Abgestürzt!
MÜNCHEN - 1:3 in Koblenz, 1860 im freien Fall: Rückrunden-Platz 16! Im Löwen-Stüberl kann man die Stimmungslage beim TSV 1860 sofort spüren. So auch gestern, einen Tag nach der desaströsen Pleite in Koblenz.
Christl Estermann, die Wirtin der Vereinsgaststätte, flüchtete sich in Galgenhumor: „Wir haben was zu feiern. Wann haben wir zuletzt drei Tore geschossen – und trotzdem 1:3 verloren? Da kannst du nur noch lachen.“
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Die Löwen stecken in der Frühjahrsdepression. Von den letzten 14 Spielen gewann der Tabellenneunte nur zwei. Betrachtet man nur die Rückrundentabelle, steht der TSV 1860 sogar nur auf Rang 16. Die Blauen, zu Anfang der Saison noch Tabellenführer, sind abgestürzt. Die AZ benennt die Ursachen.
Die Schönfärberei
Manager Stefan Reuter greift sogar bei schlechten Leistungen oft zu Platitüden. „Gigantisch“ oder „phänomenal“ nennt er die Leistungen gerne. Dies macht es Trainer Marco Kurz leicht, mit den gezeigten Leistungen – zumindest öffentlich – zufrieden zu sein. Gestern sagte Kurz immerhin: „Es ist ganz wichtig, dass sich jetzt jeder hinterfragt.“ Zeit dazu haben seine Löwen: Heute ist trainingsfrei.
Die Einkaufspolitik
Bis auf Rückkehrer Daniel Bierofka sind die Einkäufe dieser Saison Flops. Ex-Kapitän Markus Schroth (Knorpelschaden) ist dauerverletzt. Die anderen, Mucki Kucukovic und Chhunly Pagenburg, sind nur bedingt zweitligatauglich. Winter-Einkauf Pagenburg saß am Sonntag mal wieder 90 Minuten auf der Bank.
Die Zufriedenheit
„Wir reden nicht vom Aufstieg“, meinten Reuter und Kurz unisono, als 1860 im August 2007 auf Platz eins stand. Jetzt sind die Löwen Neunter. Und Kurz sagt: „Ich kenne unsere Bedingungen. Ich verliere nicht die Geduld. Ich werde einen Teufel tun und die Saison jetzt schon abschreiben.“ Doch was will er noch erreichen?
Die Torwart-Rotation
Hofmann raus, Tschauner rein, Hofmann raus, Tschauner rein – das Torwart-Wechselspiel bei 1860 ist ebenso überraschend wie schwer nachvollziehbar. Obwohl der 35-jährige Michael Hofmann in dieser Saison gut hielt, sich dann aber im Derby gegen den FC Bayern (0:1) verletzte, verlor er seinen Stammplatz. „Torhüter brauchen Kontinuität“, erklärt Torwart-Legende Petar Radenkovic, „diese Wechslerei ist Gift für beide. Tschauner ist jetzt nervös, weil er sich nicht sicher fühlen kann. Ich hätte Hofmann im Tor gelassen.“ Vor dem 1:1 in Koblenz patzte Tschauner, was selbst Kurz bestätigt: „Der Torwart hatte das Spiel vor sich.“
Die Treue des Trainers zu Josh Wolff
Der US-Amerikaner, der um einen neuen Vertrag kämpft, kann spielen wie er will, Marco Kurz hält zu ihm. Auch in Koblenz gehörte Wolff, der für Mittwoch eine Einladung fürs Länderspiel der Amerikaner gegen Polen hat, zu den schwächsten. Kurz: „Ich weiß, wie er trainiert, deswegen lasse ich ihn spielen.“ Und ein Talent wie Benny Schwarz, der im Derby sogar Bayerns Topstar Franck Ribéry bremste, sitzt seit Wochen auf der Bank.
Oliver Griss, Thorsten Klein