"Bei 1860 wird zu viel geredet"
AZ: Herr Aygün, in der Hinrunde kamen Sie nie zum Einsatz. Dafür in den letzten sechs Spielen drei Mal. Muss man mit Ihnen nun häufiger rechnen beim TSV 1860?
NECAT AYGÜN: Ich hoffe es. Zuletzt ist alles positiv verlaufen. In der Hinrunde hatte ich lange Pech und war verletzt. Ich hatte ein Knochenödem an der Wirbelsäule. Jetzt bin ich wieder da, habe die Vorbereitung im Winter mitgemacht, fühle mich gut und warte auf Einsätze. Für mich war es logisch, dass ich auch spiele, wenn ich gut trainiere.
Sie litten ewig unter großen Rückenschmerzen. Ist nun alles gut?
Ich bin seit November in Behandlung bei Professor Gumbiller am Chiemsee. Er ist auf Osteopathie, Akupunktur und traditionelle chinesische Medizin spezialisiert. Ich wollte von den Artzney weg, die ich lange bekommen habe, um überhaupt spielen zu können. Cortison zum Beispiel. Ich kannte den Arzt schon von früher. Seitdem ich wieder bei ihm bin, habe ich die Beschwerden im Griff. An die Geschichte mit den Nadeln im Ohr habe ich mich recht schnell gewöhnt. Ich vertraue total darauf.
Sie spielen lange Fußball. Aber haben Sie so eine Saison wie diese mit den vielen Rückschlägen schon mal erlebt?
Ich habe schon viel mitgemacht, das stimmt, aber so ein chaotisches Jahr habe ich auch noch nie erlebt. Aber wir sind da, um Fußball zu spielen, und nicht, um uns von anderen Geschichten beeinflussen zu lassen. Natürlich wird man hier immer mit neuen Dingen konfrontiert, aber die dürfen einen Profi nicht ablenken. Wir haben allerdings viele junge Spieler, die nehmen sich so was eher zu Herzen. Da können Nebengeräusche eine beeinflussende Wirkung haben.
Es darf Sie also nicht beeinflussen. Aber hat es das?
Generell wird im Umfeld von 1860 zu viel geredet. Die Löwen sind eine große Familie, aber man sollte die Situation nicht totdiskutieren. Man sollte sie annehmen und akzeptieren. Wir haben ja keine Wahl, und es nützt nichts, zu heulen. Denn es geht uns ja trotzdem noch gut.
Torwart Gabor Kiraly sagte im AZ-Interview, er wolle bis 42 spielen. Wie planen Sie?
Bis 42? Dann spiele ich bis 40! Nein, Quatsch. Ich will so lange spielen, wie mich meine Knochen tragen. Ich fühle mich ja noch jung, eigentlich wie 25, weil ich die letzten fünf Jahre kaum gespielt habe und mit einer Verletzung nach der anderen kämpfen musste. Ich will mich anbieten für einen neuen Vertrag. 1860 ist mein Kindheitsverein, hier fühle ich mich wohl.
Und wenn dann wirklich mal Schluss sein wird?
Ich baue mir gerade ein zweites Standbein in der Gastronomie auf und habe mit meiner Frau am Regerplatz ein italienisches Restaurant aufgemacht. Es heißt La Grappa. Und ich werde auch ein Tagescafé eröffnen in der Hohenzollernstraße, es wird Dodici heißen.
Woher kommen denn diese italienischen Vorlieben?
Ich mag einfach deren Kaffee und den Rotwein (grinst).
Sie sind ja im Herbst Vater eines Sohnes geworden. Wie klappt’s mit dem Kleinen?
Lias ist der Wahnsinn. Wenn ich morgens aufwache und eigentlich völlig fertig bin vom Training am Vortag und mich der Kleine anstrahlt aus dem Nichts, dann ist alles bestens. Da kann kommen, was will. So ein Kind verändert den Blickwinkel für vieles. Umso mehr habe ich bei Daniel Halfar mitgefühlt, dessen Sohn ja wieder eine Herz-OP hatte. Vor dem letzten Spiel habe ich ihm im Namen der ganzen Mannschaft eine SMS geschrieben. Und auf meinem T-Shirt unter dem Trikot hatte ich auch Genesungswünsche für ihn, falls ich ein Tor gemacht hätte.