1860: Wann geht bei den Löwen das Licht aus?

Steigt der Investor nicht bald ein, ist es in drei Wochen vorbei für 1860. Die AZ klärt hier die wichtigsten Fragen zwischen Insolvenz und Rettung der Löwen.
von  Marco Plein, Filippo Cataldo
Klamme Situation bei den Löwen - Geschäftstelle in der Grünwalder Straße.
Klamme Situation bei den Löwen - Geschäftstelle in der Grünwalder Straße. © dpa/AZ

Steigt der Investor nicht bald ein, ist es in drei Wochen vorbei für 1860. Manche Rechnung kann schon nicht mehr beglichen werden. Die AZ klärt die wichtigsten Fragen zwischen Insolvenz und Rettung.

München - Am Ende gab es freundlichen Applaus. Nur zwei Stunden dauerte am Mittwochabend die Aufsichtsratssitzung des TSV 1860, bei der Geschäftsführer Robert Schäfer und Präsident Dieter Schneider nochmals ultimativ beauftragt wurden, die Übernahmeverhandlungen mit Hasan Ismaik abzuschließen.

Das ist zwar gar nicht so einfach, doch Beifall gab es trotzdem schon mal. „Was Sie bis heute geschafft haben, ist aller Ehren wert", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Otto Steiner.
Er hat wohl nicht unrecht. Und doch läuft die Zeit für die Rettung langsam ab. Am Mittwoch sind dem Klub die liquiden Mittel aus der letzten Zwischenfinanzieurng ausgegangen. Jede Rechnung, die ab jetzt beglichen wird, ist streng genommen betriebswirtschaftlich nicht mehr vernünftig, da sonst eine bilanzielle Überschuldung droht.

Binnen drei Wochen muss 1860 eine Lösung für die finanziellen Probleme vollzogen haben, sonst würde Schäfer sich der Insolvenzverschleppung schuldig machen. Was das für die Rettung bedeutet und wieso die Lage dennoch alles andere als ausweglos ist, erklärt die AZ.

Zwischen Insolvenz und Rettung: Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur 1860-Finanzsituation.

 


 


Ab sofort dürfen die Löwen – das schreibt das Gesetz vor, um die Alt-Gläubiger zu schützen – keine Rechnungen mehr über bereits erbrachte und nicht zwingend notwendige Dienstleistungen bezahlen. Darunter fallen etwa Anwaltshonorare, Gebäudereinigung, ältere Transportkosten usw. Laufende Kosten (Strom etc.) dürfen – und werden wohl auch – weiter beglichen werden. „Wir zahlen unsere Rechnungen weiterhin", sagt Schneider.

 



In dieser Form, ja. Zwar stand der Klub in der laufenden Saison schon mehrfach kurz davor, die zum Monatsende fälligen Gehälter nicht mehr bezahlen zu können. Nun aber hat er nicht mehr die Möglichkeit, sich Mittels einer Zwischenfinanzierung (wie Anfang April geschehen) über Wasser zu halten. Würde 1860 diese Lösung wählen, wäre eine nicht mehr zu begleichende Überschuldung die Folge.

 



Nur noch an der Deutschen Fußball Liga (DFL). Die Löwen haben fast alle Gläubiger vom 60-prozentigen Verzicht der Forderungen überzeugt. Donnerstagabend flogen Schäfer und Schneider noch nach St. Petersburg, um eine Verwandte des einstigen Löwen-Spielers Denis Bushuev, die 1860 vor sechs Jahren eine Million Euro lieh, endgültig zum teilweisen Verzicht der Forderung zu bewegen. Auch Nicolai Schwarzer wird zustimmen, wenn alle mitmachen. Und von der Vermarktungsagentur IMG hat Schäfer nun eine Zusage erhalten, dass man sich einigen wird. Allerdings steht noch nicht fest, ob Ismaik die Agentur mit einem Millionenbetrag ablösen wird, oder ob die Verträge zwischen Verein und IMG im Sinne des Investors neu verhandelt werden – dann zu für 1860 günstigeren Konditionen, die der IMG weniger einbringen.

 



Der Ligaverband pocht darauf, dass den Löwen bei allen Vertragspunkten zugesichert wird, das letzte Wort zu haben, sollte es mal hart auf hart zwischen ihnen und Ismaik kommen. Sowohl der Jordanier als auch 1860 sollen nach AZ-Informationen den mit der Vertragsausgestaltung beauftragen Anwalt Christoph Schickhardt definitiv beauftragt haben, die Verträge im Sinne der DFL auszugestalten. Nach AZ-Informationen wurde am Donnerstag in Frankfurt wieder verhandelt.

 



Das Lager des Arabers und die Löwen sind sich längst einig. „Wir fühlen uns schon wie in den Flitterwochen, jetzt muss es nur noch losgehen", heißt es aus dem Umfeld Ismaiks. Der 34-Jährige, der sich zur kritischen Lage mit der DFL nicht mehr äußern möchte, um ja keinen Druck auszuüben, hat sich von seinen ursprünglichen Maximalforderungen bereits distanziert. Er will den Vertrag endlich unter Dach und Fach bringen.

 



Nein. Was der Jordanier fordert, ist aber nichts anderes als die direkte Form dessen, was in Hoffenheim (durch Dietmar Hopp) oder Hannover (Martin Kind) in indirekter Form praktiziert wird.



Der im deutschen Profifußball angesehene Sportrechtler vertritt auch Hannover 96, dessen Präsident Martin Kind die 50+1-Regel seit Jahren kippen will. Möglicherweise möchte Schickhardt zu weitreichende Forderungen im Sinne des Investors stellen – auf die sich im Erfolgsfall später andere interessierte Investoren berufen könnten.



Der erste Neuzugang, Dennis Malura von Rot-Weiß Erfurt, war am Donnerstag zur sportärztlichen Untersuchung in München. Aber bis die Rettung steht, können die Löwen, für die der neue Sportkoordinator Florian Hinterberger verhandelt, nur Absichtserklärungen und mündliche Zusagen leisten. Auch die anstehende Vertragsverlängerung mit Benny Lauth wird erst nach einer Rettung angegangen.

 

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