Abstiegskampf der Löwen: 60 000 für Sechzig

Fans unterstützen ihre Löwen beim Heimspiel gegen den Club. „Dürfen nicht wie Prügelknaben mit gesenkten Köpfen einmarschieren“.
von  Matthias Eicher
Blick zurück: Im Mai 2005 bestritt der TSV 1860 sein erstes Spiel gegen den 1.FC Nürnberg. Zehn Jahre später findet am Sonntag das "Schicksalspiel" statt - vor ähnlich guter Kulisse.
Blick zurück: Im Mai 2005 bestritt der TSV 1860 sein erstes Spiel gegen den 1.FC Nürnberg. Zehn Jahre später findet am Sonntag das "Schicksalspiel" statt - vor ähnlich guter Kulisse. © Rauchensteiner/Augenklick

München - Vor ein paar Wochen hatte Torsten Fröhling einen Traum. „Es wäre der Hammer“, sagte der Löwen-Trainer zur AZ, „wenn wir einmal volle Hütte hätten.“ In der traurigen Realität muss der TSV 1860 alle zwei Wochen zu den Heimspielen auf dem Oberrang Abdeckungen aufziehen. Damit die Arena, meist nur zu einem Drittel gefüllt, nicht leer und geisterhaft wirkt. Stimmungsgrab Allianz Arena.

TSV 1860 gegen Nürnberg: Schon 56.000 Tickets vergriffen

Im letzten Heimspiel der Saison am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg (15.30 Uhr) wird der TSV 1860 diese Vorkehrungen nicht treffen müssen: Gestern waren laut 1860-Presseabteilung schon mehr als 56 000 Karten fürs Bayern-Derby gegen die Franken weg. Der Verein rechnet mit über 60 000 Zuschauern. Fehlt also nicht viel zum Fröhlingschen Wunschdenken. „Von dieser Kulisse habe ich von Anfang an geträumt. Endlich verschwinden die Planen auf dem Oberrang“, schwärmte er kürzlich in der „Bild“. Und Löwen-Abräumer Dominik Stahl sagte zur AZ: „Geil. Das ist ein zusätzlicher Ansporn. So eine Kulisse hatten wir die ganze Saison noch nicht.“

Die Löwen-Fans haben verstanden, dass es an jenem Tag keine Ausreden gibt. Eine ganze Stadt bangt um ihren Traditionsverein. Der Fanklub „Giasinga Buam“ appelliert sogar an alle Fans, schon 60 Minuten vor Anpfiff auf ihren Plätzen zu sein. Die Devise: „Zeigen wir der Mannschaft bereits beim Warmmachen, dass wir an ihrer Seite stehen. Packt eure Schals und eure Fahnen ein!“

Stimmung machen gegen das drohende Horror-Szenario. Sollte das Derby in die Hose gehen, könnte 1860, zur Zeit mit 33 Punkten Vorletzter, schon am vorletzten Spieltag abgestiegen sein. Verlieren die Sechzger gegen den „Club“ bei gleichzeitigen Siegen der Konkurrenz, würde der TSV in die Drittklassigkeit abstürzen. Fröhling: „Das Spiel gegen Nürnberg ist vergleichbar mit einem echten Pokal-Finale. Verlieren wir, sind wir raus. Es wird eine riesige Herausforderung. Wir müssen gewinnen. Es geht nicht anders.“

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Selbst bei einem Dreier bräuchten die Löwen ja bereits Patzer der Konkurrenz. Und die ist groß: Nach der kuriosen Entwicklung am vergangenen Wochenende (Fürther Pleite, Sandhäuser Punktabzug und Löwen-Sieg gegen Frankfurt) müssen noch sieben Teams zittern. Zumindest theoretisch.

Während das Schlusslicht VfR Aalen (31 Punkte) auch neben dem Platz gegen den Abstieg und mit einer Klage gegen die bereits ausgesprochene Zwei-Punkte-Strafe kämpft, hat Sandhausen den Abzug von drei Zählern akzeptiert – und mit 38 Punkten die besten Karten. Aue, Pauli und Fürth (alle 34) sowie Frankfurt (36) stehen alle besser da als Sechzig.

Wie also umgehen mit dem drohenden Worst Case? „Es bringt nichts, ständig Panik zu schieben. Wir können es nicht jetzt beeinflussen, sondern am Sonntag. Wir können uns nur gut vorbereiten, mit der nötigen Konzentration und dem nötigen Ernst“, sagt Stahl, der trotz Anspannung weiß, „dass wir uns auch darauf freuen müssen und nicht wie die Prügelknaben mit dem Druck auf unseren Schultern und gesenkten Köpfen einmarschieren dürfen. Wir sind fest entschlossen, das Spiel zu gewinnen.“

Blöd nur, dass die Löwen noch einen funktionstüchtigen Stürmer suchen. Rubin Okotie ist nach seiner fünften gelben Karte gesperrt, Stephan Hain musste gegen Frankfurt verletzt runter – der Verdacht auf Muskelfaserriss hat sich zwar nicht bestätigt, gestern konnte Hain dennoch nur individuell trainieren. Wird er nicht rechtzeitig fit, bliebe Rodri oder eine Alternativ-Lösung mit einem flexiblen Offensiv-Mann wie Valdet Rama oder Marius Wolf. Rama, zuletzt Siegtorschütze gegen Frankfurt: „Jeder weiß, worum es geht. Wir müssen dran glauben.“ Sonst könnten alle künftigen Löwen-Träume schon am Sonntag gegen 17.20 Uhr ausgeträumt sein.

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