Am Millerntor: Date mit dem Ex
Matthias Lehmann ist einer der Besten bei St. Pauli, Ex-Paulianer Alexander Ludwig ist dagegen noch nicht angekommen bei 1860.
MÜNCHEN Robert Hettich, Kommunikationschef beim TSV 1860, bietet neuerdings zum Pressegespräch des Trainers im Medienhaus drei Seiten voller Informationen und Statistiken für die Reporter an. Eine Nachricht wird Ewald Lienen bei der Durchsicht wahrscheinlich nicht so gefallen haben: Matthias Lehmann ist der Dreh- und Angelpunkt beim Tabellenvierten FC St. Pauli, der Chef am Kiez.
Der 25-jährige Ex–Löwe hat bislang die meisten Ballkontakte aller Zweitliga-Spieler (610 Ball-Berührungen) und auch bei den gespielten Pässen (448) liegt der ehemalige U21-Nationalspieler weit vorne. Obendrein hat Lehmann schon viermal getroffen – das hat kein Löwe geschafft. Und so sagt Lienen vor dem Duell auf St. Pauli (Sonntag, 13.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de): „Wenn Lehmann die meisten Ballkontakte hat, ist das aller Ehren wert. Fußball ist aber keine Wissenschaft.“
Warum das Ganze so pikant ist: Lehmann, der von 2003 bis 2006 für die Löwen spielte, hätte genauso gut wieder für die Blauen spielen können. „Ich wäre gern zu 1860 gekommen“, sagte der damals ablösefreie Ex-Kapitän der AZ im Sommer, „aber man hatte nie ernsthaftes Interesse.“
Zwar ist es zu einem Telefon-Gespräch zwischen Lienen und Lehmann gekommen, aber über mögliche Vertragsinhalte soll nie gesprochen worden sein.
Ein Fehler, wie sich jetzt herausstellt, denn kein Mittelfeldspieler des TSV 1860 ist ähnlich präsent und torgefährlich wie Lehmann. Auch neben dem Platz soll Lehmann – seit seinem Abschied aus Aachen – gereift sein. Das, was Lehmann auf St. Pauli ist, muss Alexander Ludwig bei 1860 noch werden: unersetzlich. Dazu muss für Ludwig der Wohlfühlcharakter stimmen. „Ich bin noch nicht angekommen bei 1860“, gesteht er.
Ob’s auch ein wenig am Trainer liegt? Der 25-Jährige sagte jedenfalls zur Hamburger „Mopo“ über die Unterschiede zwischen seinem neuen und seinem alten Trainer: „Ewald Lienen und Holger Stanislawski sind nicht miteinander zu vergleichen. Stani flachst viel, ist locker. Lienen ist sehr autoritär, er redet sehr sachlich.“ Lienen, Ludwigs Spaßbremse? Hindert ihn das daran, seine volle Leistung abzurufen?
Immerhin steht Ludwig gegen seinen Ex wieder in der 1860-Startelf – möglicherweise mit neuen (blauen) Schuhen. Über seinen Schuh-Tick sagt er: „Ich habe ja auch häufiger Migräne – vermutlich habe ich eine feminine Seite in mir.“ Oliver Griss