Beeindruckender Protest: Fans des TSV 1860 rufen zum WM-Boykott auf

München - Die Winter-Weltmeisterschaft in Katar erhitzt weiter die Gemüter. An diesem Spieltag haben Fans in den Stadien der Republik über das ganze Wochenende hinweg mit Spruchbändern und Choreografien zum Boykott des höchst umstrittenen Turniers aufgerufen.
Kritikpunkte gibt es viele: Schon beim Vergabeprozess im Jahre 2010 gab es nachweislich Korruption, mehrere Wahlmänner von damals wurden später zu Gefängnisstrafen verurteilt. Auch die äußerst kritische Menschenrechtslage vor Ort stößt vielen Fans sauer auf. Für die größten Diskussionen sorgen aber die schlechten Bedingungen für die Arbeiter, die beim Bau der Stadien beteiligt waren.
Amnesty International: Mehr als 15.000 Tote auf WM-Baustellen
Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die eine Analyse von Statistiken der katarischen Behörden durchgeführt hat, sind alleine zwischen 2010 und 2019 mehr als 15.000 Arbeitsmigranten beim Bau der Stadien gestorben. Wie viele es tatsächlich sind, ist unklar, da die Todesursachen nicht systematisch erhoben werden. Eine Dunkelziffer der Schande.
Banner in der 1860-Kurve: "Jeder Platz in unserm Stadion steht für einen Toten"
Auch wenn es keine offiziellen Angaben zur Zahl der Toten gibt, ist für die Fans klar: Jeder Einzelne ist einer zu viel! Beim Heimspiel des TSV 1860 gegen den 1. FC Saarbrücken am Sonntag beteiligten sich auch die Anhänger der Löwen am Protest gegen die WM – und wählten dafür einen eindrücklichen Vergleich.

"Jeder Platz in unserm Stadion steht für einen Toten", stand auf einem großen Spruchband an der Hinterwand der Westkurve geschrieben. Das Grünwalder Stadion fasst aktuell schließlich 15.000 Zuschauer. So viele Personen wie beim Bau der WM-Stadien gestorben sein sollen.
Zudem wurden zum Anpfiff im Stadion Symbole mit einem weißen Kreuz auf schwarzem Hintergrund hochgehalten:

Der Grund für den Protest wurde auf der Rückseite des Flyers ausführlich erklärt. "Nicht nur entbehrt es jeglicher Vernunft, eine Fußball-WM in einem Wüstenstaat, der so heiß ist, dass der Austragungszeitpunkt verschoben werden und die Stadien klimatisiert werden müssen, zu veranstalten, auch kann diese Veranstaltung der gesellschaftlichen Verantwortung unseres Sports nicht gerecht werden", hieß es dort unter anderem. Den kompletten Text lesen Sie hier:

Auch in anderen Stadien der Republik wählten die Fans beeindruckende Vergleiche, um auf die Situation vor Ort aufmerksam zu machen. Im Dortmunder Signal-Iduna-Park etwa, wo die Ultras in der riesigen Südkurve zahlreiche Spruchbänder zeigten und darauf aufmerksam machten, dass die Zahl der Toten deutlich höher liegt als die Zahl der Minuten, in denen bei der WM überhaupt Fußball gespielt wird – nämlich 5.760.

Ob die Boykott-Aufrufe in den Stadien der Republik Erfolg haben, wird sich ab dem 20. November zeigen. Dann steigt das Auftaktspiel zwischen Katar und Ecuador. Es ist das Duell des 44. gegen den 50. der Fifa-Weltrangliste. Wie hoch bei diesem Straßenfeger wohl die Einschaltquoten sein werden?