AZ-Kommentar zu Ismaiks Rückzug beim TSV 1860 München: Nur Rosenkrieger?

Was haben sie sich bekämpft. Mit unverhohlenen Drohungen und Allmachtsfantasien auf der einen Seite, der des millionenschweren Investors Hasan Ismaik. Mit Sturschädeligkeit und auch Indiskretionen auf der anderen Seite, der des Vereins.
Es war ein wahrer Rosenkrieg im Löwen-Käfig. Einer, den wahrscheinlich nur versteht, wer die Sechzger im Herzen trägt, in dessen Adern blaues Blut fließt. Ismaik hat es nie recht verstanden. Nach seinem Selbstverständnis gilt die Devise: Wer zahlt, schafft an. Immer. Und überall.
Der bezeichnendste Satz seines Facebook-Posts, in dem der Jordanier sein Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat und Beirat der TSV 1860 München Geschäftsführungs-GmbH begründete, ist der, dass er jetzt Leute installiert, "die nicht nur die Kultur, sondern auch den Verein sehr gut verstehen".
Also genau etwas, was er selber nie getan hat. Doch die wirklichen Probleme löst dieser Schritt keineswegs. Ex-Präsident Peter Cassalette ist nach dessen Die-Oberlöwen-verlassen-das-sinkende-Schiff-Hinwurf direkt nach dem sportlichen Absturz in die 3. Liga für viele Fans ein feuerrotes Tuch.
Die Eisenfaust im Samthandschuh
Sein Verhältnis zum jetzigen Präsi Robert Reisinger ist – um es euphemistisch zu formulieren – nicht unbelastet.
Und auch Saki Stimoniaris ist eindeutiger Ismaik-Statthalter. Für viele Ur-Sechzger war das Engagement von Ismaik immer eine feindliche Übernahme der Giesinger Seele, daran hat sich nichts geändert. Nur die Gesichter, die die Botschaften verkünden, sind freundlicher geworden.
Die immer noch geballte Eisenfaust hat einen Samthandschuh übergestülpt bekommen. Dieser Schritt Ismaiks ist eher eine Neuordnung denn echter Neuanfang.
Immerhin: So manches dürfte leichter werden, wenn man einen Ansprechpartner vor Ort hat – und nicht nur einen Investor, dessen Launenhaftigkeit man schon bei der Terminfindung ausgeliefert war. Jetzt können/müssen alle Beteiligkeiten beweisen, dass es ihnen nicht um ihre eigenen Eitelkeiten geht, sondern, dass sie wirklich zum Wohl des Vereins agieren, dass sie Löwenherzen haben.
Wenn das gelingt, dann ist die Neuordnung am Ende doch ein Neuanfang. Wenn nicht – und das ist im Sechzig-Kosmos nicht minder wahrscheinlich – gibt es nur neue Rosenkrieger.
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