Aussortiert: Legenden für Lauth

Erst degradiert, dann ausgebootet: Der Umgang von 1860-Trainer Schmidt mit dem Ex-Kapitän wundert Heiß, Winkler, Trares und Bodden
MÜNCHEN Alexander Schmidt steht im Schatten des Nachwuchsleistungszentrums an der Grünwalder Straße und wippt von einem Fuß auf den anderen. Der Löwen-Trainer wirkt genervt. „Ich kann nur sagen, dass ich mich mit Benny Lauth gut verstehe und es keine Probleme zwischen uns gibt”, sagt Schmidt über seinen Torjäger, den er bei der 0:1-Auftaktpleite beim FC St. Pauli 75 Minuten auf der Bank schmoren ließ.
Die Kapitänsbinde ist das Aushängeschild des TSV 1860 los, im Mannschaftsrat ist Lauth nicht vertreten, und nach der Degradierung wurde er dann auch noch ausgebootet beim Auftaktspiel. Als Joker für die letzten 15 Minuten hatte Lauth in St. Pauli nichts bewirken können und am Tag danach die Motivationskünste des Trainers indirekt in Frage gestellt: „Ich weiß nicht, ob es die richtige Methode ist, einem Spieler die Binde wegzunehmen, um ein paar Prozente mehr aus ihm rauszukitzeln”, so Lauth in der AZ, „da gibt es andere Möglichkeiten.”
Schmidt versucht, die Wogen zu glätten. „Benny wird in dieser Saison noch sehr wichtig werden für uns, da bin ich sicher”, sagt der 44-Jährige am Montag – was nicht direkt nach einer Einsatzgarantie für die Heimpremiere am Sonntag gegen den FSV Frankfurt klang. Was Lauth beschäftigt, ist für Schmidt offenbar nicht der Rede wert: „Da wird künstlich versucht, einen Konflikt aufzubauen. Aber das ist für uns intern kein Thema”, sagt er ein wenig schmallippig.
Lauth selbst macht drei Tage nach der Auftaktpleite klar, dass „ich natürlich nicht zufrieden bin, wenn ich nur 15 Minuten spielen darf. Es war mir zwar klar, dass ich hier jetzt nicht jedes Spiel von Beginn an machen werde bis ich 36 Jahre alt bin, aber ich weiß was ich kann – und ich bin in den letzten drei, vier Monaten bestimmt nicht schlechter geworden.”
Das sehen auch viele Löwen-Legenden so. „Über kurz oder lang wird der Benny nicht zu ersetzen sein”, meint Fredi Heiß. „Ein Fußballer seiner Klasse ist in jeder Mannschaft unverzichtbar. Auch wenn Lauth auf dem Rasen vielleicht nicht immer vor Begeisterung sprüht – er hat einfach eine Top-Qualität.” Und deshalb glaubt der Meisterlöwe von 1966 auch, dass „Lauth seinen Stammplatz ganz schnell wieder zurück haben wird”.
Davon geht auch Bernhard Winkler aus, der zu seiner Zeit zwischen 1993 und 2002 – so wie Lauth auch – ebenfalls Kapitän und Torjäger bei den Löwen war. „Benny hat definitiv seine Qualitäten”, sagt Winkler – und wundert sich über Schmidts Methodik: „Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Wegnahme der Kapitänsbinde sicherlich kein Ansporn für einen Spieler ist”, erklärt der 47-Jährige,
Auch sein ehemaliger Teamkollege Bernhard Trares ist da eher skeptisch. „Lauth ist ein erfahrener und wichtiger Spieler, der definitiv jedem Team gut zu Gesicht steht”, sagt der Ex-Löwen-Kapitän. „Aber bei ihm haben schon so immer die letzten zehn Prozent Leistungsfähigkeit gefehlt.” Doch wie kann man das aus Lauth herauskitzeln? „Bei so einem erfahrenen Spieler ist das ganz schwer. Vielleicht mit viel Vertrauen, vielen Einzelgesprächen – oder eben so, wie es Schmidt gemacht hat”, sagt Trares, der nachschiebt, dass „es im Fall Lauth jetzt auch ganz wichtig ist, dass die Kommunikation nicht abreißt. Er muss weiterhin Verantwortung übernehmen und auch von Schmidt übertragen bekommen – so würde ich es machen.”
Und wie sieht das Olaf Bodden? „Es gibt im derzeitigen Kader niemanden, der mehr Tore schießt als der Benny”, sagt der Ex-Stürmer. „Ach wenn seine Art auf dem Platz manchmal provokativ ist – er ist jede Saison für mehr als zehn Tore gut. Darauf kann man doch nicht verzichten. Denn auch auf St. Pauli hat man wieder gesehen, dass in der Offensive die Durchschlagskraft fehlt. Und irgendwann muss sich der Trainer auch mal die Frage gefallen lassen, warum die Mannschaft vorne keine Tore schießt...” Und dann kommt Lauth wieder ins Spiel.