ich als Profi so um die 150 Hütten geschossen. Bei Augsburg und 1860 war's leider nicht so erfolgreich, aber ich war auch viel verletzt. Es bleibt auf jeden Fall das Positive hängen.
Ihre schönste Kiste?
Das Aufstiegstor für den FC Augsburg. Es war gar nicht so schön, aber nichts war schöner, als den FCA in die Bundesliga zu schießen (im Mai 2011, d. Red.). Es hatte die größte Bedeutung.
Ihre hässlichste Bude?
Da gibt's viele (lacht), ich war ja eher der Typ Stürmer, der die Bälle im Strafraum irgendwie reingemacht hat, ganz egal ob schön oder greislig. Bei 1860 waren's leider verletzungsbedingt nicht so viele.

Stephan Hain ehrlich: "Beim TSV 1860 bin ich nie richtig auf die Füße gekommen"
Als Löwe dürften Sie Ihre unschönste Zeit erlebt haben.
Ja, die Zeit bei 1860 war schwierig. Die ganzen Verletzungen waren wie Schläge ins Gesicht. Du fängst immer wieder von vorne an, gehst wieder in die Reha. Bei 1860 bin ich nie richtig auf die Füße gekommen.
Es heißt oft, Haching sei eine Idylle, 1860 ein schweres Pflaster. Inwieweit stimmen Sie zu?
Allein der Tradition bei 1860 wegen trifft das schon ein bissl zu. Wenn du bei Haching vier, fünf Spiele nicht gewinnst, lassen dich die Leute in Ruhe. Bei 1860 ist dann nichts mehr entspannt, da ist das Gegenteil der Fall. Bei den Löwen gibt's mehr Turbulenzen, aber auch bei Haching ist nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. (lacht)
Nach der Karriere: Stephan Hain wird Ernährungsberater in Neuseeland
Was trauen Sie beiden Klubs in der neuen Drittliga-Saison zu?
Die Dritte Liga ist stark besetzt, das ist eine geile Liga. Bei Haching hoffe ich, dass sie das Ziel Klassenerhalt so früh wie möglich eintüten. Die Löwen sind dieses Jahr eine Wundertüte, sie hatten einen großen Umbruch. Wenn sie sich schnell finden, könnte oben was gehen, aber ich bin da eher skeptisch. Wobei: Vielleicht tut es gut, wenn sie keiner auf der Rechnung hat. (lacht)
Sie selbst erleben in Zukunft Ihr ganz persönliches Abenteuer...
Das ist wirklich eine verrückte Geschichte. Ich will künftig als Ernährungsberater mit Fokus auf Sportler arbeiten und fand Neuseeland als Reiseland schon immer toll. Also hab' ich mir ein paar Vereine ausgesucht und einfach angeschrieben, meinen Lebenslauf drangehängt. Von Auckland habe ich eine Antwort gekommen: Dort mache ich jetzt erstmal ein Praktikum und spiele nebenbei Fußball. Das ist Erste Liga, aber auf Amateurniveau, man trainiert nur zwei bis vier Mal pro Woche. Meine Frau kommt mit und kann im Home Office arbeiten, unser Nachwuchs hat direkt einen Kita-Platz bekommen. Ich bin ja eigentlich eher ein Typ, der die sichere Variante wählt. Aber nun gilt: Jetzt oder nie! Wenn es klappt, beantrage ich ein Visum. Wenn nicht, wird es ein schöner, längerer Urlaub.