1860: „Sind das echte Kerle?“

Das 1:3 in Paderborn bezeichnet Löwen-Chef Stoffers als „Desaster“ – und kündigt Konsequenzen an. Manager Stevic attackiert die Führungsspieler
von  Abendzeitung
Steht er wieder auf beim TSV 1860? Benny Lauth.
Steht er wieder auf beim TSV 1860? Benny Lauth. © M.I.S.

Das 1:3 in Paderborn bezeichnet Löwen-Chef Stoffers als „Desaster“ – und kündigt Konsequenzen an. Manager Stevic attackiert die Führungsspieler

MÜNCHEN Am Sonntag hatte Miki Stevic viel Zeit zum Telefonieren. Der 1860-Manager saß acht Stunden im Auto auf dem Weg von Belgrad zurück nach München. Er war für vier Tage in seiner Heimat gewesen, konnte deswegen das 1:3-Debakel in Paderborn nicht von der Bank aus verfolgen. „Mein 92-jähriger Opa liegt im Sterben“, sagte Stevic der AZ, „da wird Fußball zur Nebensache. Ich habe meinen Opa vielleicht zum letzten Mal gesehen.“

Trotz der privaten Sorgen weiß Stevic, dass er jetzt mehr denn je gefragt ist beim TSV 1860. Die Mannschaft gerät zur Enttäuschung. „Ich werde mir das nicht mehr gefallen lassen“, sagt er. „Wir haben die Mannschaft immer geschützt – egal, was war. Aber jetzt ist Schluss damit.“

An der Grünwalder Straße könnte es in den nächsten Tagen ungemütlich werden: Es wird nicht nur ein ernstes Gespräch mit Trainer Ewald Lienen geben, sondern auch mit einigen 1860-Profis. „Wir können nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen“, machte Stevic klar.

Geschäftsführer Manfred Stoffers erklärte: „Wenn Misserfolg zu sehen ist, dann läuten wie in jedem normalen Unternehmen die Alarmglocken. Und dann ist es selbstverständlich, dass Verantwortungsträger umgehend nach Lösungen suchen, die eine Wiederholung eines solchen Desasters verhindern.“ Muss der Trainer um seinen Job fürchten?

Auch mit dem Übungsleiter Ewald Lienen („Ich bin riesig enttäuscht“) wurde es bei den Blauen nicht wirklich besser: Die Löwen sind Tabellen-Zehnter der 2. Liga. Der Rückstand auf Platz 3, den die 1860-Verantwortlichen ins Visier genommen hatten, beträgt jetzt schon 15 Punkte.

Stevic sieht das Hauptübel der 1860-Krise aber nicht im Trainer, sondern eher in der Einstellung und Mentalität der Spieler. „Bei uns liegt’s nicht an der Qualität, sondern an der Einstellung. Von einigen Spielern kommt nicht das zurück, was wir uns erwarten. Es gab in Paderborn Spieler, die hatten eine Stunde lang eine saubere Hose. Da stellt sich für mich die Frage: Sind das echte Kerle für 1860?“

Stevic zielt auf die Führungskräfte ab. Wie Kapitän Benny Lauth, Sascha Rösler oder auch Alexander Ludwig. „Die Leute“, ärgert sich Stevic, „die eigentlich Führungsspieler sein sollten – und da schließe ich Gabor Kiraly aus –, verkörpern das nicht.“ Und Lienen ergänzt wütend: „Es ist ein Schlag ins Gesicht, was der eine oder andere läuferisch und kämpferisch bringt. Ich bin es leid, dass nicht alle an ihre Grenzen gehen.“

Eine Watschn, die auch Kapitän Lauth gilt. Tatsächlich ist der ehemalige Nationalspieler, in der vergangenen Saison mit 15 Toren noch als Retter gefeiert, kaum wieder zu erkennen. Die Form des Stürmers lässt sich auch an der Torausbeute ablesen: Erst fünf Saisontreffer gehen auf Lauths Konto, eine mickrige Quote für einen, der die Löwen zurück in die Bundesliga führen sollte. Lauth schleicht meist nur noch über den Platz – weil er sich allein gelassen fühlt?

Stoffers sagt: „Gegen Paderborn ist die Struktur der Truppe zerbröckelt. Schweigend und mit hängenden Köpfen trabte sie in den Untergang. Das ist für mich ein untrügliches Indiz dafür, dass die innere Führung der Mannschaft an diesem Abend einen Blackout hatte.“ Nur an diesem Abend? Oliver Griss

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