1860 zurück in der Grauzone

MÜNCHEN - Frust bei den Löwen nach der 0:1-Heimpleite gegen Oberhausen. Sportdirektor Stefan Reuter motzt: "Der ein oder andere träumt."
Philipp Tschauner war genervt. Als der Löwen-Torwart in die Interview-Zone der Allianz Arena stapfte und sich mit düsterer Miene der Tapebänder an den Fingern entledigte, schimpfte er: „Das war zu wenig, da muss einfach mehr kommen.“
Tschauner war frustriert. Nicht nur wegen des 0:1. Nicht nur, weil damit seine Serie ohne Gegentor nach 389 Minuten vorbei war. Sondern vor allem, weil die Löwen gegen Oberhausen verloren hatten. Gegen Oberhausen! Jenes Zweitliga-Team, das auswärts zuvor überhaupt noch nicht punkten konnte. Bis gestern. Ausgerechnet bei den Löwen. „Wir sind der TSV 1860“, sagte Tschauner, „und das müssen wir auf dem Platz zeigen.“
Gesehen hat man gestern von den Löwen vor 24 400 Zuschauern in Fröttmaning wenig Gutes und viele kapitale Fehler. Mittelfeld-Talent Timo Gebhart verdribbelte sich permanent. Und beim 0:1 von Mike Terranova hielten Markus Thorandt und Mathieu Beda einen Sekundenschlaf. Was Sportdirektor Stefan Reuter so richtig ärgerte: „So ein dummes Gegentor.“ Warum die Löwen gestern so gepatzt haben? Es blieb ein Rätsel. „Wir haben nicht gut gespielt“, bilanzierte der enttäuschende Torjäger Benny Lauth, „wir waren fußballerisch einfach nicht gut genug.“
Die Blauen sind jedenfalls zurück in der Grauzone. Statt sich auf Platz drei der Zweiten Liga vorzuschieben und die Serie von zuvor sechs Spielen ohne Niederlage auszubauen, sind sie auf Rang acht abgerutscht. „Wir haben eine schöne Chance vergeben, uns oben festzusetzen“, so Lauth. Irgendwie typisch Sechzig.
In der letzten Saison brach man nach einer furiosen Vorrunde am Ende ein, holte in der Rückrunde nur zwölf Punkte und stieg fast noch ab. Auch in der Saison 2006/2007 gab’s einen Einbruch: Sechzig spielte lange oben mit – bis zum desolaten 1:5 in Haching am 15. Spieltag. Am Schluss reichte es nur zu Platz acht.
Es ist also nicht das erste Mal, dass 1860 leichtfertig die Chance vergibt, die Fans, die dem Klub das Geld bringen, langfristig an sich zu binden. Gestern hatte man tausende Kinder zum Sparpreis von je einem Euro in die Arena gelockt. Ob die wiederkommen?
Sportlich sollten die Löwen jedenfalls gewarnt sein. Es geht nun darum, eine Wende zum Negativen zu verhindern. Einen Anflug von Größenwahn hatte Sportdirektor Reuter bereits gestern ausgemacht. „Vielleicht denkt der eine oder andere an das Lob“, sagte Reuter, „und fängt wieder zu träumen an.“ Die alte Löwen-Krankheit, die Träumerei vom Wiederaufstieg? Im Derby am Freitag gegen Augsburg (18 Uhr, AZ-Liveticker) können die Blauen diese These schnell widerlegen.
Präsident Rainer Beeck jedoch will sich nicht nur auf Selbstheilungskräfte verlassen. Er will Trainer Marco Kurz für die Rückrunde – nach dem Abgang Berkant Göktans – einen neuen Star schenken: „Wir können investieren.“ Gegen das Grau.
Oliver Griss, Thorsten Klein