Bayreuths Weber im AZ-Interview: "Ich bin und bleibe ein Sechzger"

München - AZ-Interview mit Felix Weber: Der 27 Jahre alte Abwehrspieler spielte von 2004 bis 2020 beim TSV 1860, seit der Saison 2021/22 ist er bei der SpVgg Bayreuth aktiv.
AZ: Herr Weber, Bayreuth gegen Sechzig, Ihr aktueller Klub gegen Ihre und Münchens große Liebe - wie sehr juckt's schon in den Füßen?
FELIX WEBER: Es juckt auf jeden Fall mehr als sonst, das dürfen Sie glauben! Wir haben fünf Spieler mit einer Vergangenheit bei den Löwen. Wenn sich der Zier (Markus Ziereis, d. Red.) nicht gerade darüber beschwert, dass es bei uns keine Schafkopfrunde gibt, ist er heiß auf Sechzig. Wir sind alle sehr heiß und freuen uns darauf, gegen die Löwen zu kicken.
Sie waren 16 Jahre lang bei Sechzig, sind in der Zweiten, Dritten und Vierten Liga für den TSV aufgelaufen. Welche Erinnerungen kommen hoch, wenn Sie an Ihre Zeit im Löwen-Trikot zurückdenken?
Da kommen sehr viele Erinnerungen hoch - positive wie negative. Ich habe den Abstieg aus der Zweiten Liga miterlebt, die Relegationsspiele gegen Jahn Regensburg. Das war gleichzeitig meine schlimmste Erfahrung, obwohl ich als junger Spieler gerade erst die Chance bekommen hatte, mich zu zeigen - und dann sofort der komplette Tiefpunkt. Die ganze Saison war schwierig: Trainerwechsel, die Kaderzusammenstellung war nicht die Beste, es gab viele Auswärtige und Grüppchenbildung. Da wussten viele Spieler gar nicht, was Sechzig bedeutet.
"Auch, wenn es 'nur' die Regionalliga war - das war für mich die schönste Zeit!"
Es folgte der Absturz in die Tiefen der Regionalliga Bayern, aus wirtschaftlichen Gründen. Zum Glück der Sechzger - und auch zu Ihrem Glück, wie sich herausstellen sollte, trat mit Daniel Bierofka ein Löwe hervor und kehrte den Trümmerhaufen zusammen.
Es war unglaublich, wie der Biero damals die neue Mannschaft aufgebaut hat. Auch, wenn es "nur" die Regionalliga war - das war für mich die schönste Zeit! Ich erinnere mich sehr gerne daran: Wir sind Meister geworden und haben in Pipinsried gefeiert - da waren 5.000 Fans mit dabei. Das war der Hammer! Und dann der ganze Wahnsinn von Giesing.
Der Aufstieg im Sommer 2018 nach nur einer Saison, in der Relegation gegen den 1. FC Saarbrücken (3:2, 2:2) - und hinterher haben die Löwenfans in und um das Grünwalder im ganzen Viertel gefeiert.
Ein Wahnsinn! Losgegangen ist das ja schon in Pipinsried: Du bist gerade Meister geworden und feierst mitten unter den Fans, aber du hast natürlich schon im Hinterkopf: Du musst trotzdem noch diese Relegation spielen. Meiner Meinung nach war Saarbrücken in dieser Saison die stärkste Mannschaft in allen Regionalligen und wir sind als Außenseiter in die Relegation gegangen. Biero hat uns dann einfach gesagt: "Haut alles rein!" Die Spielverläufe waren schon nervenaufreibend, aber dann haben wir es tatsächlich gepackt.
TSV 1860: Weber war mit der Art seines Abgangs alles andere als zufrieden
Wie wichtig war Bierofka als Ihr Trainer und Förderer?
Ich habe ihm sehr viel zu verdanken, extrem viel. Er war sechs Jahre mein Trainer. Er konnte vor allem eines: Biss und Leidenschaft vermitteln.
Wie sehr sind Sie Sechzig heute noch verbunden?
Sechzig ist pure Tradition, pure Leidenschaft. Das Herz des Vereins sind die vielen Fans. Ohne die würde es Sechzig nicht mehr geben, gerade nach diesem Abstieg. Ich bin natürlich immer noch ein Sechzger, obwohl ich inzwischen für Bayreuth auflaufe.
Im Sommer 2020 mussten Sie gehen: Der Verein hat Ihnen keinen neuen Vertrag mehr gegeben. Wie schwer ist Ihnen damals der Abschied gefallen?
Sehr schwer. Ich war ja auch noch in der Dritten Liga auf dem Platz gestanden und Kapitän. Und dann hast du nicht mehr gewusst, woran du bist.
Hätten Sie sich von den Löwen-Verantwortlichen einen anderen Umgang erhofft?
Ich will da explizit keine Namen nennen. Keiner hat mit dir gesprochen von den Verantwortlichen. Ich habe dann von meinem Berater erfahren, dass mein Weg bei Sechzig zu Ende ist. Das war schon bitter. Es war schon eine schwierige, wenn nicht die schlimmste Zeit für mich als Fußballprofi. Aber was soll man dazu sagen: So ist das Geschäft. Am Anfang war es hart für mich, auch vom Kopf her. Keiner hat mir gesagt warum und weswegen. Ich fand es einfach schade, dass niemand persönlich angerufen hat. Aber inzwischen bin ich schon lange darüber hinweg. Ich bin und bleibe ein Sechzger. Der Verein ist immer größer als die Verantwortlichen. Der Kontakt ist immer geblieben.
Weber: "Wir mussten leider am Anfang sehr viel Lehrgeld bezahlen"
Mit welchen Löwen stehen Sie in Kontakt - und gab's schon ein paar Derby-Sprüche?
In erster Linie mit Hilles (Marco Hiller, d. Red.), wir unternehmen auch noch manchmal was zusammen. Auch Phillipp Steinhart, Quirin Moll, Marius Willsch und Tom Kretzschmar sind noch da. Große Sprüche sind da nicht gefallen, aber ich freue mich sehr auf unser Wiedersehen.
Als Schlusslicht könnten Sie die Punkte ja bestens gebrauchen. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Situation bei der SpVgg Bayreuth?
Als ich gekommen bin, war das klare Ziel Aufstieg und wir haben es zum Glück gleich im ersten Anlauf gepackt. Aktuell muss man, was die Mannschaft betrifft, nur auf die Tabelle schauen: Damit kann keiner zufrieden sein. Persönlich freue ich mich, dass ich alle Spiele machen durfte bis auf das eine, bei dem ich gesperrt gefehlt habe. Wir mussten leider am Anfang sehr viel Lehrgeld bezahlen, aber bei unserem Remis gegen Dynamo Dresden oder dem Auswärtssieg beim SV Meppen hat man gesehen, was wir können. Platt gesagt schießen wir zu wenig Tore und kriegen zu viele, aber es ist erst ein Drittel der Saison rum. Man hat schon das Gefühl, dass manche nicht mehr mit uns rechnen. Aber wir dürfen einfach nicht mehr so viele Punkte liegenlassen, dann bin ich davon überzeugt, dass wir die Klasse halten.
Wie hart wird es für 1860, die drei Punkte aus der "Altstadt" zu entführen?
Da werden sich die Löwen schon strecken müssen. Zuletzt hat man ja gesehen: Wer solche Spiele gewinnt, steigt am Ende auf. Aber gegen uns dürfen sie schon mal verlieren. Wir stecken voll im Abstiegskampf, so müssen wir auch spielen. Auch wenn ich im Herzen ein Löwe bin, werde ich alles auf dem Platz geben, um die drei Punkte in Bayreuth zu halten. (lacht)