Interview

1860-Verteidiger Semi Belkahia: "Wir dürfen einfach nicht die Nerven verlieren"

Leidens-Löwe Semi Belkahia ist zurück. Vor dem Zwickau-Spiel spricht der Innenverteidiger in der AZ über den Stotterstart des TSV 1860, die Hilfe der Fans - und seine Pläne mit der tunesischen Nationalmannschaft.
Matthias Eicher
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Nach Fußverletzung wieder dabei: Semi Belkahia.
Nach Fußverletzung wieder dabei: Semi Belkahia. © sampics/Augenklick

München - AZ-Interview mit Semi Belkahia: Der 22-jährige tunesische Nationalspieler in spe gehört in der Löwen-Abwehr zum Stammpersonal.

AZ: Herr Belkahia, am vergangenen Wochenende beim Halleschen FC (1:1) standen Sie in der Liga erstmals nach Ihrer Fußverletzung wieder in Sechzigs Startelf. Kommen in der Kabine schon wieder die Sprüche, dass der Beckenbauer der Blauen wieder loslegt?
SEMI BELKAHIA: Nein, bisher nicht. Diesen Vergleich gab es ja schon in der letzten Saison beim 2:0-Sieg im Olympiastadion gegen Türkgücü (als Belkahia im Stile eines jungen Franz Beckenbauers in die Offensive marschierte und ein Tor vorbereitete, d. Red.). Der Spitzname ist noch nicht in der Kabine angekommen. Es ist schon eine Ehre, wenn man mit einem so großen Spieler verglichen wird. Aber ich habe es auch gar nicht so ernst genommen, denn das war ja auch etwas lustig gemeint - schließlich bin ich noch ein bisschen weg von Beckenbauer (lacht)

"Ich denke, langsam wird unser Spiel besser"

Und im Ernst: Beschreiben Sie Ihre Gefühlslage, endlich wieder auf dem Platz zu stehen - und am Ende in Halle trotz 60-minütiger Überzahl "nur" einen Punkt zu holen?
Es war ein super Gefühl für mich, aber natürlich bitter, dass wir wieder nicht gewinnen konnten. Es war schon ein Dämpfer, dass wir am Anfang dieses dämliche Standard-Gegentor kriegen. In Überzahl haben wir es eigentlich ganz gut gemacht. Zum Glück hat Vino (Daniel Wein, d. Red.) getroffen, leider haben wir kein zweites Tor mehr geschossen. Aber die Saison läuft ja noch nicht lang, von daher haben wir ja noch ein bisschen Zeit.

Sechzig hat aus den ersten acht Saisonspielen elf Punkte geholt, ergibt Platz zwölf. Wie bewerten Sie die Lage von Aufstiegsaspirant 1860, der mit seiner Favoritenrolle noch fremdelt?
Wir haben uns alle mehr erhofft, keine Frage. Aber es ist ja klar, dass wir nicht jedes Spiel gewinnen können. Aber ich denke, langsam wird unser Spiel besser.

Die Plätze drei und 13 trennen nur drei Punkte. Dynamo Dresden hat die Tabelle im vorigen Jahr auch von hinten aufgerollt. . .
Es ist jetzt einfach wichtig, dass wir uns nicht allzu viele Gedanken über die Tabelle machen. Natürlich schaut man als Spieler mal darauf, aber das bringt doch alles nichts: Wir dürfen einfach nicht die Nerven verlieren und es liegt ja auch alles noch ganz dicht beieinander. Ich hoffe, dass ich jetzt auch wieder mithelfen kann, dass wir die Punkte einfahren.

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Ihre nun zurückliegende Verletzung ist ja gar kein Vergleich zu Ihrer Kreuzband-Problematik: Einer Aussage von Trainer Michael Köllner zufolge standen Sie 2019 schon kurz vor einem jähen Karriereende. Entwickelt man dadurch noch mehr Dankbarkeit, den Traumjob eines Fußball-Profis überhaupt ausüben zu dürfen und auf dem Rasen zu stehen?
Als ich jetzt umgeknickt bin, hatte ich direkt Angst, dass es wieder etwas Schlimmes sein könnte: Zum Glück war es schnell wieder vorbei. Damals hat es der Trainer schon drastisch formuliert: Ich hätte meine Karriere vermutlich nicht ganz an den Nagel gehängt. Aber vermutlich hätte ich es nochmal in der Regionalliga versuchen müssen, wenn es bei den Löwen nicht mehr weitergegangen wäre. Von daher bin ich umso glücklicher, dass es anders gekommen ist…

"Als ich jetzt umgeknickt bin, hatte ich direkt Angst, dass es wieder etwas Schlimmes sein könnte"
"Als ich jetzt umgeknickt bin, hatte ich direkt Angst, dass es wieder etwas Schlimmes sein könnte" © sampics/Augenklick

. . . und Sie zum Senkrechtstarter und Stamm-Innenverteidiger wurden.
Das freut mich sehr. Ich glaube schon, wenn ich ein in einer guten Form bin, dass ich von meinen Fähigkeiten her in der dritten Liga eine ganz gute Rolle spielen kann. Irgendwann möchte ich auf jeden Fall nochmal höher spielen.

Wie wäre es außerdem mit der tunesischen Nationalelf? Ihr Sportchef Günther Gorenzel hat vor einigen Wochen durchaus überraschend erklärt, dass Sie zu einem A-Länderspiel eingeladen worden wären.
Ja, das stimmt, aber ich habe mich in Absprache mit dem Verein dafür entschieden, diese Einladung auszuschlagen. Ich war nach langer Verletzung endlich wieder fit und habe sehr viele Spiele gemacht. Diese Länderspielreise wäre genau in der Übergangsperiode gewesen. Im Nachhinein ist es schon schade, dass ich nicht zugesagt habe: Ich dachte bei der Absage, ich ziehe in der Vorbereitung voll durch, um in der Liga am besten jedes Spiel zu machen - aber wie es im Fußball so ist, habe ich mich gleich im ersten Saisonspiel verletzt.

"Wir dürfen uns keinen Kopf machen, müssen mit Spaß Fußball spielen"

Haben Sie bereits Aussicht auf eine neue Chance? Und was verbindet Sie, der Sie ja in München geboren und in Deutschland aufgewachsen sind, mit dem Heimatland Ihres Vaters?
Nein, noch nicht. Man schielt schon ein bisschen auf den Afrika Cup, aber der findet Anfang des Jahres statt, da kämpfen wir in der dritten Liga nach der Winterpause um wichtige Punkte. Überhaupt ist die A-Nationalmannschaft ein Riesen-Schritt. Mein Vater ist Tunesier, hat dort 18 Jahre lang gelebt und wir haben dort noch Familie. Wir sind jedes Jahr immer drei Wochen nach Tunesien geflogen. Seitdem ich Profi bin, ist es schwieriger geworden, aber wir wollten schon länger wieder hinfliegen. Ich hoffe jedenfalls, dass ich früher oder später noch eine Chance. Tunesien ist sicher nicht das größte Fußball-Land auf der Welt, aber deutscher Nationalspieler werde ich vermutlich nicht viel schneller. (lacht)

Zurück ins Hier und Jetzt: Wie muss 1860 auftreten, um am Samstag gegen den FSV Zwickau diese Serie von drei Remis mit einem Heimsieg zu durchbrechen?
Wir dürfen uns keinen Kopf machen, müssen mit Spaß Fußball spielen. Wir wollen auf jeden Fall gewinnen und wenn wir unsere Qualität auf den Platz bringen, werden wir das auch schaffen! Und dann haben wir ja noch unsere Fans: Endlich dürfen wieder 10 000 Zuschauer ins Grünwalder: Sie werden uns sicher auch pushen, um drei Punkte zu holen.

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