1860-Sportchef Oliver Kreuzer: Der zwölfte Löwe
München - Unglaubliche Szenen spielten sich ab an jenem 3. Juni 2015 in der Allianz Arena. 57 000 Zuschauer waren gekommen. Mehrheitlich, um ihre Löwen in der Abstiegsrelegation gegen Holstein Kiel anzutreiben. Dann die 90. Minute: Kai Bülow staubte zum 2:1 ab, die Sechzger hatten es geschafft, waren in sprichwörtlich allerletzter Minute dem Gang in die 3. Liga entkommen.
Der Jubel, der auf den Rängen losbrach, war überwältigend. Die Energie, die die Fans des TSV 1860 damals entwickelten, war in der ganzen Stadt zu spüren. Es war eine einmalige Verbundenheit zwischen Anhängern weit über Giesing hinaus und dem Klub aus der Grünwalder Straße.
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„Diesen Weg können wir nur gemeinsam gehen“
Heute, mehr als zehn Monate später, droht schon wieder der Abstieg. Und immer mehr wird offenbar: Die Fans sind auch heuer das größte Pfand der Sechzger. „Hoffentlich kommen zum nächsten Heimspiel 20 000 und mehr“, sagte Innenverteidiger Jan Mauersberger jüngst auf Nachfrage der AZ. „Alle haben gemerkt: Diesen Weg können wir nur gemeinsam gehen.“
Nicht nur bei den Ultras aus der Nordkurve, auch bei Fan-Klubs und an den Fußball-Stammtischen dieser Stadt ist die Botschaft angekommen: Der TSV 1860 braucht den viel bemühten „zwölften Mann“, um die „Köpfe oben zu behalten“, wie Sascha Mölders im Gespräch mit der AZ erklärte. Der Verein tut in dieser Situation alles, um die Massen möglichst zielgerichtet zu mobilisieren. Wie die Löwen bekanntgaben, werden zum letzten Saisonspiel beim FSV Frankfurt am 15. Mai 4000 Fans mitreisen. Die Spannung wäre kaum zu steigern, sollte sich alles erst am 34. Spieltag entscheiden.
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Doch der eigentliche Showdown steigt, Stand heute, wohl schon einen Spieltag zuvor, wenn der ebenfalls vom Abstieg bedrohte SC Paderborn in die Allianz Arena kommt. Sportchef Oliver Kreuzer erklärte bereits, dass Paderborn für ihn ein ganz entscheidendes Spiel werde. Vielleicht ja sogar das entscheidende? „Mit Hilfe der Fans“ wolle man dafür sorgen, meinte der 50-Jährige, dass man „am letzten Spieltag noch in der Verlosung um die Plätze (16 oder besser, d. Red.) ist“. Kreuzer erinnerte an die Kulisse im ersten Heimspiel nach der Winterpause gegen den 1. FC Nürnberg, als 51 200 Zuschauer kamen. „Es ist ein Unterschied, ob du Nürnberg hier hast oder eine andere Mannschaft. Eine andere Hausnummer, gerade, weil es ein bayerisches Derby ist“, sagte er. „Für Paderborn müssen wir dagegen zum gegebenen Zeitpunkt die Werbetrommel rühren. Klar, die Fans sind absolut wichtig. Wir müssen sie mit einbeziehen und dieses Wir-Gefühl schaffen.“
Einbeziehen, es ist das Stichwort dieser Tage an der Grünwalder Straße. Jüngst kam Meisterlöwe Peter Grosser zur Vorstellung des Jubiläumstrikots zur einzigen Deutschen Meisterschaft vor 50 Jahren ins Löwen-Stüberl. Der 77-Jährige redete dabei eindringlich auf Verteidiger Christopher Schindler ein, erinnerte den Kapitän an die Verantwortung der Sechzger gegenüber der Stadt und den Löwen-Fans. Schindler nickte, hat begriffen. Das gilt auch für Kreuzer. „Wir überlegen, die Anhänger zu einer Trainingseinheit einzuladen, dann hast du hier 2000, 3000 Fans stehen“, meinte der Sportchef, „um zu demonstrieren: Nur gemeinsam schaffen wir das.“