Anspruch und Wirklichkeit: Die Lehren aus der 1860-Nullnummer gegen Wehen

1860 kann beim 0:0 beim SV Wehen Wiesbaden nicht an den starken Saisonauftakt anknüpfen, Torwart Kretzschmar rettet den einen Punkt. Kapitän Mölders: "Das ist nicht unser Anspruch".
von  Matthias Eicher
SV Wehen WIesbaden - TSV 1860 München.
SV Wehen WIesbaden - TSV 1860 München. © imago images/Jan Huebner

München - Anspruch und Wirklichkeit. Manchmal schafft man es, der eigenen Erwartungshaltung gerecht zu werden - in etwa so wie der Aufstiegsaspirant TSV 1860 mit einem (glücklichen) Auftaktsieg gegen die Würzburger Kickers, mit dem er seine Ambitionen durch den umjubelten Siegtreffer von Marcel Bär untermauern konnte.

Manchmal liegt allerdings zwischen der Zielsetzung, die man aus der eigenen Stärke ableitet, und der Realität eine tiefe Diskrepanz. Bestes Anschauungsmaterial: Saisonspiel zwei der Sechzger beim SV Wehen Wiesbaden. "Das, was wir abgeliefert haben, ist nicht unser Anspruch. In der ersten Halbzeit sind wir überhaupt nicht ins Spiel gekommen", ärgerte sich Löwen-Torjäger Sascha Mölders nach der torlosen Nullnummer am Samstagnachmittag bei Wehen Wiesbaden.

Von blau-weißer Dominanz war nichts zu sehen

Nach dem Auftakt nach Maß hatten sich die Löwen auch bei den Hessen einen Dreier vorgenommen. Einzig: Anspruch und Wirklichkeit wollten überhaupt nicht zusammenpassen.

Die AZ zeigt die weiß-blaue Kluft zwischen der Erwartungshaltung und dem Resultat auf dem Rasen.

Sechzigs Offensiv-Power: "Ich will dort drei Punkte holen", hatte Köllner vor dem Spiel kämpferisch erklärt. Der Trainer steht beim TSV 1860 für begeisternden Offensiv-Fußball, der den Fans in der Vorsaison viel Freude bereitet hat, ohne zum ganz großen Wurf zu führen. In der Brita-Arena war von weiß-blauer Dominanz rein gar nichts zu sehen. Zu Beginn beider Halbzeiten hatten die Giesinger kurze, vielversprechende Phasen: Erik Tallig fand bei seinem Torschuss die Lücke in der gegnerischen Abwehr nicht (1.), Kapitän Mölders zielte mit seinem Innenrist-Schuss nach Lex-Vorlage zu hoch (49.).

Mölders (l.) und Stefan Lex zeigen sich frustriert.
Mölders (l.) und Stefan Lex zeigen sich frustriert. © imago images/MIS

Trainer Köllner: "Hatten Schwierigkeiten"

Mehr war nicht, weshalb Köllner ehrlich urteilte: "Wir hatten Schwierigkeiten, mussten viel hinterherlaufen und haben keine gute erste Halbzeit gespielt." Weil die zweite nicht viel besser war, stand vorne die Null. Auch wegen Richard Neudeckers Formtief.

Köllner dazu: "Er hat eine außergewöhnliche Saison gespielt, die Erwartungshaltung ist gestiegen. Wir müssen hinkriegen, dass er mit einer niedrigeren Erwartung rangeht."

Ein nachdenklicher Trainer in Wiesbaden: Michael Köllner.
Ein nachdenklicher Trainer in Wiesbaden: Michael Köllner. © imago images/Fotostand

"Am Ende freuen wir uns über den Punkt"

Sechzigs (zumeist) zuverlässige Defensive: Zwar konnte Jung-Löwe Niklas Lang (19) den Ausfall des verletzten Semi Belkahia einmal mehr ganz gut kompensieren, der Rest des Offensiv-Verbunds blieb allerdings hinter den Erwartungen zurück. Abwehrchef Stephan Salger etwa spielte einen schlimmen Fehlpass, von den beiden Außenverteidigern Yannick Deichmann und Phillipp Steinhart kam kaum Initiative im Vorwärtsgang. Dazu ergab sich kaum eine Gelegenheit, da sich Sechzigs zumeist recht zuverlässiger Abwehrverbund mit Mann und Maus der vielen, anrollenden Angriffe der Hausherren erwehren musste. Köllners Geständnis, obwohl er vor dem Spiel bereits vor dem SVWW gewarnt hatte: "Am Ende freuen wir uns über den Punkt." Ein 1860-Sieg wäre "nicht verdient gewesen".

Der 51-Jährige wusste auch, welchen seiner Spieler er hervorheben musste: "Am Ende können wir uns bei Tom Kretzschmar bedanken." Der Hiller-Vertreter hatte den Löwen mit mehreren Top-Paraden einmal mehr die Null gerettet.

Der zwölfte Mann: Die Behauptung aus dem eigenen Lager, die Sechzger hätten die besten Fans der Welt, ist dagegen nur minimal übertrieben. Denn: Fast 1.300 Anhänger leisteten im ersten Auswärtsspiel vor so großer Kulisse ohrenbetäubenden Support. "Sie waren felsenfest hinter uns gestanden", lobte Köllner: "Das hat uns extrem geholfen, um mit einem Punkt nach Hause zu fahren. Deswegen ist der Punkt ganz klar ein Ergebnis der Fanarbeit auf den Rängen." Sein Anspruch muss sein, es ihnen bald mit besseren Leistungen zurückzuzahlen.

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