1860-Talent Jungwirth wehrt sich: „Mir fehlt die Wertschätzung“

Nach Bekanntwerden der Streichliste überlegt sich der Junioren-Europameister, die Löwen im Winter zu verlassen.Mittelfeldspieler Rösler gibt sich einsichtig, wehrt sich aber auchgegen die Behandlung durch den Trainer: „Mir fehlt das Vertrauen – und wenn ich dann spiele, muss ich den Hampelmann machen“
von  Abendzeitung
Einst ein Löwe, heute in Dresden: Florian Jungwirth
Einst ein Löwe, heute in Dresden: Florian Jungwirth © Augenklick

Nach Bekanntwerden der Streichliste überlegt sich der Junioren-Europameister, die Löwen im Winter zu verlassen.Mittelfeldspieler Rösler gibt sich einsichtig, wehrt sich aber auchgegen die Behandlung durch den Trainer: „Mir fehlt das Vertrauen – und wenn ich dann spiele, muss ich den Hampelmann machen“

MÜNCHEN Florian Jungwirth wirkte gereizt, als er Donnerstagmittag an der Schuhputzanlage in der Grünwalder Straße 114 stand und seine Treter sauber machte. Kurz zuvor war das 20-jährige 1860-Talent – genau wie Tarik Camdal und Tobias Strobl – von Ewald Lienen in die Kabine geschickt worden. Der Trainer hatte das Trio für zu schwach befunden, der Sprung in den Zweitliga-Kader für das Auswärtsspiel in Cottbus am Sonntag (13.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) blieb somit auch Jungwirth verwehrt. „So wie es jetzt läuft“, sagte der Verteidiger zur AZ, „bin ich absolut unzufrieden. Der Trainer hatte mir versichert, dass ich eine Chance bekomme. Aber es passiert nichts. Ich kann das nicht nachvollziehen. Mir fehlt hier die Wertschätzung.“

Tatsächlich gehört Jungwirth zu jenen sieben Profis beim TSV 1860, die auf einer internen Streichliste stehen könnten (AZ berichtete). Bei Jungwirth überrascht das Desinteresse des Klubs umso mehr, denn der Verteidiger wurde bei der U20-WM in Ägypten als einziger Deutscher in die Top Ten der besten Spieler gewählt. Bei den zweitklassigen Löwen sieht man dagegen keine Verwendung für ihn. Kein Wunder, dass der Karlsfelder das nicht nachvollziehen kann: „Dass ich mich nach dieser WM bei 1860 nicht zeigen darf, ist absolut unverständlich.“

In der Winterpause tritt Jungwirth (Vertrag bis Sommer 2010) nun wohl die Flucht an – von sich aus. „Ich bin seit 2000 bei den Löwen, hätte hier gerne bei den Profis gespielt, aber wenn man mich nicht braucht, dann eben nicht. Die WM hat mir ein paar Türen geöffnet.“

Unzufrieden sind die Löwen auch mit Verteidiger Mate Ghvinianidze. Sollte es Interessenten für den Georgier geben, könnte sich der Klub vorstellen, den Nationalspieler abzugeben. Ghvinianidze-Berater Karl Herzog sagt: „An uns ist noch keiner herangetreten, aber ich sehe es so: Mate hat das Zeug und die Pflicht, aus seinem Tal bei 1860 herauszukommen. Davonlaufen bringt nichts.“

Nicht mehr gebraucht bei 1860 wird auch Antonio di Salvo. Der ausgemusterte Torjäger trainiert seit Wochen bei den Löwen-Amateuren mit – ohne Chance auf einen Einsatz. Derzeit sucht di Salvo nach Alternativen. „Was Vernünftiges zu finden“, sagt di Salvo, „ist gar nicht so einfach.“ Dass er nicht schon zum Ende der Wechselfrist (31. August) den Verein verlassen hat, begründet di Salvo so: „Wer zwei kleine Kinder hat, kann nicht von heute auf morgen die Stadt verlassen. Ein Wechsel muss wohl überlegt sein.“

Um seine Zukunft beim TSV 1860 muss auch Sascha Rösler (Vertrag bis Sommer 2010) bangen. Im letzten Winter als großer Hoffnungsträger gefeiert, gilt der frühere Mönchengladbacher als größtes Sorgenkind. „Ich bin immer noch nicht angekommen“, gesteht Rösler der AZ, „aber mir fehlt auch das Vertrauen, und wenn ich spiele, dann muss ich den Hampelmann machen.“

Aufgeben? Nein, das will Rösler nicht. „Ich bin ein gebranntes Kind. Ich bin überzeugt, dass ich noch die Kurve kriege, auch wenn die Fans pfeifen. Ich werde mich durchsetzen.“ Fraglich nur, wie viele Chancen ihm Trainer und Verein in dieses Saison überhaupt noch einräumen.Oliver Griss

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