Babbel: "Meine Reifeprüfung"
Heute empfängt Babbel mit Hertha die Löwen. Hier spricht er, warum ein zweites Jahr 2. Liga nicht machbar gewesen wäre.
Berlin - Der Mann wirkt gelöst. Kein Wunder, schließlich hat er die Hertha, den Hauptstadtklub, zurück ins Oberhaus geführt. Es ist der größte Erfolg in der noch jungen Trainerkarriere von Markus Babbel. „Durch den sicheren Aufstieg können wir befreit aufspielen und haben Ballast über Bord geworfen. Nun aber wollen wir unbedingt Meister werden", sagt der 38-Jährige. Babbel, in Gilching aufgewachsen und beim FC Bayern groß geworden, empfängt am Freitag den TSV 1860 (18 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de). „Die Löwen sind eine spielstarke Mannschaft und wir müssen höllisch aufpassen. Für uns geht es auch darum, die 0:1-Hinspielniederlage wettzumachen." Das AZ-Interview.
AZ: Herr Babbel, was war der schönste Moment während der letzten Wochen?
MARKUS BABBEL: Als wir Licht am Ende des Tunnels gesehen haben. So eine Saison ist intensiv und lang.
An was dachten Sie in dem Moment?
An das, was wir hinter uns hatten. Wir waren in der schwierigsten Position. Die Spieler mussten lernen, immer 100 bis 120 Prozent zu geben. Das braucht eine gewisse Mentalität. Wir waren der Klub aus der Hauptstadt, der offen den sofortigen Wiederaufstieg als Ziel ausgegeben hatte. Gegen uns spielte jede Mannschaft Vollgas.
Das heißt, aufzusteigen ist schwierig?
Direkt wieder aufzusteigen, haben nicht viele geschafft. Es ist dir von Anfang an klar, es wird schwer. Wir hatten 14 neue Spieler, darunter viele junge, zu integrieren. Was mich positiv gestimmt hat, war, als ich sah, wie die Mannschaft in schwierigen Phasen zusammenrückte.
Und der Aufstieg jetzt ist ....
Ein absolutes Traumerlebnis. Mir hat von Anfang an die klare Zielsetzung imponiert, kein Herumgeeiere, kein vielleicht, wenn. Diese klare Ansage hat mich gereizt. So bin ich gestrickt. Der Aufstieg ist eine Bestätigung, dass wir einiges richtig gemacht haben.
Wie sind Sie mit dem Druck umgegangen?
Ich kannte das als Spieler und wusste, was kommt. Aber ich habe gemerkt wie viel hier am Aufstieg hängt. Ein zweites Jahr in der zweiten Liga hätte sich Hertha finanziell nicht leisten können.
Und nun kämpfen Sie gegen überzogene Erwartungen in der Bundesliga?
Das kommt auf uns an. Der Berliner Fan will keinen völlig illusorischen Käse hören, der will wissen, wie die Realität aussieht.
Ist der Aufstieg für den Trainer Babbel eine Art Reifeprüfung?
Eine Reifeprüfung auf alle Fälle. Der VfB Stuttgart war schon eine, aber Berlin mit seinem ganzen Drumherum ist noch eine ganz andere Marke. Man muss noch mehr lernen, sich bei den vielen Zeitungen und Fernsehsendern nicht aus dem Konzept bringen zu lassen Das heißt positiv bleiben, auch an schweren Tagen.
Sie wollten sich etwas selbst beweisen oder den Zweiflern, die es nach Stuttgart gab?
Sicher mehr mir als irgendwem sonst.
Wie haben Sie den Verein Hertha BSC erlebt?
Ich war positiv überrascht und habe bald das enorme Potenzial gesehen. Ich kannte den Verein lange nicht wirklich intensiv. Als die erste Anfrage kam, habe ich mich reingekniet und habe gesehen, hier stehst du unter besonderer Beobachtung. Jetzt hatten wir im Schnitt über 40 000 Zuschauer – das ist in der 2. Liga sensationell.
Gibt es die spezielle Berliner Mentalität?
Die reicht von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt in Nullkommanichts. Da fehlt die Mitte. Wir haben versucht ruhig zu bleiben und vor allem das auch in den Verein zu tragen.
Wie steht es mit Ihrem Ex- Klub, dem VfB Stuttgart?
Da hoffe ich, dass die Seuchensaison bald gut zu Ende geht. Ich habe dort tolle fünf Jahre verbracht, das verbindet. Und der Klub hat mir die Chance gegeben, mir als Trainer einen Namen zu machen. Als wir auseinandergegangen sind, war das eine saubere Sache, wir sind nicht im Bösen auseinander.
Apropos alte Verbindung, wären die Bayern nicht auch Mal eine Überlegung für den Trainer Babbel?
Es wäre vermessen, da kategorisch nein zu sagen. Dieser Klub ist angesichts meiner Vergangenheit eine Herzensangelegenheit. Es ist der beste Klub in Deutschland. Es ist sicher ein Ziel, dort vielleicht einmal zu arbeiten, ja sogar ein Antrieb. Wenn die Bayern fragen, weiß man, man hat etwas geleistet.