Abschied bei TSV 1860: Das emotionale Servus von Lex und Willsch

München - Marius Willsch hatte Frau und Töchterchen für seinen letzten besonderen Sechzig-Moment mit ans Spielfeld gebracht, Stefan Lex für seinen speziellen Augenblick allein 35 Karten für Familie und Freunde organisiert.
Zwei Identifikationsfiguren, die den Löwen im Herzen tragen, haben "Servus" am Freitagabend gesagt. Auch wenn Lex in einer Woche in Zwickau nochmals auflaufen wird, das große rührende "Auf Wiedersehen" gab es im Grünwalder.
Schmerzhafter Abschied von TSV 1860: Marius Willsch quält sich auf den Rasen
"Das ist schwer, in Worte zu fassen, das war emotional extrem", sagte Willsch, nachdem er sich noch einmal auf den Rasen gequält hatte: "Das war mein letztes Spiel, die Schmerzen waren extrem. Es war Raubbau an meinem Körper, aber ich würde es noch mal so machen."
Ein paar Minuten, mehr ging einfach nicht, erhielt der Außenverteidiger, der sich durch seinen aufopferungsvollen Einsatz für 1860 eine chronische Adduktorenverletzung zugezogen hat. Ob die je heilt, ist unklar. "Fürs Radlfahren in Passau im Neuburger Wald wird’s schon reichen", meinte Willsch lächelnd.
Löwen-Kapitän Lex: "Schöner hatte man es sich nicht vorstellen können"
Lex empfand durchaus Wehmut, Tränen flossen aber nicht. "Ich habe sie ganz gut zurückhalten können", meinte er. Auch für den Kapitän war der Abend so rund, wie er nur sein konnte. 3:1 gegen Waldhof Mannheim gewonnen, ein Tor erzielt, volles Stadion: "Schöner hatte man es sich nicht vorstellen können."
Abwehrchef Jesper Verlaat urteilte über "Spielemaster" Lex, der stets seinen berühmt und berüchtigten Spiele-Koffer auswärts dabei gehabt habe: "Schade, dass so ein Charakter geht. Er hat schon Leben reingebracht." Und war auch sportlich sehr wertvoll. Mit sieben Treffern und zehn Vorlagen ist der 33-Jährige vor Albion Vrenezi und Fynn Lakenmacher über die Saison gesehen der Profi mit dem höchsten offensiven Ertrag.
Allein daran zeigt sich, was den Löwen künftig fehlt – und Lex ist längst nicht der einzige Abgang. Was etwa mit Yannick Deichmann und Marius Wörl geschieht, ist offiziell noch nicht kommuniziert.
Verlaat macht sich keine Sorgen um die Zukunft von TSV 1860 München
Es hat ein Aderlass begonnen, dessen Ende noch nicht absehbar ist. Trainer Maurizio Jacobacci kündigte zumindest bei einigen Themen baldige Klarheit an. "Wir werden in kürzester Zeit Antworten haben und darauf reagieren können", sagte der 60-Jährige.
Verlaat, der im ersten Löwen-Jahr viele Fan-Herzen gewonnen hat und einer der potenziellen neuen Anführer ist, will trotz aller Fragezeichen nicht schwarzmalen. Der Umbruch nach mindestes acht, womöglich mehr als zehn Abgängen, ängstigt ihn nicht. "Es ist schade, dass so viele gehen", sagte der Niederländer: "Das müssen wir akzeptieren. Ich mache mir aber absolut keine Sorgen für die nächste Saison. Mit Sechzig kann man immer gute Spieler locken."
Sportlich lockt in der letzten Saisonwoche vor dem Gastspiel bei Absteiger FSV Zwickau wenigstens die Aussicht, noch Rang sieben zu erreichen. Am grundsätzlich enttäuschenden Verlauf der Spielzeit wird das aber auch nichts mehr ändern.
"Es ist gut, dass die Saison vorbei ist, das war mental sehr anstrengend", findet Lex, der künftig eine Art Mentorenrolle bei den Blauen bekommt für Nachwuchsspieler, die an der Schwelle zum Profibereich stehen. Willsch will mit dem Profifußball nichts mehr zu tun haben, er kommt höchstens als Fan mal nach Giesing.