"Arsch an der Wand" - 1860 am Abgrund

Den Löwen droht der Absturz in die Drittklassigkeit. Doch was passiert dann? Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Lizenz, die Vereinsführung, das Stadion und den Kader.
Marc Merten, Matthias Kerber |
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Zum Verzweifeln ist das, was bei den Löwen abläuft – und noch in Zukunft droht.
Augenklick/AZ-Montage Zum Verzweifeln ist das, was bei den Löwen abläuft – und noch in Zukunft droht.

München - Oh, welch glorreiche Vergangenheit. DFB-Pokalsieger 1964, Finalist im Europapokal der Pokalsieger ein Jahr später – dann die unvergessene Meisterschaft der Löwen, der großen Liebe Münchens.
Oh, welch triste, furchteinflößende Gegenwart. Der TSV 1860, der schon seit 2004 eh nur in der 2. Liga rumdümpelt, der sich vor dieser Saison in einem Anflug von Größenwahn als Aufstiegskandidat proklamiert hat, findet sich nun – nur drei Spieltage vor Schluss – am anderen Ende der Tabelle wieder. Vorletzter, aus eigener Kraft können die Löwen den Absturz in die Drittklassigkeit nicht mehr verhindern. 1860 steht vor dem Spiel am Freitag (18.30 Uhr, Sky) beim FSV Frankfurt am Abgrund.

Doch was würde der freie Fall in die Drittklassigkeit, der den Sechzigern zuletzt vor 23 Jahren widerfuhr, für die Weiß-Blauen, die ja eh am Geldtropf von Investor Hasan Ismaik hängen, bedeuten? „Jetzt stehen wir mit dem Arsch an der Wand“, formulierte es Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner drastisch. Die wichtigsten Fragen:

Die Lizenz: Für die 2. Liga haben die Löwen die Lizenz vorbehaltlos erhalten, für die 3. Liga nur mit Auflagen. Die Zusammenarbeit mit Vermarkter Infront würde bestehen bleiben.

Der Investor: Ismaik will den Löwen auch in der 3. Liga den Geldhahn nicht zudrehen. „Er würde Gesellschafter bleiben“, sagte Präsident Gerhard Mayrhofer vor ein paar Wochen, „wir wären nicht tot.“

Die Vereinsführung: Im Juni ist Mitgliederversammlung, die Gelegenheit, die Bosse für das sportliche Versagen abzuwatschen, etwa einen Antrag auf Abwahl zu stellen. Auch ein Rücktritt des Präsidiums erscheint nicht unwahrscheinlich. Sportchef Poschner müsste wohl gehen. Geschäftsführer Markus Rejek sitzt fester im Sattel.

Der Kader: Die Mannschaft in dieser Form dürfte beim Abstieg auseinanderbrechen. Torjäger Rubin Okotie würde sich die 3. Liga sicher nicht antun. Julian Weigl, Gary Kagelmacher, Maximilian Wittek, Marius Wolf, Valdet Rama wären kaum zu halten. Ziel müsste es sein, um die Eigengewächse wie Christopher Schindler eine neue Truppe aufzubauen.

Der Etat: Der beträgt zur Zeit gut zehn Millionen und würde gewaltig eingedampft werden, da alleine knapp sieben Millionen an TV-Geldern wegfallen, da die 3. Liga nicht von Sky übertragen wird. Insgesamt 12,8 Millionen werden unter den Vereinen verteilt, in dieser Saison sind es 753 000 Euro pro Verein. Die Sponsoreneinnahmen würden weiter zurückgehen, ob die Verträge mit Großsponsoren wie VW oder Macron Gültigkeit auch für die 3. Liga haben, ist nicht bekannt.

Das Stadion: Die Verträge mit den Bayern, denen die Allianz Arena, in denen 1860 nur noch Mieter ist, gehört, laufen bis 2025. Nur 19 000 Fans verirren sich im Schnitt in die Arena, die 75 000 Zuschauern Platz bietet. Geisterspiel-Atmosphäre. Werden die Bayern 1860 ziehen lassen? Die Löwen haben offiziell die Lizenz mit Doppel-Option – Allianz Arena und Grünwalder Stadion – beantragt. Nach AZ-Informationen ist eine Rückkehr an die alte Spielstätte im Abstiegsfall beschlossene Sache. Klar ist auch: Ein Zurück in die Arena im Falle eines Wiederaufstiegs wäre dann undenkbar. Als Gedankenspiele gibt es den Ausbau des Grünwalders, das Olympiastadion oder einen Umzug in den Hachinger Sportpark.

Geschäftsstelle: Klar ist, dass es hier aufgrund allgemeiner Sparmaßnahmen nach einem Abstieg wohl zu betriebsbedingten Kündigungen kommen würde. Auch beim hauseigenen Restaurant „Campo d’Oro“ rechnet man mit Einbußen, wenn die Löwen durch den Abstieg weiter an Strahl- und Anziehungskraft verlieren.

Die U21: Die spielt in der Regionalliga und wurde bis Februar vom jetzigen Profi-Coach Fröhling trainiert. Sie müsste in die 5. Liga zwangsabsteigen.

Nachwuchsleistungszentrum: Das Aushängeschild der Löwen, es gilt als eines der besten Zentren Deutschlands. Die Verkäufe von Eigengewächsen wie den Bender-Zwillingen brachte Millionen ein. Im Abstiegsfall würden auch hier die entsprechenden Gelder nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine Talentschmiede, in die nicht investiert wird? Kaum machbar. Oh, welch traurige Perspektiven.    

 

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